Edgar Rice Burroughs

Tarzan – Band 2 – Tarzans Rückkehr


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      Nein, mein Herr, sag­te de Cou­de. Ich will mich nur von ei­nem Gent­le­man un­ter­su­chen las­sen.

      Es ist nicht nö­tig, den Gra­fen zu un­ter­su­chen. Die Kar­ten sind in sei­ner Ta­sche. Ich habe selbst ge­se­hen, wie sie hin­ein­ge­steckt wur­den.

      Alle wand­ten sich er­staunt nach dem neu­en Spre­cher um. Sie sa­hen einen wohl­ge­bau­ten Mann, der einen am Man­tel­kra­gen ge­fass­ten Men­schen her­an­schlepp­te. Es ist eine Ver­schwö­rung, rief de Cou­de är­ger­lich. Es sind kei­ne Kar­ten in mei­nem Rock. Und da­mit griff er in sei­ne Ta­sche.

      Es herrsch­te tie­fes Schwei­gen in der klei­nen Grup­pe. Der Graf wur­de lei­chen­blass und zog lang­sam sei­ne Hand her­aus, in der er tat­säch­lich drei Kar­ten hielt.

      Ent­setzt sah er sie schwei­gend an, in­des sein Ge­sicht auf­flamm­te. In den Mie­nen der Zuschau­er aber, die sa­hen, wie die Ehre ei­nes Man­nes den To­dess­toß er­hielt, misch­te sich Mit­leid mit Ver­ach­tung.

      Der grau­äu­gi­ge Un­be­kann­te aber rief: Es ist eine Ver­schwö­rung, mei­ne Her­ren. Der Herr Graf wuss­te nicht, dass die­se Kar­ten in sei­ner Ta­sche wa­ren. Sie wur­den ohne sein Wis­sen wäh­rend des Spie­les hin­ein­ge­steckt.

      Von mei­nem Stuh­le dort un­ten aus sah ich al­les vor mir im Spie­gel. Die­ser Mann, den ich beim Ent­wei­chen fest­ge­hal­ten habe, hat die Kar­ten in des Gra­fen Ta­sche ge­steckt.

      De Cou­de hat­te zu­erst auf Tar­zan ge­schaut, dann auf den Mann, den die­ser mit der Faust fest­hielt.

      Mein Gott, Ni­ko­laus! rief er. Du?

      Dann wand­te er sich an den Mann, der ihn be­schul­digt hat­te, und sah ihn einen Au­gen­blick scharf an.

      Und Sie, mein Herr, ich er­kann­te Sie nicht ohne Ihren Bart. Er ver­stellt Sie ganz, Paw­lo­wi­tsch. Jetzt ver­ste­he ich al­les. Es ist ganz klar, mei­ne Her­ren.

      Was sol­len wir mit ihm an­fan­gen? frag­te Tar­zan. Dem Ka­pi­tän über­ge­ben?

      Nein, mein Freund er­wi­der­te der Graf has­tig. Es ist eine per­sön­li­che An­ge­le­gen­heit, und ich bit­te Sie, sie auf sich be­ru­hen zu las­sen. Es ge­nügt, dass ich von der Be­schul­di­gung ent­las­tet bin. Je we­ni­ger wir mit sol­chen Leu­ten zu tun ha­ben, de­sto bes­ser ist es. Aber, mein Herr, wie kann ich Ih­nen für die große Güte dan­ken, die Sie mir be­wie­sen ha­ben? Er­lau­ben Sie, dass ich Ih­nen mei­ne Kar­te über­rei­che, und falls sich mir ein­mal eine Ge­le­gen­heit bie­tet, Ih­nen eine Ge­fäl­lig­keit zu er­wei­sen, so er­in­nern Sie sich, dass ich zu Ihren Diens­ten ste­he.

      Tar­zan hat­te Ro­koff los­ge­las­sen, und die­ser be­eil­te sich, mit sei­nem Ver­bün­de­ten Paw­lo­wi­tsch das Rauch­zim­mer zu ver­las­sen. Zu­vor aber zisch­te Ro­koff Tar­zan zu: Sie wer­den Ihre Ein­mi­schung in frem­de An­ge­le­gen­hei­ten noch schwer zu be­dau­ern ha­ben.

      Über die­se Dro­hung lach­te Tar­zan, und sich vor dem Gra­fen ver­nei­gend, über­reich­te er ihm sei­ne Kar­te.

      Der Graf las:

      M. Jean C. Tar­zan.

      Herr Tar­zan, sag­te er, Sie wer­den viel­leicht noch ein­mal wün­schen, mir nie­mals einen Freund­schafts­dienst ge­leis­tet zu ha­ben, denn ich kann Ih­nen sa­gen: Sie ha­ben sich die Feind­schaft von zwei der größ­ten Erz­gau­ner von ganz Eu­ro­pa zu­ge­zo­gen. Ge­hen Sie ih­nen aus dem Wege, wo Sie nur kön­nen.

      Mein lie­ber Graf, er­wi­der­te Tar­zan mit ru­hi­gem Lä­cheln. Ich habe Fein­de ge­habt, die mehr zu fürch­ten wa­ren, und doch bin ich noch am Le­ben, und es hat mir noch kei­ner et­was an­ha­ben kön­nen. Ich glau­be nicht, dass ei­ner von den bei­den es fer­tig brin­gen wird, mir ein Leid zu­zu­fü­gen.

