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Fachbewusstsein der Romanistik


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prendono le mosse da un’idea sacrosanta – la pari dignità di ogni cultura e di ogni persona – ma approdano al fondamentalismo.

      Selten finden sich neutralere Zuschreibungen, z.B. die Einordnung als euphemistischer Sprachgebrauch,3 oder differenziertere Betrachtungen wie diejenige von Fabio Rossi (2016), der in einem Interview im April 2016 zwischen einem „guten“ und einem „schlechten“ politisch korrekten Sprachgebrauch unterschied.4 Letzterer trage zu einer verbesserten Kommunikation, zu einem gesitteteren bzw. zivilisierteren, demokratischeren und respektvolleren Umgang bei. Auch Reutner/Schafroth (2013, 12) gestehen dem politisch korrekten Sprachgebrauch eine positive Wirkung zu.5 Sie beziehen sich in dieser Bewertung allerdings auf das, was hier als zweite Spielart der political correctness eingeordnet wurde. Im Feld der Femininbildungen von Berufsbezeichnungen werde – so die Autoren – die Gleichbehandlung durch sprachliche Innovation gefördert.

      Exkurs

      Politisch korrekte Formulierungen und deren Aushandlung haben auch Eingang in die Literatur gefunden, wie es anhand eines kurzen Romanauszugs illustriert werden soll. In Jean Anglades Erzählung Le Tilleul du soir (1975) wird ein Gespräch dargestellt zwischen einer älteren Dame, Mathilde, und dem Arzt Lenoir, der sie überzeugen möchte, in ein Altersheim zu gehen. Für das, was Mathilde als hospice ‚Heim‘ deutet, führt er allerlei beschönigende Ausdrücke an (hospice → maison de repos, maison de retraite, résidence pour le troisième âge). Zwar verwendet er einen abschwächenden Hedging-Ausdruck, dennoch geht der Arzt Lenoir soweit, die besagte Einrichtung in die Nähe eines Hotels zu rücken (des sortes d’hôtels).

      — L’été, passe encore. Mais l’hiver ! […] Savez-vous ce que vous devriez faire ? Vous avez de bonnes pensions, n’est-ce pas ?

      — Oh ! bonnes !

      — Suffisantes, je crois savoir, pour que vous vous retiriez dans une de ces maisons où l’on reçoit les vieilles personnes. Elles y sont bien nourries, bien logées, bien chauffées, bien soignées. Libres de sortir à leur fantaisie. Jamais seules, toujours en compagnie de gens de leur âge. La télévision, un jardin, des bancs à l’ombre. Que peut-on désirer de plus ?

      — L’hospice ! Vous voulez m’envoyer à l’hospice ?

      — Il ne s’agit pas d’hospice ! Ça n’existe plus, les hospices ! Je vous parle d’une maison de repos, d’une maison de retraite, d’une résidence pour le troisième âge. Des sortes d’hôtels.

      — Le troisième âge ? Qu’est-ce que c’est, le troisième âge ?

      — Celui que vous avez. On trouve de ces hôtels un peu partout dans la région : à Maringues, à Lezoux, à Aigueperse, à Thiers, à Billom, à Pont-du-Château… Voulez-vous que je m’en occupe ? Que je vous cherche une place ?

      — Non, non… Pas encore.

      3 Situierung der political correctness im Diasystem der Sprache

      Der politisch korrekte Sprachgebrauch wird weit häufiger bewertet und kritisiert als dass versucht würde, seinen Geltungsbereich zu erfassen oder auch ihn in das Sprachsystem bzw. Diasystem der Sprache einzuordnen. Daher soll an dieser Stelle eine diesbezügliche Annäherung unternommen werden. Canobbio (2009, 36) zufolge geht es hierbei um ein „rimodellamento del lessico e delle sue regole d’uso“. Hughes (2010, 59, Hervorhebung im Original) betont seinerseits den Aspekt des Sprachgebrauchs:

      The enterprise of political correctness was and continues to be an attempt to change or suppress, not the whole langue or linguistic system, but the meanings of particular paroles.

