Гарриет Бичер-Стоу

Die schönsten Kinderbücher (Illustriert)


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Hund war empört über die Grobheit. Knurrend zeigte er dem Grünen seine beiden Reihen spitzer Zähne und stellte sich auf zum Angriffe.

      Da erklang in der Höhle eine leise Stimme:

      »Bollo, hilf mir, ich werde gebraten.«

      Sofort erkannte der Hund Bengeles Stimme und merkte, daß sie aus dem panierten Dinge kam, das der Fischer in der Hand hielt.

      Was tut der treue Hund? – Er springt hoch, faßt den panierten Bengele mit seinen Zähnen, reißt ihn dem erstaunten Fischer rasch aus der Hand und trägt ihn schnellen Laufes davon.

      Der Fischer war wütend, daß ihm der seltene Leckerbissen entgangen war; er wollte dem Hunde nachrennen, aber nach wenigen Sprüngen ging ihm schon der Atem aus und er keuchte verärgert in seine Höhle zurück.

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       Bollo blieb erst stehen, als er an den Fußweg gekommen war, der vom Meer nach Fleißigenstadt führte. Dort legte er seinen Freund Bengele sanft auf die Erde nieder.

      »Bollo, du hast mir das Leben gerettet«, sagte der Hampelmann; »ich kann dir nie genug danken.«

      »Gar nicht notwendig!« entgegnete der treue Hund; »ich habe nur meine Schuld abgetragen. – Schau dort das Meer!«

      »Wie bist du nur in jene Höhle gekommen?« fragte Bengele.

      »Ich lag immer noch halbtot am Ufer, da trug mir der Wind von weitem einen Bratengeruch daher. Weil ich Appetit hatte, ging ich diesem Dufte nach. Wäre ich eine Minute später gekommen, –«

      »Sei still:« – sagte Bengele und fing von neuem an zu zittern. »Sprich nicht mehr davon! Wärst du eine Minute später gekommen, dann wäre ich jetzt schon gebraten und verspeist. Brrr! – Es schauert mich jetzt noch, wenn ich nur daran denke.«

       Bollo mußte lachen! – Er reichte dem Hampelmann seine rechte Pfote zum Abschiede. Dieser drückte sie fest und liebevoll dem treuen Freunde; dann gingen sie auseinander.

      Dreißigstes Stück.

       Nächtliche Heimkehr. – Die gemütliche Schnecke.

       Inhaltsverzeichnis

      Der Hund lief heim; Bengele wandte sich einer nahegelegenen Hütte zu. Dort saß ein alter Mann vor der Haustüre, und Bengele fragte ihn:

      »Sagt, lieber Mann, habt ihr nichts gehört von einem Knaben, der Eugen hieß und an den Kopf geschlagen wurde?«

      »Man hat ihn dort zu den Fischersleuten gebracht und jetzt ...«

      »Wird er tot sein«, fiel Bengele schmerzlich bewegt dem Alten in die Rede.

      »Nein, nein! Er ist wieder gesund und schon nach Hause gegangen.«

      »Wirklich? – Wirklich?« rief Bengele und tat einen Freudensprung. – »Also war die Verletzung nicht so schlimm?«

      »Es hätte schlimmer gehen können«, sagte der Alte; »das Buch war gar zu schwer, das sie ihm an den Kopf geworfen haben.«

       »Wer hat es geworfen?«

      »Einer von seinen Schulkameraden, ein gewisser Bengele.«

      »Wer ist dieser Bengele?« fragte der Hampelmann.

      »Man sagt, er sei ein Schlingel, ein Bummler, ein ganz lotteriger Bube.«

      »Alles erlogen!«

      »Kennst du Bengele?«

      »Vom Sehen, ja!«

      »Was hältst du von ihm?« fragte der Alte weiter.

