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TogetherText


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Yael Ronen. Sie alle beteiligen das Produktionsteam während des Probenprozesses ausführlich an der Erstellung des Textes. Mit der Premiere steht der Bühnentext weitgehend fest. In Einzelfällen wird auch nach der Premiere noch etwas verändert, aber am Ende gibt es eine Textfassung, auf der dann die Namen »Falk Richter«, »René Pollesch«, »Milo Rau« oder »Yael Ronen & Ensemble« als Urheber*innen genannt werden. Das Publikum trägt hier nicht aktiv zum aufgeführten Text bei.

      Zur dritten Kategorie zählen z. B. Künstler*innen wie Christoph Schlingensief, die Gruppe Interrobang oder das Kollektiv SIGNA, die konzeptionell dafür sorgen, dass das Publikum den Text aktiv und maßgeblich miterzeugt. Hier endet die Texterzeugung nicht am Tag der Premiere, sondern erst mit dem Ende der letzten Show (SIGNA), dem letzten Partizipationsspiel (Interrobang) oder am Wahlabend (Schlingensiefs Projekt Chance 2000). Diese Namenslisten sind natürlich unvollständig, ließen sich selbstverständlich erweitern und können zudem in internationalen Kontexten verortet werden. Die Beiträge in diesem Band decken das gesamte Spektrum ab: Sie reichen von der sich als letzte Autorität in der Textentwicklung verstehenden, emphatischen Autorschaft Milo Raus, wie der Beitrag Martin Jörg Schäfers sie beschreibt, zu den das Problem der Autorität betonenden Fiktionen SIGNAs, in denen das Publikum in den eingespeisten Text verwickelt wird und dieser sich so zum jedes Mal anders erzeugten TogetherText auswächst. Dies rekonstruieren in ihrem Beitrag Anna Häusler und Tanja Prokić.

      Die Prozessualität der Texterzeugung und (gegebenenfalls) die Mitwirkung von Laien oder des Publikums am gesprochenen Text tragen dazu bei, dass weitere Grundfeste eines sich als traditionell verstehenden Theaters infrage stehen: Sobald die Texte in einem gemeinschaftlichen Prozess erzeugt werden, stellt sich die Frage nach ihrer Autor*innenschaft. Das schließt ein: rechtliche (Urheber-, Persönlichkeits- oder Tarifrecht) und wirtschaftliche Aspekte (Honorar für den Theatertext, Erlös für den Abdruck, eventuell Tantiemen durch Nachspielen) ebenso ein wie institutionelle (Verantwortlichkeiten, Positionen, Disposition der Proben und Aufführungen, Gagen). Aber auch neue Einordnungen dessen, woher die Texte auf der Bühne kommen, werden nötig: Monika Gintersdorfer spricht in ihrem Beitrag von Live-Übersetzungen durch einen anderen Performer*innentypus (im Gegensatz zu Darsteller*innen) als texterzeugendem Prozess. Für Antje Pfundtner in Gesellschaft sind die Texte choreografiert und kompositorische Elemente ihrer Inszenierungen, während für Anja Kerschkewicz und Eva Kessler von Frauen und Fiktion die Performerinnen als Botinnen jener fremden Texte auftreten, die vorab im Kollektiv recherchiert wurden. Insofern Publikum mitwirkt, ist die Frage nach dem der Aufführung zugrunde liegenden Text nicht mehr eindeutig zu beantworten, mehr noch: Sie verliert oft ihren Sinn. Denn so wichtig der gesprochene Text als verbale Interaktion in SIGNAs Projekten oder etwa in Christoph Schlingensiefs Wahlkampfzirkus Chance 2000 ist, so wenig enthält er den Bedeutungszusammenhang des Ganzen.

       IV. TogetherTexte innerhalb und außerhalb des Probenraums