Edgar Rice Burroughs

Tarzan – Band 2 – Tarzans Rückkehr


Скачать книгу

be­stä­ti­gen soll­te, wur­de er durch ihre Ant­wort in Er­stau­nen ver­setzt.

      Er lügt! rief sie in schril­lem Ton den Po­li­zis­ten zu. Er kam in mein Zim­mer, als ich al­lein war, und si­cher nicht in ei­ner gu­ten Ab­sicht. Als ich ihn zu­rück­wies, woll­te er mich tö­ten, und er hät­te es si­cher ge­tan, wenn nicht auf mei­ne Hil­fe­ru­fe die­se Her­ren, die eben vor­bei­gin­gen, her­bei­ge­eilt wä­ren. Er ist ein Teu­fel, mei­ne Her­ren; er al­lein hät­te bei­na­he zehn Mann ge­tö­tet.

      Tar­zan war über die Un­dank­bar­keit des Wei­bes so ver­blüfft, dass er im ers­ten Au­gen­blick nicht recht wuss­te, was er dazu sa­gen soll­te. Die Po­li­zis­ten glaub­ten der Frau auch nicht ohne wei­te­res, denn sie hat­ten schon al­ler­lei Er­fah­run­gen mit ihr und ih­ren Zu­häl­tern ge­macht. Aber sie wa­ren Po­li­zis­ten, nicht Rich­ter und so be­schlos­sen sie, alle Per­so­nen, die sich in dem Rau­me be­fan­den, in Haft zu neh­men und es den zu­stän­di­gen Rich­tern zu über­las­sen, die Un­schul­di­gen von den Schul­di­gen zu tren­nen.

      Sie soll­ten aber er­fah­ren, dass es zwei ver­schie­de­ne Din­ge wa­ren, die­sem wohl­ge­klei­de­ten jun­gen Man­ne zu sa­gen, er sei ver­haf­tet, und ihn auch wirk­lich fest­zu­neh­men.

      Ich habe nie­mand an­ge­grif­fen, sag­te er ru­hig, son­dern mich nur ver­tei­digt. Ich weiß nicht, wes­halb die Frau eine sol­che Aus­sa­ge ge­macht hat. Sie kann kei­ne Feind­schaft ge­gen mich ha­ben, denn be­vor ich auf ihre Hil­fe­ru­fe in die­ses Zim­mer trat, habe ich sie nie ge­se­hen.

      Kom­men Sie nur, sag­te ei­ner der Po­li­zis­ten, es ist Sa­che der Rich­ter, das al­les auf­zu­klä­ren.

      Als er nun auf ihn zu­schritt, um ihm die Hand auf die Schul­ter zu le­gen, lag er gleich dar­auf zu­sam­men­ge­krümmt in ei­ner Ecke des Zim­mers. Nun stürz­ten sei­ne Kol­le­gen auf den Af­fen­menschen los, aber auch sie be­ka­men eine Vor­stel­lung von der Art, mit der er vor­her die Apa­chen er­le­digt hat­te. Das ge­sch­ah so schnell und so si­cher, dass sie nicht ein­mal die Mög­lich­keit hat­ten, ihre Re­vol­ver zu zie­hen.

      Wäh­rend des kur­z­en Kamp­fes hat­te Tar­zan durch das of­fe­ne Fens­ter et­was wie einen Baum­stamm oder eine Te­le­gra­fen­stan­ge vor dem Hau­se er­blickt; was es ei­gent­lich war, konn­te er nicht un­ter­schei­den. Als der letz­te Po­li­zist zu Bo­den lag, ge­lang es ei­nem sei­ner Kol­le­gen end­lich, sei­nen Re­vol­ver zu zie­hen und auf Tar­zan zu feu­ern. Der Schuss ging aber fehl und be­vor der Po­li­zist ein zwei­tes­mal feu­ern konn­te, hat­te Tar­zan die Lam­pe vom Ka­min her­un­ter­ge­wor­fen, so­dass das Zim­mer völ­lig in Dun­kel­heit gehüllt war.

      Das ein­zi­ge, was die Po­li­zis­ten noch un­ter­schei­den konn­ten, war eine ge­schmei­di­ge Ge­stalt, die wie ein Pan­ther durch das of­fe­ne Fens­ter auf die Te­le­gra­fen­stan­ge loss­prang. Als die Po­li­zis­ten wie­der auf­ge­stan­den wa­ren und auf die Stra­ße hin­un­tereil­ten, war ihr Häft­ling nir­gends mehr zu se­hen.

      Der Schutz­mann, der un­ten auf der Stra­ße ge­blie­ben war, schwor, dass in der Zwi­schen­zeit kein Mensch zu ei­nem Fens­ter oder zur Tür her­aus­ge­kom­men sei. Sei­ne Kol­le­gen dach­ten zwar, er rede Un­sinn, aber sie konn­ten es ihm nicht be­wei­sen.

      Das Frau­en­zim­mer und die Män­ner, die nicht ge­flüch­tet wa­ren, be­han­del­ten sie nicht all­zu sanft, als sie die­se zur Po­li­zei­wa­che brach­ten. Es är­ger­te sie, be­rich­ten zu müs­sen, dass ein ein­zel­ner un­be­waff­ne­ter Mann sie alle zu Bo­den ge­streckt hat­te und dass er ih­nen so leicht ent­wischt war.

