doppelt so groß war wie Jupiter, umlaufen – und um diesen wiederum kreisten 75 kleine Monde.
Plus einem sehr augenfälligen »Mond«.
»Ist er ein Irrläufer, wie ursprünglich angenommen, oder gehört dieser Riesentrabant von Anfang an zum System?«, wollte Rhodan von der Hauptpositronik wissen.
Der ungewöhnliche Mond war etwas größer als der Mars, verfügte über eine Sauerstoffatmosphäre und, den ersten Messungen zufolge, über reichhaltiges Leben.
BJO antwortete unverbindlich. »Es ist wie bisher davon auszugehen, dass dieser Mond ein Irrläufer war und eingefangen wurde. Eventuell stammt er aus Andromeda. Ich werde genauere Daten einholen.«
»Gibt es hier sonst etwas?«, fragte Rhodan in die Zentrale des mit Ringwulst 600 Meter durchmessenden Kugelraumers hinein. Die BJO BREISKOLL war das Basisschiff des Ersten Raumlandebataillons, auf das die Mannschaft mit Recht bereits stolz war.
»Ich hab da was«, meldete die Terranerin Perihan Leko von der Ortung und nickte ihrer Kollegin Pinar Koray von der Funkabteilung zu.
Diese übernahm übergangslos. »Kaum Hyperfunkverkehr, viel ist wohl in diesem Sektor nicht unterwegs. Jedoch gibt es einen automatischen Hyperfunkspruch, der sich alle paar Minuten wiederholt. Die Übersetzung läuft bereits. Sekunde ...«
Tatsächlich waren es drei Sekunden, bis der Funkspruch auf das Zentralekom geleitet wurde.
*
»Im Namen des Volkes der Fajemiden heißt die Regierung auf unserer schönen Welt Fajem jeden Raumfahrer herzlich willkommen, der über ein leistungsfähiges, überlichtschnelles Triebwerk verfügt. Wir sind eine noch junge Zivilisation, die sich vor dem Weiten Sprung sieht, unserer zweiten hoch technisierten Phase, die uns ermöglicht, unser kleines Jaellisystem zu verlassen! Wir wollen in den Weltraum vorstoßen und Nachbarsysteme besuchen, fremde Völker und Technik kennenlernen und unsere Entwicklung vorantreiben. Als Ziel streben wir einen ausgedehnten Handel an.
Beginnen wollen wir daher mit dem Erwerb eines Überlichttriebwerks oder den Bauplänen dafür. Wir können in Hyperkristallen bezahlen, was sicherlich für jeden Fernreisenden von großem Interesse ist. Jeder würde bei diesem Geschäft dauerhaft vom anderen profitieren, sobald wir unsere Handelslinie aufgebaut haben.
Deshalb laden wir jeden vorbeikommenden Fernraumer dazu ein, auf unserem Raumhafen zu landen, damit seine Besatzung unsere blühende Stadt Kjeteti besichtigen und ihre Annehmlichkeiten genießen kann, bis wir einen Termin vereinbart haben.
Die Abwicklung kann zügig verlaufen. Selbstverständlich haben wir auch andere Handelswaren anzubieten, die sicherlich von Interesse sind. Uns ist an einer langfristigen Zusammenarbeit gelegen.
Vielen Dank fürs Zuhören! Dieser Ruf wurde mithilfe des Volkes der Tabang ermöglicht, die uns ein Hyperfunkgerät zur Verfügung gestellt haben. An dieser Stelle sei unser ausdrücklicher Dank ausgesprochen, verbunden mit der Hoffnung, dass dies den Reisenden als Anreiz dient, mit uns ins Geschäft zu kommen.«
*
»Ping! Ende der Werbesendung«, sagte Koray. »Das waren doch schon mal geballte Informationen!«
»Und ein freundlicher Empfang samt Einladung zum Tee«, fügte Leko hinzu.
»Mein ältester Freund, Resident Reginald Bull, würde jetzt ein lateinisches Zitat aus grauer Vorzeit bringen«, sagte Rhodan. »Timeo danaos et dona ferentes.«
»Und das heißt?«, fragte Zocalo neugierig.
»Übersetzt bedeutet es Ich fürchte die Danaer, auch wenn sie Geschenke bringen«, antwortete Rhodan. »Das Zitat stammt aus der griechischen Mythologie, nach der die Danaer Troja mit einem hölzernen Pferd, getarnt als Geschenk, eroberten. Lange sprach man von Danaergeschenk, wenn man etwas scheinbar freundlich angeboten bekam, aber einen Hintergedanken vermutete. Oder Unheil.«
»Einfach ist es also nie?« Vermutlich sprach Zocalo damit auf die Geschehnisse auf Bhanlamur und den gleichzeitigen Angriff des Zyu an.