      »Ich halte ihn für einen braven Knaben, einen fleißigen Schüler, ein folgsames Kind, das sehr an seinem Vater und an seiner Mutter hängt.«

      Plötzlich griff Bengele nach seiner Nase: sie war durch diese Schwindelei eine Spanne länger geworden. Voller Angst sagte er darum gleich:

      »Nein, nein, lieber Mann, ich habe nur Spaß gemacht; Ihr dürft nicht glauben, was ich gesagt habe. Ich kenne nämlich Bengele sehr gut und weiß, daß er wirklich ein nichtsnutziger Strick ist, ein eigensinniger Schlingel, der die Schule schwänzt und mit schlechten Kameraden herumbummelt.«

       Sofort bekam die Nase ihre richtige Größe wieder. –

      Es ging gegen Abend. Ein kühler Wind kam vom Meere her und der Hampelmann fing an zu frieren. Der grüne Fischer hatte ihm alle Kleider vom Leibe gerissen; überall klebte ihm noch das Paniermehl an. Er schämte sich, so nach Hause zu gehen, und bat den Alten um ein Gewand.

      Der Mann war arm und sagte:

      »Mein lieber Kleiner, ich kann dir nichts geben als einen alten Sack.«

      Bengele nahm das Anerbieten dankbar an. Der Alte holte einen Sack in seiner Hütte, schnitt mit der Schere an den Zipfeln zwei Löcher für die Arme und dazwischen in der Mitte ein größeres für den Hals. – Der Hampelmann zog den Sack über den Kopf, streckte die Hände bei den Zipfeln heraus und trottelte in diesem Kleide der Heimat zu.

      Das Herz pochte ihm laut, manchmal wollte er wieder umkehren; denn er dachte:

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      »Wie kann ich so zu meiner guten Mutter Fee zurückkommen? Was wird sie sagen, wenn sie mich sieht? Sie wird mir nicht mehr verzeihen, sicher nicht! Aber ich bin selbst daran schuld; ich bin ein Schlingel; ich verspreche immer, mich zu bessern, aber ich halte es nie!«

      Als Bengele nach Fleißigenstadt kam, war es schon dunkel. Kein Sternlein war am Himmel zu sehen und bald fing es an zu regnen. Der Hampelmann nahm den nächsten Weg zum Hause der Mutter Fee. Er stand vor der Haustüre und wollte klopfen. Der Mut verließ ihn, und er ging zehn Schritte weiter. – Er kehrte zurück, stand wieder vor der Türe und – ging wieder weg. Erst das vierte Mal pochte er zaghaft und leise.

      Er wartete und wartete. Nach einer halben Stunde wurde im vierten Stock ein Fenster geöffnet. Eine große Schnecke kroch über die Fensterbrüstung. Sie trug zwischen den Hörnchen eine brennende Kerze, blickte zur Haustüre und fragte:

      »Wer kommt noch so spät?«

      »Ist die Herrin zu Hause?« rief Bengele empor.

       »Die Frau Fee schläft und will nicht geweckt werden; – wer bist du denn?«

      »Ich bin's!«

      »Wer ich?«

      »Bengele.«

      »Was für ein Bengele?«

      »Der Hampelmann, der bei der Frau Fee wohnt.«

      »Ah so!« sagte die Schnecke. »Warte ein bißchen, ich komme gleich hinunter und mache dir auf.«

      »Spute dich, sonst muß ich in diesem Wetter erfrieren.«

      »Mein Lieber, ich bin eine Schnecke, und den Schnecken pressiert es nie.«

      Eine Stunde verging, es verging eine zweite, und die Türe war immer noch zu. Bengele klapperte mit den Zähnen und litt unsäglich durch die Kälte und Nässe. Er faßte Mut und klopfte noch einmal und diesmal viel fester.

      Da ging im dritten Stock das Fenster auf, und die Schnecke zeigte sich wieder:

      »Liebe Schnecke«, rief Bengele, »zwei Stunden warte ich schon, und in diesem Hundewetter ist eine Stunde so lang wie ein Jahr. – Mach vorwärts, ums Himmels willen beeile dich!«

      Die Schnecke aber regte sich nicht auf. So langsam und gemächlich wie zuvor sagte sie: »Ich bin eine Schnecke, mein Lieber, und den Schnecken pressiert es nie.« – Und wieder ging das Fenster zu.

      Gleich danach schlug es Mitternacht, dann 1