      Wir wol­len es nicht hof­fen, mein Herr, sag­te de Cou­de, aber es wird auf alle Fäl­le nichts scha­den, wenn Sie auf Ih­rer Hut sind und wenn Sie wis­sen, dass Sie sich heu­te je­man­den zum Fein­de ge­macht ha­ben, der nie ver­gisst und nie ver­gibt, und in des­sen bös­ar­ti­gem Hirn im­mer neue Schur­ke­rei­en er­son­nen wer­den, um sich an de­nen zu rä­chen, die sei­ne Plä­ne ver­ei­telt oder ihm zu nahe ge­tre­ten sind. Wenn man Ni­ko­laus Ro­koff einen Teu­fel nennt, so be­lei­digt man da­mit noch die Ma­je­stät des Sa­t­ans.

      Am Abend, als Tar­zan sei­ne Ka­bi­ne be­trat, fand er ein zu­sam­men­ge­fal­te­tes Bil­lett auf dem Bo­den, das of­fen­bar un­ter der Tür her­ein­ge­scho­ben wor­den war. Er öff­ne­te es und las:

      Herr Tar­zan, Sie wa­ren sich zwei­fel­los der Schwe­re Ih­rer Be­lei­di­gung nicht be­wusst, sonst hät­ten Sie sich si­cher nicht zu Ih­rer heu­ti­gen Hand­lung hin­rei­ßen las­sen. Ich will an­neh­men, dass Sie in Un­kennt­nis ge­han­delt ha­ben und nicht die Ab­sicht hat­ten, einen Frem­den zu be­lei­di­gen. Aus die­sem Grun­de will ich Ih­nen ger­ne er­lau­ben, Ab­bit­te zu leis­ten, und wenn ich die Ver­si­che­rung er­hal­ten habe, dass Sie sich nicht mehr in frem­de An­ge­le­gen­hei­ten mi­schen wer­den, will ich die Sa­che ganz auf sich be­ru­hen las­sen.

      An­dern­falls – doch ich bin si­cher, dass Sie so klug sein wer­den, den an­ge­deu­te­ten Weg ein­zu­schla­gen.

      Hochach­tungs­voll

      Ni­ko­laus Ro­koff.

      Ei­nen Au­gen­blick spiel­te ein grim­mi­ges Lä­cheln um Tar­zans Lip­pen, aber dann dach­te er nicht wei­ter dar­an und ging zu Bett.

      In ei­ner na­he­lie­gen­den Ka­bi­ne sprach die Grä­fin de Cou­de mit ih­rem Gat­ten.

      Wa­rum so ernst, mein lie­ber Raoul? Du bist den gan­zen Abend so ver­drieß­lich ge­we­sen? Was macht dir Sor­gen?

      Olga, Ni­ko­laus ist an Bord un­se­res Schif­fes. Wuss­test du es?

      Ni­ko­laus! rief sie aus. Das ist un­mög­lich, Raoul. Das kann nicht sein! Ni­ko­laus ist in Deutsch­land ver­haf­tet. Das glaub­te ich auch, bis ich ihn heu­te sah, ihn und den an­de­ren Erz­gau­ner, Paw­lo­wi­tsch. Olga, ich kann die­se Ver­fol­gung nicht län­ger er­tra­gen. Nein, selbst nicht um dei­net­wil­len. Frü­her oder spä­ter wer­de ich ihn den Be­hör­den aus­lie­fern. Ich habe mich in der Tat so halb und halb ent­schlos­sen, dem Ka­pi­tän al­les zu er­klä­ren, ehe wir lan­den. Auf ei­nem fran­zö­si­schen Damp­fer wäre es leicht, uns die­sen Ver­fol­ger dau­ernd vom Hal­se zu schaf­fen.

      O nein, Raoul! rief die Grä­fin, in­dem sie vor ihm nie­der­knie­te, da er mit ge­senk­tem Kopf auf ei­nem Di­wan saß. Tu das nicht! Den­ke an das Ver­spre­chen, das du mir ge­ge­ben hast. Sage mir, Raoul, dass du das nicht tun willst. Dro­he ihm nicht ein­mal.

      De Cou­de nahm die Hän­de sei­ner Frau in die sei­nen und be­trach­te­te ihre blei­chen, ver­wirr­ten Züge eine Wei­le, ehe er sprach, als ob er aus die­sen schö­nen Au­gen den wirk­li­chen Grund er­ra­ten woll­te, der sie be­stimm­te, die­sen Mann zu schüt­zen.

      Es soll ge­sche­hen, wie du wün­schest, Olga, sag­te er end­lich. Ich kann es nicht ver­ste­hen. Er hat je­den An­spruch auf dei­ne Lie­be, An­häng­lich­keit oder Ach­tung ver­wirkt. Er ist eine Ge­fahr für dein Le­ben und dei­ne Ehre und für das Le­ben und die Ehre dei­nes Man­nes. Mö­gest du es nie be­reu­en, ihn ver­tei­digt zu ha­ben.

      Ich ver­tei­di­ge ihn nicht, Raoul, un­ter­brach sie ihn hef­tig. Ich glau­be, dass ich ihn eben­so­sehr has­se wie du, aber – o Raoul, Blut