Rhodan dachte kurz nach. »So gut wie nie«, sagte er dann.
Die Mannschaft war jung und energiegeladen, aber an Erfahrung im Einsatz hatten sie noch nicht viel aufzuweisen. Rhodan gefiel es, ein derart frisches, unverbrauchtes Team zu führen, das keine eingefahrene Sichtweise hatte.
»Aber das hier sind keine Menschen oder sonst jemand von der Liga«, gab Zocalo zu bedenken. »Nicht jedes Volk muss von Grund auf misstrauisch sein.«
»Dem stimme ich uneingeschränkt zu. Meine Besorgnis ist natürlich durch viele schlechte Erfahrungen ausgeprägter als bei anderen. Und mit dem Chaoporter in der Nähe, glaube ich umso weniger an ein friedliches Miteinander. Aber lassen wir uns überraschen!«
»Wir fliegen hin?«
»Wir fliegen hin.«
»Also dann«, sagte Zocalo. »Kurs auf Fajem!«
*
Die Ortung scannte unablässig das kleine System und den Raum, doch bisher schienen die Angaben zuzutreffen. Entweder waren die Fajemiden technisch extrem weit voraus und konnten ihre Raumüberwachungssysteme und mögliche bewaffnete Außenposten ausgezeichnet tarnen, oder sie standen tatsächlich erst am Beginn der interstellaren Raumfahrt.
Rhodan überlegte, falls seine Vermutung mit dem geplanten und nie fertiggestellten Sonnentransmitter stimmen sollte, ob die Fajemiden womöglich Nachfahren eines Volkes waren, das von den Lemurern auf dem Konstrukt angesiedelt worden war.
Hatten die Lemurer – oder die Tefroder – den Irrläufer womöglich selbst an diesen Ort gebracht?
Wilde Spekulationen, die nicht weiterführen. Rhodan konzentrierte sich auf die Gegenwart.
Unterwegs begegnete ihnen niemand, doch es gab mehrere Signaturen in der Nähe, wahrscheinlich ebenfalls im Anflug begriffene Raumschiffe, deren Besatzungen den Ruf der Fajemiden gehört hatten. Ein neuer Handelspartner interessierte sicherlich viele, die auf einer Handelsroute in der Nähe vorbeikamen.
Während der Annäherung lieferte BJO weitere Daten. Die Sauerstoffwelt Fajem war in der Rotation gebunden. Eine Seite war immer dem Gasriesen zugewandt. Auf der abgewandten Seite herrschte eine Schwerkraft von 0,9 Gravos. Auf der zugewandten Seite, wo die Schwerkraft des Gasriesen entgegenwirkte, waren es nur noch 0,7 Gravos.
Umgeben von einem seichten Meer fand sich ein einziger Kontinent in X-Form. Ziemlich genau im Kreuzungspunkt der langen kontinentalen Schenkel, auf der abgewandten Seite, wuchs die Stadt Kjeteti empor – die einzige Siedlung, die den Namen Metropole mit angeschlossenen Vororten im Umland verdiente.
Illustration: Swen Papenbrock
»Sehr grün, selbst die Häuser«, staunte Donn Yaradua, der sich inzwischen in der Zentrale eingefunden hatte. Sein Okrill Phylax wich wie immer nicht von seiner Seite. »Die sehen wie Bäume aus!«
»Ich fühle mich dort garantiert wohl«, bemerkte der cheborparnische Xenobiologe Loscozar Totuyeret, genannt LoT. Er hatte zwar aktuell keinen Dienst in der Zentrale, aber sammelte an seinem Terminal mit Unterstützung von BJO erste Daten über die Welt des Riesenmonds.
Rhodan hatte bereits vor der Annäherung befohlen, dem Schiff eine Tarnung zu verleihen. Er wollte keinesfalls mit der Tür ins Haus fallen und sich großartig ankündigen – da das Zyu gezielt die BJO BREISKOLL hatte übernehmen wollen, waren ihre Daten höchstwahrscheinlich bekannt.
Rhodan wollte noch aus einem weiteren Grund keinen anderen Kreuzer einsetzen. Sollten sie trotz aller Vor- und Umsicht auffliegen, durfte die andere Seite nicht vermuten, dass im Hintergrund ein sehr viel größeres Mutterschiff lauerte. So leicht wollte er sich nicht in die Karten schauen lassen.
Das Zyu wusste nur von der BJO BREISKOLL – und dabei sollte es für alle, die mit dem Chaoporter zu tun hatten, auch bleiben.