Lilly Grünberg

Dein, Sein, Mein


Скачать книгу

setzte sich auf und sah Nadine ernst an. »Du wirst dich nicht einmischen, klar?«

      Sie schluckte beklommen und nickte.

      Kapitel 5 image

      Nacht für Nacht war Sophie in unzähligen Clubs gewesen, hatte Subs und Tops gefragt, die sie persönlich kannte. Aber niemand konnte ihr helfen. Sophie war klar, sie machte sich mit ihrer Fragerei ein wenig lächerlich, auch wenn sie mit allen möglichen rhetorischen Raffinessen versuchte, ihre Suche nach Mister Phantom als reine Neugierde zu tarnen.

      Häufig hatte sie sich erschöpft und niedergeschlagen gefühlt. Die Suche nach diesem superdominanten Dom zehrte an ihren Nerven. Jeder sagte ihr, dass sie sich in eine aussichtslose Sache verrenne und allmählich war sie geneigt, es selbst zu glauben.

      Ihr Körper war in einer Spannung gefangen, als bestünden ihre Adern und Muskeln aus einer Starkstromleitung. Es knisterte, zwickte, kribbelte ununterbrochen. Kaum lag sie im Bett fanden ihre Finger wie von allein den Weg zu ihren Nippeln und zu ihrer Klitoris. Aber die kurze Befriedigung, der schnelle Orgasmus, das war es nicht, was sie wollte und zufriedenstellte.

      Sie war auf der Jagd. Vielleicht hatte sie zu viele männliche Hormone? Man sagte doch nur der Spezies Mann nach, dass sie dem Weib hinterher jage. Herrgott noch mal. Stimmte es etwa, was Nadine behauptete? War sie schlichtweg nymphoman? Ach Quatsch, dann würde sie doch mit jedem vögeln, den sie haben konnte. Aber das war nicht ihr Ziel.

      War sie früher nur Freitag- und Samstagabend ausgegangen, so hielt sie es bald an keinem Abend zuhause aus. Wenn sie nicht unterwegs war, könnte sie ihn verpassen. Ihre von Übernächtigung zeugenden Augenringe verlangten sorgfältige Schminke und dank der Espressomaschine in der Firmenküche hatte sie die Zeit der Suche durchgestanden und fast immer ihr Arbeitspensum geschafft. Manchmal allerdings hatte sie das Gefühl gehabt, von den Kollegen kritisch gemustert zu werden. Vielleicht war das aber auch nur Paranoia.

      Dann eines Abends, als Sophie sich schon fast auf dem Weg zum Ausgang des Clubs befand, hatte ihr Handy vibriert, das sie sich zwischen ihren Brüsten in die Korsage gesteckt hatte. Sie hielt sich mit der freien Hand ein Ohr zu, um am anderen besser zu verstehen, was gesagt wurde und strebte weiter dem Ausgang entgegen, wo es leiser sein würde.

      »Hallo?«

      »Sophie – Laurin kennt ihn.«

      »Was sagst du? Ich verstehe dich nicht. Es ist so laut hier.« Zur Hölle mit dem Geräuschpegel aus Musik und Gesprächen.

      »Laurin kann vielleicht ein Treffen arrangieren«, brüllte Nadine in den Hörer.

      »Wovon zur Hölle sprichst du?« Sophie wollte nicht glauben, dass sie richtig verstanden hatte, was Nadine damit sagen wollte.

      »Hey Süße, Laurin kennt den Dom, den du suchst. Kapiert?«

      Sophie Herz setzte für einen Sekundenschlag aus. Es gab tatsächlich jemanden, der ihren Superdom kannte.

      Nadine, ihre herzensgute hilfsbereite Freundin Nadine hatte tatsächlich ihren Mann gefragt und würde ihr ein Date mit Mister Phantom vermitteln.

      Kapitel 6 image

      Sie hatte es getan!

      Die Tage nach der Unterzeichnung des Vertrages waren voll innerer Unruhe. Sophie überlegte hin und her, ob sie abgedreht genug war, diese Sache durchzuziehen. Noch immer wusste sie nicht, mit wem sie es tun hatte. Ein Diener hatte den Vertrag aus dem Raum geholt und einige Minuten später hatte ihr künftiger Herr ihr erklärt, dass sie fünf Tage Bedenkzeit hätte. In diesem Zeitraum wäre er bereit, den Vertrag ohne weitere Konsequenzen aufzulösen. Niemand würde etwas erfahren. Ansonsten erwarte er sie nach diesen fünf Tagen bei sich und der Vertrag wäre gültig. Ihr Konto würde noch am selben Tag geleert und ihr Gehalt per monatlichem Dauerauftrag auf ein anderes Konto transferiert werden.

