Lilly Grünberg

Dein, Sein, Mein


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war es soweit. Sophie staunte über ihr Ziel, das sie nun endlich sehen durfte, ein modernes Appartementhaus unweit der Stadtmitte, nicht allzu weit von ihrer Arbeitsstelle entfernt. Ein Aufzug brachte sie schnell hinauf zum Penthouse.

      Sophie wartete im selben Zimmer wie beim ersten Mal. Sie hatte vermutet, dass es zu seiner Wohnung gehörte. Aber es war eben nur eine Vermutung gewesen.

      Ihre Finger trommelten nervös auf der Tischplatte. Nach einer Minute sah sie auf die Uhr, nach einer weiteren, und obwohl sie glaubte, sich beherrscht zu haben, waren nur knapp zwei Minuten vergangen, als ihr Blick schon wieder auf die Uhr fiel.

      »Guten Tag, Sophie.«

      Sie zuckte zusammen. Wie verführerisch diese Stimme war, von angenehmer Tiefe und Volumen. Wenn sie schon so aufregend aus dem Lautsprecher klang, wie erregend musste das erst ohne diese Distanz sein.

      »Guten Tag, Herr. Ihre Sklavin meldet sich zum Dienst.«

      Ein trockenes Lachen klang. »Langsam, noch bist du nicht meine Sklavin. Erst wenn auch ich den Vertrag unterzeichnet habe.«

      »Dann tun Sie das bitte«, sagte Sophie mit Nachdruck. »Ich bin hier, ich bin bereit, Ihnen zu dienen.« Ihre Nerven waren zum Zerreißen gespannt. Sie musste ihn endlich sehen, sonst würde sie noch durchdrehen.

      »Du hast deine Meinung also nicht geändert?«

      »Nein. Ich stehe zu meinem Wort.« Sophie atmete tief durch. Ihr Herz klopfte immer schneller. »Ich denke an nichts anderes mehr, obwohl ich nicht weiß, wer Sie sind.«

      Er lachte leise. »In Ordnung, dann will ich dieser Qual mal ein Ende bereiten.«

      »Danke, Herr.«

      »Du hast nur deine wesentlichen persönlichen Dinge mitgebracht?«

      »Ja, Herr. In zwei Koffern. Obwohl ich darin nicht alles untergebracht habe und vieles, was mir wichtig ist, zurücklassen musste«, erwiderte sie vorwurfsvoll.

      Wieder lachte er leise, als nähme er ihren Einwand nicht ernst. »Wenn es dich beruhigt, ich werde deine Sachen in einem kleinen Lager, das ich angemietet habe, ein Jahr lang aufbewahren. Wobei du bald feststellen wirst, Sophie, dass du sie gar nicht vermissen wirst.«

      In diesem Punkt war Sophie zwar anderer Meinung, aber sie verkniff sich eine Erwiderung. Es käme bestimmt nicht gut, sich schon jetzt aufmüpfig zu geben. Es war ihr nicht wohl dabei, ihm ihre Sachen zu überlassen.

      »Inhalt deiner Handtasche auf den Tisch.« Der plötzliche Befehlston und die Strenge seiner Stimme machte Sophie bewusst, dass er ein Dom war und sie sich danach gesehnt hatte, ihm zu gehorchen. Trotzdem befolgte sie seinen Befehl nur widerwillig. Ihre Handtasche war so etwas wie das Allerheiligste. Geldbörse, Schminktäschchen, Schlüssel für Haus- und Wohnungstür, Keller und Briefkasten in dreifacher Ausfertigung, Ebook-Reader, Haarbürste, Kopfschmerztabletten, Taschentücher …

      »Geldbeutel, Schlüssel und Lesegerät bleiben auf dem Tisch, alles andere darfst du wieder einräumen«, befahl er trocken.

      Mist, sie hätte den Ebook-Reader irgendwo zwischen den Kleidungsstücken im Koffer verstecken sollen. Sophie biss wütend auf sich selbst die Zähne zusammen, bis sie knirschten. Hunderte für sie wichtiger Dokumente befanden sich auf dem Lesegerät, auch die Romanreihe, die sie noch nicht fertig zuende gelesen hatte.

      »Wo ist dein Mobiltelefon? Leg es dazu.«

      Sophie hob an zu protestieren, schluckte die Worte dann jedoch herunter und nahm ihr Handy aus der Jackentasche. Verdammter Mist, er beraubte sie all ihrer persönlichen Dinge, ohne die sie nicht leben konnte. Erst wenn sie wieder im Büro wäre, in zwei Wochen, hätte sie wieder Gelegenheit zu telefonieren, denn dass er ihr die Gnade zwischendurch gewähren würde, glaubte sie kaum. Sie war abgeschnitten von der Umwelt. Diese Erkenntnis durchzuckte Sophie kalt wie Eis. Internet schied damit ja wohl auch aus, sofern er überhaupt einen Computer besaß. Vielleicht gehörte er zur selten gewordenen Spezies, die außer einem normalen Telefon und einem Fernseher überhaupt nichts Technisches akzeptierte.

