Edgar Rice Burroughs

Tarzan – Band 2 – Tarzans Rückkehr


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nahm sei­ne vo­ri­ge Stel­lung wie­der ein und be­merk­te nun, dass sie auf­ge­stan­den war und das Deck ver­ließ.

      Als sie vor­bei­ging, wand­te er sich um, um ihr nach­zu­se­hen, weil er hoff­te, einen An­halts­punkt zur Fest­stel­lung ih­rer Per­sön­lich­keit zu ent­de­cken.

      Er wur­de nicht ganz ent­täuscht, denn beim Wei­ter­ge­hen er­hob sie eine Hand ge­gen die schwar­ze Haar­fül­le ih­res Na­ckens – die ei­gen­tüm­li­che Be­we­gung, die die Frau­en ma­chen, wenn sie ver­mu­ten, dass sie von hin­ten be­ob­ach­tet wer­den – und da­bei er­kann­te Tar­zan an ei­nem Fin­ger ih­rer Hand den kunst­voll ge­ar­bei­te­ten Ring, den er kurz vor­her an dem Fin­ger der ver­schlei­er­ten Dame be­merkt hat­te.

      Es war also die­se schö­ne jun­ge Frau, die Ro­koff ver­folg­te. Tar­zan hät­te gern ge­wusst, wer sie war und in wel­chem Ver­hält­nis ein so lieb­li­ches Ge­schöpf zu dem ro­hen, bär­ti­gen Rus­sen stand.

      Am Abend schlen­der­te er nach der Abend­mahl­zeit nach vorn und un­ter­hielt sich bis nach Ein­tritt der Dun­kel­heit mit dem zwei­ten Of­fi­zier. Als die­ser durch die Pf­licht an­der­wei­tig in An­spruch ge­nom­men wur­de, lehn­te Tar­zan sich trä­ge an die Re­ling und sah dem Spiel des Mond­lich­tes auf den sanft da­hin­rol­len­den Wel­len zu. Er war halb durch einen Kran ver­deckt, so­dass die zwei Män­ner, die sich nä­her­ten, ihn nicht sa­hen. Wäh­rend sie vor­über­gin­gen, fing Tar­zan ge­nug von ih­rem Ge­spräch auf, um sich ver­an­lasst zu se­hen, ih­nen zu fol­gen. Er woll­te er­fah­ren, wel­che Teu­fe­lei sie aus­span­nen. Er hat­te die Stim­me Ro­koffs er­kannt und ge­se­hen, dass Paw­lo­wi­tsch sein Beglei­ter war.

      Es wa­ren nur we­nig Wor­te, die Tar­zan auf­fan­gen konn­te: … Und wenn sie schreit, so wür­de sie, bis – das Wei­te­re hat­te er nicht mehr ver­stan­den, aber das Ge­hör­te ge­nüg­te, um den Aben­teu­er­geist wie­der in ihm zu be­le­ben, und so be­hielt er die bei­den Män­ner im Auge, als sie jetzt rasch weiter­schrit­ten. Er folg­te ih­nen bis zum Rauch­zim­mer, aber sie blie­ben am Ein­gang ste­hen, of­fen­bar lang ge­nug, um sich zu über­zeu­gen, ob je­mand, des­sen Auf­ent­halt sie fest­zu­stel­len wünsch­ten, da­bei sei.

      Dann gin­gen sie so­fort aufs Pro­me­na­den­deck zu den Ka­bi­nen ers­ter Klas­se. Hier muss­te Tar­zan bes­ser auf­pas­sen, um nicht ent­deckt zu wer­den, und das ge­lang ihm auch. Als die bei­den Män­ner vor ei­ner der po­lier­ten Hart­holz­tü­ren ste­hen blie­ben, schlich er sich in den Schat­ten ei­nes Gan­ges, kaum zwölf Schrit­te von ih­nen ent­fernt.

      Auf ihr Klop­fen frag­te eine weib­li­che Stim­me auf fran­zö­sisch: Wer ist da?

      Ich bin es, Olga – Ni­ko­laus! war die Ant­wort in Ro­koffs be­kann­tem Kehl­laut. Darf ich hin­ein­kom­men?

      Wa­rum hörst du nicht auf, mich zu ver­fol­gen, Ni­ko­laus? kam die Stim­me durch die dün­ne Tür. Ich habe dir nie et­was zu­lei­de ge­tan.

      Komm, komm, Olga, dräng­te der Mann in ver­söhn­li­chem Tone. Ich will nur ei­ni­ge Wor­te mit dir spre­chen. Ich tue dir nichts und will nicht in dei­ne Ka­bi­ne tre­ten, aber ich kann mei­ne Bot­schaft nicht durch die Tür ru­fen.

      Tar­zan hör­te, wie die Sperr­klin­ke drin­nen knack­te. Er trat et­was aus sei­nem Ver­steck her­aus, um zu se­hen, was ge­schä­he, so­bald die Tür ge­öff­net war, denn er konn­te nur an die un­heil­vol­len Wor­te den­ken, die er ei­ni­ge Mi­nu­ten vor­her auf dem Deck ge­hört hat­te: … Und wenn sie schreit, so wür­de sie.

