Nataly von Eschstruth

Im Spukschloss Monbijou


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nach Ehre desto mehr. Wenn ein Mann mir garantiert, mich zu einer weltberühmten Frau zu machen, so könnte ich mich vielleicht in ihn verlieben — vielleicht!‘

      Das klang alles so wunderlich.

      ‚Sie sind auf der Reise, gnädiges Fräulein?‘

      ‚Ja, ich wohne in Bristol, bin auf der Fahrt nach England und will von dort zu Verwandten nach Amerika.‘

      Sie sah so spöttisch dabei aus, als mokiere sie sich über mein neugieriges Interesse.

      ‚Die Bilder müssen bis Freitag fertig sein, ich muss sie noch etlichen Bekannten hier in Deutschland zurücklassen.‘

      ‚Fürchten Sie sich nicht vor der weiten Reise über das Meer?‘ fragte ich noch, warum wusste ich eigentlich selber nicht.

      Da richtete sie sich in dem schwarzen Schleier hoch auf und ihr Blick sah an mir vorüber ins Leere.

      „Nein! Sie meinen, das Schiff könne untergehen? Das ist ja vollkommen gleichgültig. Das Leben hat keinen Wert für mich, denn ich weiss, dass es nach dem Tode erst für mich beginnen wird.“

      „Wie verrückt!“ fuhr Sigurd ganz empört auf.

      „Nicht wahr? Das fand ich damals auch, Her Leutnant. Na, es muss auch solche Käuze geben.“

      „Und was sagte sie zu der Aufnahme, die ihre Worte beinahe illustrierten?“

      Günther zuckte die Achseln.

      „Nichts. Ich teilte ihr telephonisch in das Hotel mit, dass die Aufnahme verunglückt sei, ein Probebild stehe zu Diensten. Ob nicht sogleich eine andere Aufnahme gemacht werden solle.“

      „Sie dankte. Es sei keine Zeit mehr.“

      „Und damit entschwand sie und ward nicht mehr gesehen?“

      Herr Günther sah aus, als ob ihn etwas sehr Widerwärtiges würge.

      „Denken Sie doch, wie seltsam, Herr Leutant, die Dame ist mit der Titanic — Sie entsinnen sich des grossen Schiffsunglücks — untergegangen!“

      Sigurd zuckte unmerklich zusammen.

      „Donnerwetter!“ Dann sah er abermals nach dem Bild herüber, welches Günther noch in seiner Hand hielt. „Also das Bild hat im wahren Sinne des Wortes ... vorgespukt!“

      Die Schelle an der Entreetür rasselte, mit lautem Lachen und Scherzen flutete eine Schar Damen und Herren in das Atelier.

      Savaburg kannte sie.

      Tänzer einer Rokokoquadrille von dem Polterabend der Gräfin Bork.

      Fröhliche Begrüssung, die Stimmen schwirren durcheinander, von allen Ecken und Enden stürmt man auf den sowieso schon sehr zerstreuten Photographen ein.

      Sigurd bittet um seine Bilder, und Günther tastet verwirrt hin und her, packt sie eilig zusammen und händigt sie dem Offizier ein.

      Savaburg versenkt sie in die Tasche seines Paletots, wechselt noch ein paar heitere Worte mit den kostümierten Herrschaften und empfiehlt sich, um durch den Park seinen Heimweg anzutreten.

      „Für mich beginnt erst das Leben nach dem Tode!“ Welch ein unfassliches Wort in dem Mund eines schönen, jungen Weibes, vor dem die weite Welt offen lag.

      Er muss wieder daran denken, an dieses gespenstisch schöne Angesicht mit der brennenden Sehnsucht nach dem Glück im Auge.

      Ja, nach dem Glück.

      Es hat nur für jeden Menschen andere Formen und Gestalt.

      Für Samiela verkörperte es die Ehre! Aber der Mann, der ihr huldigend eine Welt zu Füssen legt, den liebt sie auch.

      Auf ihre Art.

      Ob es auch das Glück dieses Mannes ist?