      Als Tar­zan sich an der Stan­ge vor dem Fens­ter fest­hielt, folg­te er sei­nem Dschun­gel­in­stinkt und sah sich nach den Fein­den um, be­vor er hin­un­ter­klet­ter­te. Und er tat wohl dar­an, denn un­ten stand ge­ra­de ein Po­li­zist. Aber oben war kei­ner, und so klet­ter­te er wei­ter hin­auf.

      Der Mast reich­te bis an das Dach des Hau­ses, und so war es für ihn, der jah­re­lang im Ur­wald her­um­ge­klet­tert war, das Werk ei­nes Au­gen­blicks, auf das Dach zu ge­lan­gen. Von ei­nem Dach ging er auf ein an­de­res, und so setz­te er sei­nen Weg über den Häu­sern fort, bis er an ei­ner Qu­er­stra­ße einen an­de­ren Mast ent­deck­te, an dem er sich her­un­ter­ließ.

      Eine Stre­cke ging er noch schnell. Dann ver­schwand er in ei­nem Nacht­café. Dort ging er in die Gar­de­ro­be, um an Hän­den und Klei­dung die Spu­ren sei­ner Wan­de­rung über die Dä­cher zu ent­fer­nen. Als er ei­ni­ge Mi­nu­ten spä­ter her­aus­kam, schlen­der­te er ge­müt­lich heim­wärts.

      Bald dar­auf kam er auf einen hel­ler­leuch­te­ten Bou­le­vard, den er über­schrei­ten muss­te. Als er eben un­ter ei­ner Bo­gen­lam­pe stand, um ein Auto vor­über­fah­ren zu las­sen, hör­te er eine sanf­te weib­li­che Stim­me sei­nen Na­men aus­spre­chen. Wie er auf­schau­te, blick­te er in die lä­cheln­den Au­gen der Grä­fin Olga de Cou­de, die sich aus ih­rer Li­mou­si­ne her­aus­neig­te. Er ver­beug­te sich tief, um auf den freund­li­chen Gruß zu ant­wor­ten, aber als er sich wie­der auf­rich­te­te, war das Auto schon wei­ter­ges­aust.

      Ro­koff und die Grä­fin de Cou­de am sel­ben Abend! sag­te er zu sich selbst. Pa­ris ist schließ­lich nicht so groß, wie ich ge­glaubt hat­te.

      Ihr Pa­ris ist ge­fähr­li­cher als mein wil­der Dschun­gel, Paul, schloss Tar­zan den Be­richt, den er am Mor­gen nach sei­nem Zu­sam­men­stoß mit den Apa­chen und der Po­li­zei in der Mau­le-Stra­ße sei­nem Freun­de er­stat­te­te. Wes­halb lots­ten sie mich dort­hin? Wa­ren sie hung­rig?

      D’Ar­not lach­te und frag­te ne­ckend: Nicht wahr, es ist schwer, sich über die Ver­hält­nis­se des Dschun­gels hin­weg­zu­set­zen und die ge­sit­te­te Le­bens­art bei Licht zu be­trach­ten?

      Das ist in der Tat eine ge­sit­te­te Art, spot­te­te Tar­zan. Im Dschun­gel kom­men kei­ne mut­wil­li­gen Scheuß­lich­kei­ten vor. Dort tö­ten wir, um Fleisch zu er­beu­ten, um uns zu ver­tei­di­gen, um ein Weib­chen zu er­obern oder die Jun­gen zu be­schüt­zen. Wie sie se­hen, im­mer in Über­ein­stim­mung mit den Vor­schrif­ten ir­gend­ei­nes großen Na­tur­ge­set­zes. Aber hier! Pfui, Ihr ge­sit­te­ter Mensch ist bru­ta­ler als die Tie­re. Er tö­tet nur mut­wil­li­ger­wei­se und noch schlim­mer als das, er nützt ein ed­les Ge­fühl aus – die Brü­der­lich­keit der Men­schen – als ein Lock­mit­tel, sein nichts­ah­nen­des Op­fer ins Ver­der­ben zu stür­zen. Um ei­nem mensch­li­chen Hil­fe­ruf zu fol­gen, eil­te ich in das Zim­mer hin­auf, wo die Mör­der auf mich lau­er­ten.

      Ich dach­te na­tür­lich nicht, und konn­te noch lan­ge nach­her nicht ver­ste­hen, dass ir­gend­ei­ne Frau mo­ra­lisch so tief sin­ken könn­te, wie jene, die einen Mann, der sie ret­ten woll­te, ins Ver­der­ben lock­te. Aber es muss so ge­we­sen sein, denn die An­we­sen­heit Ro­koffs und die Be­schul­di­gung, die das Weib ge­gen mich er­hob, las­sen sich nicht an­ders er­klä­ren. Ro­koff muss­te ge­wusst ha­ben, dass ich öf­ter durch die Mau­le-Stra­ße ging. Er lau­er­te mir auf. Sein gan­zer Plan war sorg­fäl­tig aus­ge­ar­bei­tet bis zur letz­ten Ein­zel­heit, so­gar bis zu der Aus­sa­ge des Wei­bes für den Fall ei­nes Hin­der­nis­ses, wie es ja tat­säch­lich ein­trat. Das ist mir al­les ganz klar.

      Ja­wohl, sag­te d’Ar­not, aber es zeigt Ih­nen auch, wie sehr ich recht hat­te, Ih­nen zu sa­gen,