      Ro­koff stand ge­ra­de der Tür ge­gen­über. Paw­lo­wi­tsch hat­te sich flach an die ge­tä­fel­te Wand am Ende des Gan­ges ge­drückt. Die Tür wur­de ge­öff­net. Ro­koff trat halb in den Raum und stand mit dem Rücken ge­gen die Tür, wo­bei er im Flüs­ter­ton mit der Frau sprach, die Tar­zan nicht se­hen konn­te. Dann hör­te er die Stim­me der Dame, lei­se, doch laut ge­nug, um ihre Wor­te zu un­ter­schei­den. Nein, Ni­ko­laus, sag­te sie, es ist nutz­los. Dro­he so viel du willst, ich wer­de nie­mals in dei­ne For­de­rung ein­wil­li­gen. Bit­te, ver­lass das Zim­mer; du hast kein Recht hier. Du hast ver­spro­chen, nicht her­ein­zu­kom­men.

      Gut, Olga, ich wer­de nicht ein­tre­ten, aber ehe ich mit dir fer­tig bin, muss ich dir sa­gen, dass du noch tau­send­mal wün­schen wirst, mir den Ge­fal­len, um den ich dich bit­te, so­fort er­wie­sen zu ha­ben. Am Ende wer­de ich doch ge­win­nen, und so könn­test du mir Mühe und Zeit spa­ren und Schan­de dir und dei­nem —

      Nie­mals, Ni­ko­laus! un­ter­brach ihn die weib­li­che Stim­me, und dann sah Tar­zan Ro­koff sich um­dre­hen und Paw­lo­wi­tsch ein Zei­chen ge­ben. Die­ser sprang schnell auf den Ein­gang der Ka­bi­ne zu und rann­te an Ro­koff vor­bei, der die Tür für ihn of­fen hielt. Dann trat letz­te­rer schnell her­aus. Die Tür fiel zu. Tar­zan hör­te das Knacken des Schlos­ses, als Paw­lo­wi­tsch drin­nen den Schlüs­sel um­dreh­te. Ro­koff blieb vor der Tür ste­hen; er beug­te den Kopf, wie wenn er die Wor­te er­ha­schen woll­te, die drin­nen ge­spro­chen wur­den. Ein häss­li­ches Lä­cheln um­spiel­te sei­ne bär­ti­gen Lip­pen.

      Tar­zan konn­te hö­ren, wie die Frau dem Ein­dring­ling be­fahl, ihre Ka­bi­ne zu ver­las­sen. Ich wer­de mei­nen Mann ru­fen las­sen, schrie sie. Er wird kein Er­bar­men mit Ih­nen ha­ben. Paw­lo­wi­tschs höh­ni­sches La­chen drang durch die Tür.

      Der Pro­vi­ant­meis­ter wird ih­ren Gat­ten ho­len, Ma­da­me, sag­te der Mann. Die­ser Of­fi­zier ist in der Tat schon be­nach­rich­tigt, dass Sie noch einen an­de­ren Mann als Ihren Gat­ten hin­ter der ver­schlos­se­nen Tür Ih­rer Ka­bi­ne emp­fan­gen.

      Pah! rief die Frau. Mein Mann wird schon wis­sen, was er da­von zu hal­ten hat.

      Si­cher weiß er es, nicht aber der Of­fi­zier und auch nicht die Jour­na­lis­ten, die auf ir­gend­ei­ne ge­heim­nis­vol­le Wei­se bei der Lan­dung da­von hö­ren wer­den. Aber sie wer­den fin­den, dass es eine fei­ne Ge­schich­te für die Zei­tun­gen ist, und dies wer­den auch alle Ihre Freun­de den­ken, wenn sie sie am – heu­te ist Diens­tag, also am nächs­ten Frei­tag, zu ih­rem Früh­stück in den Blät­tern le­sen. Es wird dem In­ter­es­se an der Ge­schich­te auch kei­nen Ab­bruch tun, wenn die Le­ser er­fah­ren, dass der Mann, zu dem Ma­da­me Be­zie­hun­gen un­ter­hält, ein rus­si­scher Be­dien­ter ist, der Kam­mer­die­ner ih­res Bru­ders, um ganz ge­nau zu sein.

      Ale­xei Paw­lo­wi­tsch, ent­geg­ne­te die weib­li­che Stim­me kühl und furcht­los, Sie sind ein Feig­ling, und wenn ich Ih­nen einen ge­wis­sen Na­men ins Ohr flüs­te­re, so wer­den Sie Ihre For­de­run­gen und Dro­hun­gen ge­gen mich bes­ser über­le­gen. Dann wer­den Sie mei­ne Ka­bi­ne so­fort ver­las­sen, und ich will nicht hof­fen, dass Sie mich je­mals wie­der be­läs­ti­gen wer­den.

      Dann folg­te ein kur­z­es Schwei­gen, und Tar­zan schloss dar­aus, dass die Frau dem Schur­ken das an­ge­deu­te­te Wort ins Ohr flüs­ter­te.

      Das Schwei­gen dau­er­te nur einen Au­gen­blick, dann hör­te man einen Fluch aus dem Mun­de des Man­nes – das Schlür­fen von Trit­ten – den Schrei ei­ner Frau und dann war wie­der Stil­le.

      Der Schrei war kaum ver­hallt, als der Af­fen­mensch auch schon aus sei­nem Ver­steck her­vor­sprang. Ro­koff woll­te fort­lau­fen, aber Tar­zan fass­te ihn beim Kra­gen und schlepp­te ihn zu­rück. Kei­ner sprach ein Wort, aber bei­de fühl­ten in­stink­tiv, dass ein Mord in dem Rau­me ge­sche­hen wür­de, und Tar­zan war