      Zu weitreichend scheint die Einschätzung von Stefano di Michele, der im Vorwort des Buches von Crisafulli (2004) den politisch korrekten Sprachgebrauch als linguaggio geneticamente modificato bezeichnet. Ein zentraler Aspekt wird m.E. von der Autorin Natalia Ginzburg eingebracht. In ihrem Essay L’uso delle parole (Scarpa 2001, 149–152) schreibt sie 1989 über die mit heuchlerischer Motivation künstlich geschaffenen Wörter:

      Ci troviamo […] circondati di parole che […] sono state fabbricate artificialmente con motivazioni ipocrite, per opera di una società che ne fa sfoggio e crede con esse di aver mutato e risanato il mondo. […] Per docilità, per ubbidienza […] ci si studia di adoperare quei cadaveri di parole quando si parla in pubblico o comunque a voce alta, e il nostro vero linguaggio lo conserviamo dentro di noi clandestino. Toccherebbe agli intellettuali […] fare in modo che sui giornali e nella vita pubblica riappaiano le parole della realtà.

      Hier erscheint der politisch korrekte Sprachgebrauch als diaphasische und auch diamesische Varietät, die situativ an die Öffentlichkeit gebunden ist und dem mündlichen Realisierungsmodus vorbehalten scheint. Ebendiese Dimensionen werden bei Canobbio (2009, 36) nicht genannt. Sie beschreibt das Phänomen sprachlicher Verbote vielmehr als querlaufend zur diastratischen, diatopischen und diachronischen Dimension:

      Fenomeno dunque tipicamente relativo questo dell’interdizione; trasversale alla diastratia e alla diatopia dei diversi gruppi umani, e naturalmente variabile in diacronia […], e in ogni caso così capillarmente diffuso che proprio la sua evidenza rappresenta una delle più convincenti dimostrazioni del legame tra lingua e cultura.

      Lampert (1995, 253) verweist ebenfalls auf ein Delta zwischen öffentlichem – „politisch-korrektem“ – und privatem Sprachgebrauch nach den „alten“ Mustern. Und auch bei Hughes (2010, 292) wird das Phänomen innerhalb der diaphasischen Dimension verortet. Er unterscheidet verschiedene „levels of discourse“, die einen je spezifischen Grad an political correctness aufweisen, und setzt mitunter gar einen „double standard“ an. So schreibt er mit Bezug zur Pressesprache: „Frequently the double standard is apparent in that the headline of a story will use sex worker, but the main body of the text will use prostitute“ (Hughes 2010, 292).

      Geht es nun um die Frage nach dem Geltungsgrad und nach der Verbindlichkeit des politisch korrekten Sprachgebrauchs, liefert Arcangeli (2005, 125, Hervorhebung im Original) folgende Antwort:

      Chi sono i padroni di una lingua? Chi ne governa l’uso? Difficile, per il tempo presente, affermarlo con risoluta certezza. Un ruolo di primo piano giocano però sicuramente i paladini a oltranza del politicamente corretto.

      Analog geht Antonelli (2016, 61) bezüglich der amerikanischen Gesellschaft so weit zu behaupten, dass es sich bei der political correctness um eine Sprachnorm handelt, die in gewisser Hinsicht stärker ist als die grammatikalische Norm. Zur Begründung führt er an, dass es sich bei der Ahndung von Verstößen um einen Verweis oder eine Maßregelung moralischer Art handelt.

      […] il politically correct ha finito col diventare – nella società americana – una norma linguistica più forte, per certi versi, di quella grammaticale, perché espone i trasgressori a una censura di tipo morale. Censura che ha in molti casi perso la sua originaria caratterizzazione progressista ed egualitaria, finendo cosil diventare una versione nobilitata dell’eufemismo.

      Demgegenüber sieht Merle (2011, 17) im politiquement correct nur eine „apparence de norme“:

      Le propre d’une mode qui réussit, donc qui s’installe, c’est de finir par avoir l’air d’une évolution naturelle. C’est très exactement ce qui s’est passé pour un politiquement correct désormais bien implanté dans notre façon de parler, et cela jusqu’à s’être donné […] une apparence de norme.

      4 Fallbeispiel: Feminisierung

      Ergänzend zum vorgestellten, politisch motivierten Nichtsagbarkeitskodex, der in Italien und Frankreich in vergleichbarer Weise diskutiert wird, soll ein kontrastives Fallbeispiel angeführt werden, in dem unterschiedliche normative Ausprägungen und Bestrebungen zum Ausdruck kommen. Dieses Fallbeispiel bezieht sich auf einen ausgewählten Aspekt der geschlechtergerechten Sprache, die nach Robustelli (2016, 13) insbesondere in institutionellen und politischen Zusammenhängen