      Kein Telefon, kein Skype, keine eMails, kein Facebook, kein Twitter. Konnte man ohne diese Errungenschaften moderner Kommunikation überhaupt existieren?

      »Und du bist dir inzwischen ganz sicher, dass du meine Sklavin sein willst, Sophie?«, erklang es nun eher ermunternd und freundlich aus dem Lautsprecher.

      … du … meine Sklavin … Sophie fühlte Schwindel aufkommen. Es hörte sich gut an, so persönlich. Und gleichzeitig erniedrigend, solange er ihr nicht erlaubte, ihn ebenfalls zu duzen. Sie hatte ihn bislang ganz bewusst höflich gesiezt und war sich nicht sicher, ob er diese Anrede auch in Zukunft von ihr erwartete. Kommt Zeit, kommt Rat.

      »Dies ist deine allerletzte Chance, von unserem Vertrag zurückzutreten. Wenn du jetzt deine Schlüssel und deine Koffer nimmst und gehst, wird niemand davon erfahren. Wenn du bleibst, gehörst du ganz und gar mir.«

      Wenn ihr Stolz einen Rückzug erlaubte, hätte sie dieses Angebot möglicherweise angenommen. Sophie holte tief Luft. Es kam auf die korrekte Wortwahl an, ihm ein Signal ihrer Unterwürfigkeit zu geben. »Ich gehöre ab sofort Ihnen, Herr.«

      »Gut, dann soll es so sein. Hiermit beschlossen und durchzuführen. Knie dich devot auf den Boden und schließe deine Augen.«

      Sophie gehorchte, schob den Stuhl zurück und kniete sich mit tief geneigtem Kopf Richtung Tür nieder, was sich mit ihren extrem hohen Stilettos nur schwer ausführen ließ. Ihr Magen war angesichts der Erwartung, dass sie in wenigen Minuten ihren Herrn von Angesicht zu Angesicht kennenlernen würde, ein wenig flau. Sie schloss ihre Augen, um sich für diesen lang ersehnten Augenblick zu wappnen.

      Kapitel 7 image

      Die Tür wurde leise geöffnet und wieder geschlossen. Schritte kamen näher und blieben direkt vor Sophie stehen.

      Sofort änderte sich der bis dahin unspezifische Geruch des Raumes. Deutlich trat das Eau de Toilette hervor, das Er mitbrachte. Sophie schnupperte. Es war intensiv, mit markanter Note, aber ohne ihre Nase zum Niesen zu reizen. Sie wusste schon jetzt, dass sie diesen Duft lieben würde, eine feine, wohl abgestimmte Mischung, die auf jeden Fall Lemongras, Sandelholz und einen Hauch von Meeresbrise enthielt. Ihr Herz schlug noch aufgeregter als zuvor.

      »Du darfst nun zu mir aufsehen«, forderte die Stimme sie sanft auf, noch tiefer und angenehmer – und aufregender – klingend als aus dem Lautsprecher.

      Sophie öffnete ihre Augen ohne den Kopf zu heben, um bewusst jedes Detail vollkommen in sich aufzunehmen und blickte zunächst auf ein Paar moderne, auf Hochglanz polierte Schuhe. Einem drängenden, für sie selbst ungewohnten Impuls folgend, beugte sie sich vor und hauchte auf eine der Schuhspitzen einen Kuss, eine demütige Geste, zu der sie sich niemals bereit erklärt hätte, wenn sie jemand von ihr verlangte.

      Ihr Blick schweifte langsam nach oben, zu einer schwarzen, eng an den muskulösen Beinen anliegenden Hose aus feinem Leder, mit einer Wölbung seines Geschlechts, die vielversprechend aussah. Weiter über den flachen Bauch zu einem eng anliegenden Shirt aus schimmerndem schwarzem Stoff. Alles andere als Billigware. Ihr Exkurs stieg über seine Brust hinauf, den Hals und endete auf seinem Gesicht mit den energischen Zügen.

      Sophies Atem stockte für einen Moment. Dieser Mann wusste, was er wollte, darüber bestand kein Zweifel. Zugleich war sie über seine Attraktivität ein wenig erleichtert. Ihre schlimmste Befürchtung war nicht eingetroffen. Er war nicht hässlich, ganz im Gegenteil. Er hatte weder Pickel noch Narben, auch keine schiefe Nase oder andere Makel. Wenn dieser Mann ihr neuer Herr war, dann war er eine wahrhaft charismatische Erscheinung und hätte an jeder Hand mehrere Frauen zügeln können. Warum ich?, schoss es ihr durch den Kopf. Durchdringende Augen von einem so hellen Blau, dass es schon fast unnatürlich war, umgeben von kleinen Lachfältchen, die sein Charisma nicht minderten, erwiderten ihren neugierigen Blick und die sinnlich geschwungenen Lippen schenkten ihr ein wohlwollendes, vielleicht