Günter Dippold

Kleine Geschichte Oberfrankens


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in der Wetterau beheimateten Popponen – in der modernen Geschichtsforschung so benannt nach einem Ahnherrn des Geschlechts – die stärkste Position im östlichen Franken. Sie errichteten wohl die Burg auf dem späteren Domberg von Bamberg oder verstärkten zumindest die Befestigung, wie Bodenfunde des 9. Jhs. nahelegen. Wegen dieses wichtigen Sitzes hat sich für die Familie die Bezeichnung „Babenberger“ eingebürgert.

      Wohl im 8. Jh. war das heutige Franken in Grafschaften gegliedert worden, in denen jeweils ein Graf als Vertreter der königlichen Gewalt amtierte. Dabei erlangte der Babenberger Heinrich († 886) die Grafenwürde sowohl im Grabfeldgau mit dem Mittelpunkt Münnerstadt als auch im Volkfeldgau, der sich von der Regnitz bis zum Maindreieck erstreckte, und im Radenzgau, der sich weitgehend mit dem jetzigen Oberfranken deckte.

      Im späten 9. Jh. gerieten die Babenberger in immer schärfere Konkurrenz mit den Konradinern, die ihr Machtzentrum im heutigen Hessen hatten und von dem mit ihnen verschwägerten Kaiser Arnulf († 899) begünstigt wurden. Nach seinem Tod wurde der Streit zwischen den beiden Familien ab 902 mit Waffengewalt ausgetragen, wobei die Babenberger 906 endgültig unterlagen. Der Babenberger Adalbert wurde hingerichtet, Bamberg fiel in königliche Hand. 973 schenkte es Kaiser Otto II. (reg. 973–983) seinem bayerischen Vetter, Herzog Heinrich dem Zänker (reg. 955–976 und 985–995).

       Die Markgrafen von Schweinfurt

      Trotz der Niederlage der Babenberger behaupteten ihre mutmaßlichen Nachkommen, die Grafen von Schweinfurt, eine starke Position im östlichen Franken. Kurz vor der Mitte des 10. Jhs. können wir die Familie mit Graf Berthold († 980) erstmals fassen. Dieses einflussreiche Geschlecht wird in der Mittelalterforschung nach einer ihrer Hauptburgen, nämlich Schweinfurt, benannt, doch residierten die Grafen ebenso in Sulzbach, Oberammerthal, Hersbruck, Creußen, Kronach, Burgkunstadt und Banz.

      Sie vereinten in ihrer Hand drei Grafschaften: den Volkfeldgau, den Radenzgau und den südöstlich anschließenden Nordgau. Das Geschlecht dominierte damit ein Gebiet, das vom Mainknie bei Schweinfurt bis an den Regen und den Böhmerwald reichte und den größten Teil des heutigen Oberfranken einschloss. „Markgraf“ (marchio) nannten sich die Schweinfurter, um ihre besondere Würde als dreifache Grafen zu betonen.

      Einen Einbruch erlebte ihre Macht durch den Aufstand des Grafen Heinrich (Hezilo) gegen König Heinrich II. († 1024). Hezilo hatte dem bayerischen Herzog Heinrich 1002 geholfen, die Königswürde zu erlangen. Doch danach fühlte Markgraf Hezilo sich um den politischen Lohn, nämlich die bayerische Herzogswürde, betrogen. Er erhob sich gemeinsam mit dem polnischen König Bolesław Chrobry († 1025) gegen den König. Hezilo wurde 1003 geschlagen und verlor seine Grafschaften und königlichen Lehen. Immerhin behielt er seine umfangreichen Eigengüter, die er möglicherweise in der Folge stärker durchdrang. Der Ortsname „Heinersreuth“, der im Raum Kulmbach/Bayreuth siebenmal vorkommt, mag in mehreren Fällen auf Rodungen unter Graf Heinrich/Hezilo zurückgehen. Weiterhin besaßen die Schweinfurter die Vorherrschaft rund um den Obermainbogen und in der nördlichen Frankenalb.

      Andererseits war, weil der Schweinfurter seine Grafschaften verloren hatte, ein Machtvakuum entstanden, das Hezilo nach einer gewissen Frist erneut zu füllen drohte. Um dies zu vereiteln, gründete Kaiser Heinrich II. 1007 das Bistum Bamberg. Er stattete es mit reichem Besitz aus, der sich im Regnitztal ballte: ehemalige Königsgüter, dazu die Grafenwürde im Radenzgau und vielleicht weitere dem Schweinfurter genommene Lehen. Zugleich zielte die Schaffung eines geistlichen Zentrums in Bamberg auf die Missionierung der letzten „heidnischen“ Bevölkerungsreste ab.

       Das neue Bistum Bamberg

      Die Christianisierung Oberfrankens hatte wohl im 6. Jh. begonnen. 793 ordnete Karl der Große dann an, dass das Bistum Würzburg 14 sogenannte „Slawenkirchen“ im Radenzgau errichte. Dies waren Taufkirchen für die wohl im 7. Jh. zugewanderten, noch nicht für das Christentum gewonnenen Slawen. Zu diesen Gotteshäusern zählt gewiss Seußling, wo diese Annahme durch archäologische Befunde gestützt wird, ferner wohl Amlingstadt, Kirchschletten, Bischberg, Trunstadt, Uetzing und Modschiedel. Für ihre anfängliche Funktion spricht das Patrozinium: Sie waren allesamt Johannes dem Täufer geweiht.

