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Ironie, eine augenzwinkernde Bemerkung oder gar Sarkasmus sind in Präsenzmeetings schon ein heikles Thema und vor der Konferenzkamera erst recht ein Tabu. Zu groß ist die Gefahr, dass Zwischentöne unsichtbar und ungehört bleiben und zwangsläufig zu Missverständnissen führen (»Hat die / der das jetzt wirklich so gemeint?«).
Kommen Sie zum Punkt und kürzen Sie, wo Sie können. Einem langweiligen Redner auf der Bühne oder im analogen Konferenzraum zuzuhören, bereitet keine Freude. Einem langweiligen Redner zu lange auf dem Monitor folgen zu müssen, ist noch weitaus quälender.
Grundsätzlich (Ausnahmen bestätigen die Regel) sollten Sie bei Präsentationen in Ihrem natürlichen Sprechtempo bleiben. Gerade in Telefon- und Videokonferenzen können bedachte Redner punkten – daher macht es Sinn, dass Sie sich immer wieder Feedback zu Ihrer Sprechgeschwindigkeit einholen.
Es gibt viele Möglichkeiten, eine zentrale Botschaft als solche zu kennzeichnen und damit hörbar zu machen. Einige davon – die unterstützende Gestik, eine bewusste Pause nach der Botschaft, Blickkontakte, sprachliche Bilder – können Sie in virtuellen Konferenzen weniger effektiv einsetzen. Dadurch besteht die Gefahr, dass zentrale Aussagen nicht identifiziert werden; sie müssen daher deutlicher an- und ausgesprochen werden.
Stichwort Gestik und Mimik: Kein Platz für große Gesten im kleinen Fenster
Die Gestik ist wichtig – nicht nur, um Aussagen zu illustrieren, sondern auch, um überschüssiges Adrenalin abzubauen und dadurch Ruhe zu empfinden und auszustrahlen. Anders als bei Präsentationen auf großer Bühne heißt es bei einer Videokonferenz: Im Zweifelsfall die Gestik etwas reduziert einsetzen, um keine Hektik im Bild zu erzeugen.
Testen Sie vorab, in welchem Bildausschnitt Sie zu sehen sind. Es macht keinen Sinn – und kann im Gegenteil sogar verwirren –, wenn Ihre Hände etwas zeigen, was für Ihr Gegenüber unsichtbar bleibt.
Nur wenn Sie direkt in das Kameraobjektiv schauen, fühlt sich Ihr Gegenüber auch von Ihnen angesprochen. Selbst flüchtige Augenbewegungen Richtung Stichwortzettel, Chatfenster oder zu sich selbst auf dem Monitorbild wirken in dieser Einstellung irritierend. Sie schauen an Ihrem Gesprächspartner vorbei. Insbesondere gilt das, wenn Sie in einem sehr nahen Bildausschnitt (»close«) zu sehen sind.
Die Videokonferenzkamera »schluckt« Gestik und Mimik und macht dadurch viele körpersprachliche Signale und Zwischentöne unsichtbar. Gleichzeitig verstärkt das Videobild durch die Verdichtung aber auch manche Signale. Daran sollten Sie denken, bevor Sie den Redebeitrag eines Kollegen mit einem genervten Augenrollen kommentieren.
Wenn Sie sich in einem analogen Konferenzraum leicht nach vorne beugen, wird dies kaum wahrgenommen; sich bis auf ein paar Zentimeter der Laptopkamera zu nähern, kann dagegen schon als übergriffige Bedrohungsgeste interpretiert werden.
Gut vorbereitet und klar strukturiert können Videokonferenzen Meetings effektiver machen – ohne dass Sie an Authentizität, Persönlichkeit und Klarheit verlieren müssen.
Es gibt kein Gesetz, dass Sie bei einer Videokonferenz in »Ihrem eigenen Studio« sitzen müssen. In der stehenden Position besteht zwar eventuell die Gefahr, aus dem engen Bildausschnitt zu wandern, andererseits kann Ihnen der offene Brustkorb helfen, zu einem festen Stand und einer festen Stimme zu finden. Zudem erleichtert das Stehen eine gewisse Gestik Ihrer Hände. Probieren Sie aus, womit Sie sich wohler und sicherer fühlen – das alleine zählt.
