Spott in diesem Wort. Eva lehnte sich an ihn. »Wir werden unseren Weg gehen, Bernd«, flüsterte sie.
*
Und sie gingen ihn, diesen Weg, an dem jeder Tag neue Erkenntnisse brachte. Für Eva wurde er dann doch beschwerlicher.
»Wir bekommen einen Wildfang«, sagte sie manchmal seufzend. »Dieser Bengel strampelt derartig, daß mir die Luft wegbleibt.«
Das berichtete Bernd besorgt weiter. Darauf kam Robert wieder jeden Tag ins Geschäft, und er blieb mit Annelie in der Stadtwohnung.
Vor Überraschungen sei man nie sicher, hatte Barbara am Hochzeitstag gesagt, und auch sie erlebte eine, als die nette Verkäuferin Helga, die sich auch sehr schnell unentbehrlich gemacht hatte, erklärte, daß sie das Geschäft gern mit ihrem zukünftigen Mann übernehmen würde, falls an eine Verpachtung gedacht sei.
Darüber sprach Barbara natürlich zuerst mit Annelie. »Man kann es ja im Auge behalten«, meinte Annelie. »Es ist deine Entscheidung.«
»Es geht dann auch um die Wohnung, Annelie.«
»Ich brauche sie doch nicht mehr, Barbi. Ich bin schon so weit weg davon. Und ich meine, man solle etwas nur solange tun, solange es auch Spaß macht.«
»Du hast länger durchgehalten als ich, Annelie«, gestand Barbara ein.
»Da saß die Faust im Nacken, Barbi.«
»Denkst du aber auch bestimmt nicht, daß ich dann doch am liebsten Großmama sein möchte?«
»Ich werde ja die andere sein, Barbi, aber ich habe einen Mann, der mich ganz hübsch in Atem hält.«
»Es geht halt auch in die Beine, wenn man den ganzen Tag in Trab gehalten wird«, sagte Barbara. »Dr. Norden hat schon gesagt, daß ich ein bißchen an Verschleißerscheinungen denken soll. Du bist ja noch soviel jün-
ger.«
»Du hast dich phantastisch gehalten, Barbi, und ich werde es dir immer danken, wie sehr du zu meinem Glück beigetragen hast. Dann verpachten wir den Laden an Helga, und wenn du Lust hast, wird sie froh sein, wenn sie auch mal einen freien Tag nehmen kann.«
»Sie wird sicher auch mal ein Kind haben wollen. Übrigens hat sich bei Kleinschmidt Nachwuchs angekündigt. Emi ist schon ganz hübsch rund.«
Und als wir im Geschäft beisammen waren, war es eben doch anders, dachte Annelie. Es ist immer besser, wenn man sich mit einem Menschen in allem versteht. Barbi wird ihre Beine nicht mehr spüren, wenn sie für das Baby hin und her rennt. Und sie wird nicht mehr so müde sein wie jetzt.
Ja, wie müde war sie manchmal gewesen nach einem langen Arbeitstag. Und jetzt?
Flink und elastisch lief sie ihrem Mann entgegen, wenn er heimkam. Stundenlang konnte sie mit ihm wandern.
»Wirst du wirklich nicht eifersüchtig sein auf Barbi, Annelie?« fragte er eines Tages, als die Geburt nahegerückt war. »Ich kann mir sehr gut vorstellen, daß sie ganz in ihren großmütterlichen Pflichten aufgeht.«
»Das wäre auch anders, wenn sie einen Mann hätte«, sagte Annelie.
»Sollen wir ihr einen suchen?« fragte er lächelnd.
»Gott bewahre. Wir wollen doch froh sein, daß sie so selbständig ist. Sie macht es schon richtig, Berti. Sie hockt den Kindern nicht auf der Pelle. Sie kann doch jederzeit zu uns kommen, wenn es ihr nach einem Plausch zumute ist, dagegen hast du doch nichts.«
»Aber nein. Übrigens habe ich mit dem Architekten gesprochen. Er macht den Anbau so, daß sie ganz für sich sein kann.«
»Und warum habt ihr das Grundstück geteilt?« fragte Annelie so ganz nebenbei.
»Eva hat gemeint, daß da doch noch ein zweites Haus hineingestellt werden könnte«, erwiderte er auch so ganz nebenbei.