      Außerdem hatte er ihr noch eine Visitenkarte überreichen lassen, wonach sie sich bei dem darauf genannten Gynäkologen einzufinden habe, um einen HIV-Test durchzuführen. Schließlich könne er ja nicht darauf vertrauen, dass sie bei ihrem Spieltrieb immer auf ihre gesundheitliche Sicherheit geachtet hätte. Der Arzt würde sich darum kümmern, dass ihrem Herrn das Ergebnis schnell und unbürokratisch zugestellt werde.

      Sophie war zu überrascht, um Einwände vorzubringen.

      Natürlich hatte Nadine von ihrer Freundin wissen wollen, wie das Gespräch verlaufen war. Gleich am nächsten Morgen hatte sie angerufen und sie hatten sich für abends verabredet. Sophie hatte ihr alles erzählt, alles – außer die Sache mit den Vollmachten und dem Arztbesuch. Aber auch ohne dieses Detail hatte Nadine sie gefragt, ob sie den Verstand verloren hätte. Die Tatsache, dass Sophie bislang weder seinen Namen kannte, noch wusste, wo er wohnte, was er arbeitete, wie er aussah, war erschreckend genug. Nadine schimpfte, wie realitätsfremd Sophie eigentlich wäre, ob sie nie die Horrornachrichten von Entführungen, jahrelangem Gefangen- und Versteckhalten, von Missbrauch und Folter mitbekäme.

      Sophie nahm Verteidigungshaltung an. Immerhin habe doch Laurin, Nadines Top, den Kontakt hergestellt und müsse ihren künftigen Herrn mehr als flüchtig kennen, sonst hätte er sich doch wohl nicht dafür verwendet, wenn Gefahr im Verzug wäre.

      »Ja, das stimmt. Aber ich habe ihn dazu überreden müssen. Gerne hat er es nicht getan. Ich habe keine Ahnung, wie gut sich die beiden kennen. Ich habe deinen Herrn jedenfalls noch nie zu Gesicht bekommen.«

      »Trotzdem, Laurin hätte dir doch bestimmt etwas gesagt, warum du mir die Sache ausreden sollst, wenn mein künftiger Dom in irgendeiner Weise gefährlich wäre.«

      Nadine verdrehte die Augen. »Natürlich! Ich hoffe nur, du findest, wonach du gesucht hast.«

      Der Rest der Woche war eine einzige Qual. Nadines Bedenken waren nicht ohne Wirkung geblieben, schließlich beschäftigte Sophie ja auch immer wieder die Frage, ob sie sich verrannt hatte. Sie wünschte, die Tage vergingen schneller. Das Packen und sich entscheiden, was ihr wichtig war, was sie mitnahm, und die Warterei auf Tag X machten sie unzufrieden, mürrisch und unkonzentriert.

      In ihrer Position konnte sie es sich nicht leisten, mit ihren Gedanken abzuschweifen. Zu schnell verfälschte ein Zahlendreher, eine falsche Summe, eine fehlerhafte Berechnungsformel, das Gesamtergebnis.

      Selbst ihren Kollegen war aufgefallen, dass sie abgelenkt war und hatten sie gefragt, ob mit ihr alles in Ordnung wäre. Sophie hatte sich herausgeredet, Familienstress zu haben und da sie nur wenig über Privates sprachen, wusste niemand nicht, dass dies ihr kleinstes Problem war. Ihre Eltern waren seit langem geschieden, ihr Vater lebte im Ausland, und ihre Mutter in einer anderen Stadt. Weil sie nur gelegentlich telefonierten und sich selten sahen, würde es vorerst nicht nötig sein, ihre Mutter über ihren Umzug zu informieren.

      Nervös und neugierig fragte Sophie sich ohne Unterlass, wie ihr neuer Herr wohl aussehen würde. Groß, muskulös und attraktiv? Das würde zu seiner Stimme passen. Ach, er musste einfach attraktiv sein!

      Sie würde keinen Rückzieher machen. In ihren Augen wäre das nicht vernünftig, sondern feige. Und waren nicht sowieso ihre spontanen Entscheidungen immer die besten?

      Der Chauffeur, der Sophie auch schon zum ersten Treffen gefahren hatte, holte sie pünktlich zum vereinbarten Zeitpunkt am Samstagmittag ab. Sie hatte ihn gefragt, ob er fest für ihren Herrn arbeite und er hatte erwidert, nur von Zeit zu Zeit, sozusagen auf Abruf. Mehr sei nicht erforderlich.

      Als sie die Wohnungstür abschloss, erfasste Sophie ein mulmiges Gefühl. Hinter dieser Tür mit zwei Zimmern, Bad und Küche, lag die Vergangenheit der letzten sechs Jahre. Nun gab es endgültig kein Zurück mehr. Sie gehörte nicht mehr sich selbst.

      Der Mann nahm ihren Koffer und ihre Reisetasche und lud beides in den Wagen ein. Die Fahrt