      Im 9. und 10. Jh. kamen weitere Kirchen hinzu, deren Verbindung zu Würzburg am Kilians-Patrozinium sichtbar ist, so in Buttenheim, Heiligenstadt, Hallstadt, Scheßlitz, Königsfeld und Staffelstein. Vor der Gründung des Bistums Bamberg bestand also im westlichen Oberfranken ein dichtes Netz geistlicher Stützpunkte. Dennoch hielten sich lange nicht-christliche Siedlungen. Nur wenige Kilometer neben der karolingerzeitlichen Kirche von Altenkunstadt findet sich ein Gräberfeld des 10. Jhs. am Rand von Weismain; die Lage des Bestattungsplatzes abseits des Wohnplatzes und die Zerschlagung von Gebeinen einige Zeit nach der Beisetzung sprechen für eine nichtchristliche Population. Solche Personengruppen sollten nun durch die Gründung des Bistums Bamberg vollends für den christlichen Glauben gewonnen werden.

       Der Bamberger Dom

       Der erste Bamberger Kathedrale wurde 1012 geweiht, nach einem Brand 1081 erneuert und durch ein erneutes Schadenfeuer 1185 vernichtet. Den Abschluss des Neubaus bildete die Weihe im Jahr 1237. Weisen die östlichen Teile noch romanische Formen auf, so zeigen die westlichen Abschnitte, zumal die Türme, deutlich den Einfluss der frühen französischen Kathedralgotik. Der Innenraum, ab Mitte des 17. Jhs. barock umgestaltet, wurde auf Geheiß König Ludwigs I. von Bayern zwischen 1829 und 1837 purifiziert, also seiner nachgotischen Raumzier und Ausstattung weitgehend beraubt.

       Hauptsehenswürdigkeit des Doms bildete bis ins 18. Jh. sein überreicher Reliquienschatz, der dem Volk vor der Reformation in siebenjährigem Turnus auf dem Domplatz präsentiert wurde („Heiltumsweisung“). Im 19. und 20. Jh. rückten mehr die mittelalterlichen Skulpturen ins Augenmerk der Besucher, namentlich der in seiner Deutung umstrittene „Bamberger Reiter“.

       Der Dom birgt das Grab des Papstes Clemens II. († 1047), der zuvor unter seinem Taufnamen Suidger Bischof von Bamberg war und diese Würde als Pontifex beibehielt. Ferner ist im Kircheninneren das heilige Kaiserpaar Heinrich († 1024) und Kunigunde († 1046) beigesetzt. Ihr Hochgrab, von 1499 bis 1513 entstanden, ist ein Werk des Würzburger Bildhauers Tilman Riemenschneider († 1531).

      Zu solchen missionarischen Motiven und den machtpolitischen Gründen, die Heinrich II. zur Schaffung des Bistums Bamberg bewogen, kam sein Bestreben, sich eine Grablege zu schaffen. Bamberg sollte der Ort sein, an dem nach seinem Tod für ihn gebetet und seiner gedacht werde. In der Tat liegt das Kaiserpaar Heinrich und Kunigunde im Dom zu Bamberg begraben, und die Bamberger Bischöfe haben im 12. Jh. die Heiligsprechung des kinderlosen Kaisers mit Erfolg betrieben.

      Der kaiserliche Stifter rief neben dem Bistum auch ein Chorherrenstift am Dom ins Leben und stattete diese Kanonikergemeinschaft, das Domkapitel, großzügig mit Besitz aus. Ferner gründete er in Bamberg das Benediktinerkloster St. Michael auf einer Anhöhe über dem linken Regnitzarm. In der Folge entstand ein weiteres Chorherrenstift in der Bischofsstadt, St. Stephan, dem später noch die Stifte St. Jakob und St. Gangolf folgten. Kaiser Heinrich empfing 1020 in Bamberg Papst Benedikt VIII. († 1024), der gekommen war, um militärische Hilfe in Italien zu erlangen. Bei dieser Gelegenheit weihte der Pontifex zwei Kirchen, darunter St. Stephan.

      Bamberg war ein vergleichsweise junges Bistum, das erst ein Vierteljahrtausend nach den benachbarten Diözesen Würzburg und Eichstätt entstand. Um den Makel der Jugend zu tilgen, beschenkte Kaiser Heinrich seine Gründung reichlich. Er entzog dabei anderen Orten prachtvolle Handschriften und wohl auch Reliquien, um Bamberg auszustatten, wie ein Mönch von Petershausen bei Konstanz beklagte: „Da nun der König Heinrich allerorts aus anderen Kirchen das, was zur Ausstattung und zum Glanz des von ihm gegründeten Hochstifts nötig war, aufs eifrigste zusammenholte, beraubte er durch seine Forderungen viele Orte, bis er seine Kirche über alles Maß bereichert hatte.“