»Es wird schon ausgehoben«, sagte Annelie. »Ein bißchen sehr nahe, finde ich, aber ich will mich ja nicht einmischen.«
»Eva meinte, daß wir vielleicht doch manchmal lieber in Stadtnähe sein möchten«, gab er zögernd zu. »Es wird nur ein kleines Haus, Annelie. Vier Zimmer.«
»Du und Eva«, lachte sie, »ihr Heimtücker.«
»Ohne Bernds Einwilligung wäre es doch nicht möglich gewesen. Bist du böse?«
»Wie könnte ich dir böse sein«, meinte sie. »Und den Kindern doch erst recht nicht.«
»Dann hat es Barbi nicht weit, wenn ihr nach einem Plausch zumute ist.«
»Und wir nicht, wenn wir unsere Enkel um uns haben wollen«, lachte Annelie.
»Wenn sie nur erst da wären«, seufzte Robert.
»Erst mal eins«, meinte sie.
»Eva sieht aber aus, als würde sie Zwillinge bekommen.«
»Mach mich nicht schwach, das wüßte sie doch.«
»Vor Überraschungen ist man nie sicher«, sagte er gedankenvoll.
*
Eva hatte es gewußt, aber sie liebte Überraschungen. Und sie hatte auch Dr. Norden und Dr. Leitner zum Schweigen verpflichtet. Bernd unterzeichnete einen lukrativen Auslandsvertrag, als sie sich in die Klinik fahren ließ. Sie hatte dazu Nino herbeigerufen, der sich sein Studiengeld als Taxifahrer verdiente.
Barbara stand vor der verschlossenen Tür, als sie nach Eva sehen wollte. Sie fuhr zu Annelie.
»Ist Evi bei dir?« fragte sie aufgeregt, »zu Hause ist sie nämlich nicht.«
»Vielleicht ist sie im Büro. Ich traue es ihr zu. Berti ist doch heute in Zürich.«
»Sie kann doch nicht allein herumfahren«, regte sich Barbara auf.
»Sie setzt ihren Kopf immer durch, Barbi. Ich bin länger daran gewöhnt.«
»Ich rufe Bernd an.«
»Du kannst ihn jetzt nicht stören. Er ist in einer Konferenz.« Dann wurde Annelie aber auch unruhig, als sie vergeblich bei Eva anriefen.
»Wäre das Haus nur schon fertig«, seufzte Barbara. »Dann wäre ich in der Nähe. Es sind doch nur ein paar Tage bis zur Geburt.«
Nun, es waren keine paar Tage mehr, nicht mal mehr Stunden. Als das Telefon bei Annelie läutete, starrten die beiden Frauen wie hynotisiert auf den Apparat. Dann nahm Annelie den Hörer ab.
»Oh, Bernd, gut, daß du anrufst«, rief sie atemlos. »Ist Eva bei dir?«
»Nein, ich bin bei ihr, in der Klinik.« Seine Stimme zitterte. »Es ist bald soweit«, fügte er hinzu.
»Wir kommen!« rief Annelie.
Es war gut, daß sie Bernd Beistand leisten konnten, denn es war fast so, als spüre er die Wehen. Nun, aufgeregt waren auch die Mütter, da Dr. Norden von Dr. Leitner herbeigerufen worden war. Eva hatte sich natürlich einen besonders turbulenten Tag ausgesucht, und Zwillinge wurden halt nicht jeden Tag in der Leitner-Klinik geboren.
»Nun werden sie aber Augen machen«, lächelte Eva, als ihr das doppelte Glück in die Arme gelegt wurde.
Dr. Norden konnte es seiner Fee berichten, welche Überraschung Eva ihren Lieben bereitet hatte.
Bernd war für die nächste Stunde nicht ansprechbar. Er saß nur bei seiner Frau und ließ keinen Blick von ihr, nachdem er gemeint hatte, doppelt zu sehen, als Dr. Norden das Pärchen präsentiert hatte.
»Welche gehört uns?« stammelte er.
»Ich hoffe doch, daß Sie beide behalten wollen«, lachte Dr. Norden. »Ihre Frau gibt nämlich keins her.«
»Evi bringt doch alles fertig!« stöhnte Bernd.
»Na ja, dazu hast du auch beigetraten«, meinte Barbara mit einem glucksenden Lachen, in das sich Tränen der Freude mischten, und Annelie flüsterte: »Was wird