mit ihm und dem Personal jetzt? Kann er sich mit ihnen stellen?“ warf die in alles eingeweihte Frau des Hauses hin. Sie sah überhaupt weiter als die meisten, nahm die Dinge niemals, wie sie erschienen, sondern wie sie sich ihr durch ihr kluges Nachdenken darstellten.
„Er thut, als ob er Unwillfährigkeit und Gegnerschaft gar nicht bemerkt. Es gehört eben auch zu seinen hervorragenden Eigenschaften, daß er sich zu beherrschen, zu verstecken weiß —“
„Verstecken!“ sagst du, Friedrich! Der Ausdruck stimmt mit der Warnung, die dir bei seinem ersten Besuch wurde!“
Nun meldete sich bei Frau Fanny doch wieder die Frau. Wenn Mütter sehen, daß Männer, auf die sie für ihre Töchter rechnen, diese nicht bevorzugen, haben sie stets eine starke Neigung, ihnen etwas am Zeuge zu flicken. Sie bauen sich dadurch Brücken, um ihrer Enttäuschung besser Herr zu werden.
Die beiden jungen Mädchen waren nur Zuhörende, sie äußerten sich nicht. Sie versteckten sich ebenfalls. Beide hatte eine stille, aber leidenschaftliche Liebe für Klamm erfaßt. Grete schwieg darüber, weil sie zu stolz war, davon zu reden, und Ileisa hütete sich zufolge ihrer Stellung, für Klamm irgendwelches Interesse an den Tag zu legen. Sie hatte genügend beobachtet, wie sehr Frau Knoop enttäuscht war, daß Klamm für Margarete verloren schien.
„Weißt du, was mir auffällig ist,“ äußerte kurz darauf die Frau des
Hauses.
„Hm?“ warf Herr Knoop, der eben nach der Abendzeitung der Täglichen
Nachrichten gegriffen hatte, zerstreut hin.
„Ja nun! Daß Klamm nie von seiner Braut spricht, daß er sie noch immer nicht vorgestellt hat. Sie muß entweder ein Bild der Häßlichkeit sein, oder es muß sonst etwas vorliegen, was nicht ganz richtig ist. Sonst kann ich mir sein Verhalten absolut nicht erklären.“
„I was,“ fiel Herr Knoop, gleich stark betonend ein. „Er hat ja wiederholt erklärt, daß sie schwer erkrankt sei, daß darin der Grund zu suchen wäre, daß er sie uns bisher noch nicht habe zuführen können.“
„Ich bat ihn aber schon wiederholt, einmal ihr Bild mitzubringen,“ bestätigte Margarete, die nun auch hervortrat.
„Niemals hat er Wort gehalten. — Nicht wahr, Ileisa?“ fügte sie hinzu und wandte sich zu der eifrig über ihre Arbeit gebückten Hausgenossin. „Du warst dabei!“
Die beiden jungen Mädchen, die sich vortrefflich verbanden, ja, ganz in einander aufgingen, duzten sich schon seit längerer Zeit und besprachen — mit Ausnahme ihrer geheimen Liebe — alles miteinander, was sie irgend anging.
Ileisa betätigte nur mit leichtem Kopfneigen, aber weil ihre Gedanken und Sinne durch dieses Gespräch schon stark angeregt worden waren, wußte sie den Ausdruck einer starken Befangenheit äußerlich nur sehr schwer zu unterdrücken. Sie ließ deshalb die Stickerei, an der sie arbeitete, wie zufällig aus ihrer Hand fallen, bückte sich danach, und wußte dadurch den Anwesenden ihre Gesichtszüge bis zur Wiederbeherrschung ihres Innern zu entziehen.
„Ich bin begierig, ob Klamms Braut unsere Einladung nicht auch selbst
beantworten wird. Ich gab Herrn von Klamm auf seinen Wunsch die
Einladungskarte. Wir wissen ja noch nicht einmal, wie sie mit Vor- und
Zunamen heißt. Danach will ich ihn doch bei erster Gelegenheit fragen.“
Das Gespräch empfing eine Unterbrechung, weil Adolf eintrat und Herrn
Knoop ein Schreiben überreichte.
Schon während er es entgegennahm, verfinsterten sich die Züge des Chefs des Hausen in einer Art, daß Frau Fanny, die bei Briefen stets ängstlich die Mienen ihres Mannes beobachtete, gleich besorgt das Wort nahm.
„Etwas Unangenehmes, Friedrich?“ fragte sie.
„Ah — ah!“ stieß der Mann heraus und knirschte mit den Zähnen. „Wieder von Theodor! Immer Theodor!“ Aber als er dann gar die Zuschrift gelesen hatte, zitterten seine Hände vor Erregung.
„Ach — die ewige, unglückliche Plage,“ seufzte Frau Fanny, ohne auf
Ileisas Anwesenheit Rücksicht zu nehmen. „Was hat er denn nun abermals?
Hast du ihm nicht erst neulich wieder Geld gesandt?“
Knoop verneinte erst stumm. Dann sagte er:
„Ich habe ihm auf seine drei letzten Briefe gar nicht geantwortet. Thäte ich es, würde ich ja noch weniger Ruhe haben. Freilich, jetzt geht er bis an die äußerste Grenze. Nun — nun — droht er! Wahrhaftig! Wäre er nicht mein — mein — Bruder, so würde ich ihn auf Grund dieser Zeilen der Staatsanwaltschaft überliefern.“
„Lies vor, Friedrich! Wir haben ja vor Ileisa keine Geheimnisse. Wir wissen, daß sie das, was sie für sich zu behalten hat, sicher in sich verschließt!“
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