      Als Sigurd in seiner behaglichen, kleinen Junggesellenwohnung ankam, gab es erst noch ein paar dienstliche Schriftlichkeiten zu erledigen, dann wollte er dem „seligen Oberst“ sein neuestes Bild als Ersatz schicken und dann noch ein paar Stunden schlafen bis zu dem grossen Neujahrsdiner, das auch seine Ansprüche an Nerven und Trunkfeuchtfröhlichkeit stellt.

      Er zog das Paketchen mit den soeben abgeholten Bildern hervor, legte Bogen und Briefumschlag zurecht und überlegte, was er nun eigentlich seinem verflossenen Tyrannen noch an Gutem und Schönem zum Jahreswechsel wünschen solle.

      Die Photographien fallen auseinander, und da ... alle Wetter ... was ist das?

      Hier starren ihn die unheimlich schönen Spukaugen der ertrunkenen Samiela an!

      Was willst du hier, bleiches Weib? —

      Aus dem schwarzen Schleier rieselt es feucht herab, und Perlentropfen glänzen am Saum ihres Gewandes, wenn sie dem Wellengrab entsteigt und nach dem Manne sucht, welchen sie um der Ehre willen einzig lieben kann!

      Wie sie ihn ansieht!

      So blickt kein Menschenauge, — schon jetzt auf dem Papier, bei ihrem Leibesleben nicht!

      Herr Günther hat in seiner konfusen Freude, verwirrt durch die vielen neuen Kunden, die „Ahnfrau“ mit unter die Bilder eines der lebenslustigsten und flottsten Husarenleutnants gepackt.

      „Erschein’, o weiss-schwarze Dame!

      Sag’ an, wie ist dein Name?“ —

      Er singt es leise vor sich hin und lächelt dabei, aber ohne den fein spottenden, geistreichen Humor, welcher ihm sonst eigen!

      Jetzt kann er erst in Ruhe ihre einzelnen Züge aus den „Schatten des Todes“ enträtseln!

      Schön, fraglos sehr schön.

      Es liegt etwas Faszinierendes in den leicht geöffneten Lippen, in dem sengenden Blick, als wolle sie auch lachen, — laut, hart, erbarmungslos? —

      Nein! — So nicht.

      Mit gläserner Stimme, wie aus einer andern Welt herüber?

      Nein, auch nicht.

      Leise, flüsternd, sinnverwirrend und berückend, wie die weisse Dame einen George Brown anlächelt.

      Und doch schauert es ihn dabei durch Mark und Bein.

      So küsst, so lächelt, so wirbt kein irdisch Weib, sondern eine Dämonin.

      Könnte er diese hier als Madonna malen, wie das süsse, lichtblonde Köpfchen der kleinen Amarant mit dem heilig keuschen Ernst zärtlichster Innigkeit?

      Niemals.

      Eine Maria Magdalena, — aber auch nur als Teufelin, nicht als Büsserin.

      Was soll er mit dem Bild anfangen?

      Es taugt nicht, so lange in gebrochene Augen zu schauen.

      Günther legt keinen sonderlichen Wert auf den Abzug.

      Sicherlich würde er das Bild in das Feuer werfen, wenn er es ihm jetzt zurückschickte!

      Ihres Namens entsinnt er sich nicht einmal mehr, ausser dem ungewöhnlichen Vornamen, welchen sie selber notiert.

      Keiner kennt sie mehr.

      Sie wollte in die neue Welt, nach Amerika, auswandern, — wohin daselbst?

      Wer weiss es?

      Sigurd blickt noch einmal auf das Bild nieder, das Auge des Malers entscheidet. Er legt das unheimliche Porträt zu seinen Malskizzen in die Mappe und wiederholt noch einmal in Gedanken: Wer ist es?

      An der Stubentür klopft es.

      Ein Säbel rasselt und Bill von Unterlüss steht auf der Schwelle.

      „Störe ich, Savaburg?“

      Der Adjutant sieht flüchtig auf die Uhr. „Wenn du mir ein paar Augenblicke Zeit lässt, Bill, diese Photo an den Oberst einzupacken, so kannst du während der nächsten Stunden über mich verfügen!“

      Er