Nach einem 1980 veröffentlichten Entwurf wurde 1981 die IEC 720 verbindlich [282].
1.1.2. Freileitungs-Stützer
Bei Freileitungs-Stützern wird der Isolierkörper heute als
* Einstoff-System (Vollkem) oder
* Mehrstoff-System (Verbund) ausgefuhrt.
Die nach dem Einstoff-System aufgebauten Vollkern-Freileitungs-Stützer besitzen einen Isolierkörper, der aus
* Keramik (Porzellan, Steatit) oder
* Gießharz-Formstoffen (meist Epoxidharz, dessen Eigenschaften über den Gehalt an Füllstoffen eingestellt werden) bestehen kann. Charakteristisch für diesen Isolator ist, dass seine mechanischen und elektrischen Funktionen nur von einem Werkstoff übernommen werden.
Isolierkörper für Verbund-Freileitungs-Stützer, sind als Mehrstoff-Systeme aufgebaut und bestehen aus mindestens 2 Werkstoffkomponenten, die eine Aufteilung zwischen mechanischen und elektrischen Funktionen aufweisen. Die klassische Ausführung des Isolierkörpers eines Verbund-Isolators ist
* der faserverstärkte Harzkem (Glasfasern, die mit einer Polymermatrix verbunden sind) und
* ein darüber angebrachter polymerer Mantel (Umhüllung mit Schirmen).
1.1.2.1. Vollkern-Freileitungs-Stützer
Um die teilweise aufgetretenen elektrischen Probleme mit den durchschlagbaren Stützen-Isolatoren zu beseitigen, entwickelte die AEG 1924 einen durchschlagsicheren Massiv-Stütz-Isolator aus Porzellan mit einer kappenartigen Fußarmatur (Bild 160). Dieser Isolator ist der 1. bekanntgewordene deutsche Vollkern-Freileitungs-Stützer.
Bild 160: AEG-Vollkern-Freileitungs-Stützer (1924)
Er war allerdings auf Grund der Konstruktion der Fußarmatur nur für geringe seitliche Zugbelastungen geeignet und wurde deshalb auch nur für Tragmaste eingesetzt.
Becker entwickelte 1936 auf der Basis des durchschlagsicheren Vollkern-Freileitungs-Isolators Freileitungs-Stützer, bei denen der Durchschlagweg durch das Porzellan etwa gleich dem Überschlagweg außen um den Isolator herum war.
Hescho Hermsdorf bietet 1941 eine Serie von neuartigen Freileitungs-Stützern aus Porzellan in 6 Größen für Nennspannungen von 10 kV bis 35 kV an (Bild 161). Die Befestigung dieser Isolatoren am Mast erforderte gegenüber der der Stützen-Isolatoren weniger Aufwand: Es mußte dazu lediglich 1 Bolzen in die Fußarmatur eingeschraubt werden.
Bild 161: Hescho-Freileitungs-Stützer (1941)
Als Hauptmerkmale dieses Hescho-Freileitungs-Stützers wurden damals genannt: * vollwandige Ausführung (Vollkern),
* kräftige Schirme,
* großer Kriechweg,
* hohe Überschlagsicherheit und
* steinwurfsicher.
Die Freileitungs-Stützer besaßen eine ähnliche Kopfausführung mit Hals- und Kopfrille wie die Stützen-Isolatoren. Deshalb konnten für die Leiterseilbefestigung am Isolator die gleichen, vom Stützen-Isolator her bekannten Methoden bzw. Armaturen, wie Drahtbunde, Seilbügel- und Massivbügelbunde, Hakenbunde, Kopf- und Halsbundspiralen usw. übernommen werden.
Bewährte Verfahren solcher Leiterseilbefestigungen zeigen die Bilder 162 und 163.
Bild 162: Kopfbund mit Wickelband
Bild 163: Kopfbund mit Schutzspirale
Obwohl die Hescho-Freileitungs-Stützer seit Jahrzehnten bekannt waren, wurden sie im Freileitungsbau wenig angewandt. Die Vorteile gegenüber den Stützen-Isolatoren, wie
* Aufnahme höherer Umbruchkräfte,
* hohe Widerstandsfähigkeit gegen Lichtbogeneinwirkungen und
* völlig durchschlagsicher,
wurden nur wenig genutzt, obwohl eine ständige Weiterentwicklung dieser Isolatoren erfolgte. Dabei wurden auch die Fußarmaturen verbessert, um günstigere Befestigungsmöglichkeiten der Freileitungs-Stützer am Mast zu schaffen. Neben
* der außen auf dem Isolierkörper aufgekitteten Kappe mit Keilbolzen-Befestigung (Bild 164 und 165), wurde
* die innen im Isolierkörper eingekittete Plattenstütze mit zylindrischem oder konischem Schaft (Bild 166 und 167) eingefuhrt.
Bild 164: Keilbolzen
Bild 165: Keilbolzenbefestigung am Freileitungs-Stützer
Bild 166: Plattenstützen
Bild 167: Freileitungs-Stützer mit Plattenstütze
Die Ausführungen der Plattenstützen wurden später genormt in
DIN 48 046-1/07.90 und DIN 48 046-2/07.90.
Um die Austauschbarkeit aller Typen von Plattenstützen-Isolatoren unabhängig von ihrer Ausfuhrungsform zu sichern, wurden die Anschlußmaße des Stützenloches für diese Isolatoren in DIN 48 139/7.82 genormt (Bild 168). Der Stützenloch-Ausguß besteht dabei aus Blei-Antimon-Legierung und besitzt Rundgewinde nach DIN 405 Teil 1.
Bild 168: Plattenstützen-Freileitungs-Stützer, Anschlußmaße nach DIN 48 139
1947 brachte Ohio Brass (USA) eine Serie von Freileitungs-Stützern, die auf den Grundlagen der früheren Hescho-Konstruktionen aufbauten, auf den Markt (Bild 169),
Bild 169: Freileitungs-Stützer von Ohio Brass (1947)
Parallel dazu und im gleichen Jahr bietet diese Finna auch Freileitungs-Stützer für höhere Spannungen an, mit der von den Stützen-Isolatoren her bekannten Kopfklemme für das Leiterseil (Tragklemme siehe Bild 112). Diese Isolatoren besaßen eine spezielle Hohlkonstruktion (Bild 170).
Bild 170: Freileitungs-Hohl-Stützer (Ohio Brass, 1947)
A = Keramik-Sperre B = Isolierkörper C = Anglasierung D = kleine Bohrung E = Korkpfropfen F = Bitumen-Dichtungsmasse
Der Hohlraum im Isolierkörper war mit Edelgas gefüllt.