Was wir uns wünschen: Eine Konferenzkultur aus Klarheit und Empathie
Videokonferenzen sind innerhalb weniger Monate zu einem unverzichtbaren Mittel der Kommunikation geworden und aus vielen Unternehmen bereits nicht mehr wegzudenken. Sie können und werden das persönliche Miteinander nicht ersetzen, aber sie sind ein hilfreiches ergänzendes Instrument, und als solches sollten Sie es interpretieren. Nicht als ärgerliche Barriere, die der echten Kommunikation von Angesicht zu Angesicht im Wege steht. Zu dieser wird es erst, wenn Sie die vorhandenen Risiken nicht ernst nehmen: Nicht wiedergutzumachende Imageschäden durch technische, optische und akustische Pannen, gestörte Informationsflüsse, verlorengegangene oder verschenkte Botschaften, ausgegrenzte Teilnehmer, potenzierte Machtstrukturen. Gut vorbereitet und klar strukturiert können Videokonferenzen Meetings effektiver machen – ohne dass Sie an Authentizität, Persönlichkeit und Klarheit verlieren müssen.
1.4 Persönlicher Zugang versus unternehmensstrategische Wir-Botschaften
Ja, es gibt sie, die charismatischen Wunderkinder, die einen Saal allein durch ihre Anwesenheit zum Leuchten bringen. Und ja, es gibt Rednerinnen und Redner, die zwar auf der Bühne stehen, dort aber eigentlich nicht hingehören. Die meisten Menschen sind jedoch weder das eine noch das andere. Sie sind in den entscheidenden Momenten einfach nicht so überzeugend, wie es ihnen möglich wäre.
Was erwartet Sie auf den folgenden Seiten? Sie werden entdecken, wie Haltung und Struktur automatisch zu Sprache, Stimme, Gestik und Mimik leiten. Wie Sie Körpersprache und innere Haltung in Einklang bringen, wie Sie Bilder entwickeln und mit Ihrer Stimmung Wirkung erzielen. Kurz gesagt: Sie erfahren, wie Sie Ihre Executive Presence mit konkreten Tools sichtbar machen. Dazu gibt es jeweils direkt umsetzbare Anregungen und Übungen.
Davor steht die eine oder andere grundlegende Idee, wie die eines individuellen Zugangs zu Ihrem Projekt, Ihrer These oder der zentralen Botschaft. Für so manchen Teilnehmer unserer Coachings lag genau darin ein erster entscheidender Schlüssel zu stärkerer Präsenz in jedem Setting.
Mittendrin statt Schreibtischtäter. Ein Beispiel aus dem Trainingsraum
Unbestritten: Unser Gegenüber leistet wichtige humanitäre Arbeit. Häufig ist er in Afrika unterwegs, vermittelt in verschiedenen Schwellenländern und Krisenregionen zwischen Bevölkerung, Regierung, Hilfsorganisation, Inverstoren und Großkonzernen. Eine verantwortungsbewusste Führungskraft und trotzdem immer noch »Frontkämpfer in der ersten Reihe«. Nicht im feinen Zwirn, sondern in Trekkinghosen – das ist das Bild, das er uns glaubhaft vermittelt. Ein Mann, dessen Executive Presence für uns in jeder Sekunde spürbar ist, während wir uns im Trainingsraum gegenübersitzen und über seine bevorstehenden Auftritte diskutieren. Eine Präsenz, die sich aus seinen Erfahrungen in den Brennpunkten speist, seiner gewachsenen Haltung und seiner Leidenschaft, etwas zu bewegen, um nicht zu sagen: Gutes zu tun. Und er tut das nicht nur als Mensch, sondern als Vertreter und Gesicht seines Konzerns.
In einer kurzen Präsentation soll er uns die Ziele seiner Arbeit, seine Vision und die scheinbar unüberbrückbaren Grenzen präsentieren. Und wie auf Knopfdruck (tatsächlich dem Aufnahmeknopf an unserer Kamera) ist alles, was ihn stark macht, verschwunden. Es ist natürlich nicht weg, sondern nur tief versteckt unter den fehlerfrei referierten Wir-Botschaften aus dem Q&A-Katalog seines Unternehmens:
Was soll man sagen? Eigentlich alles drin, was an Botschaften ausgesprochen werden sollte. Verantwortungsbewusstsein, Nähe zur Bevölkerung, Ausrichtung auf Hygiene. Was auf der Strecke bleibt, ist die Empfangbarkeit der Botschaften sowie die Überzeugungskraft und Präsenz des Sprechers. Dabei wäre es so einfach gewesen, beides zu vermitteln.