Paul Rießler

Diverse apokryphe Schriften, Band 2


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war, als ob sie fest gefesselt wären.

      235

      Es ward vom Himmel her ein Strahlenglanz

      gleich großem Feuer sichtbar.

      236

      Vermutlich war jetzt Gott mit seiner Hilfe ihnen gegenwärtig.

      237

      Als sie schon auf des Meeres anderm Ufer waren,

      238

      da wälzte eine große Woge sich heran und kam uns näher.

      239

      Dies sah ein Mann und schrie:

      240

      „Laßt vor des Höchsten Hand uns fliehen!

      241

      Denn diesen ist er Helfer;

      doch uns Erbärmlichen bereitet er den Tod.“

      242

      Und also ward des Roten Meeres Furt geschlossen

      und so das Heer durch ihn vernichtet.

      [Über die Palmen und die zwölf Quellen mit Moses also redend wird

      eingeführt]

       Ein Kundschafter:

      243

      Merk auf, verehrter Moses,

      welch guten Platz wir fanden

      244

      in jenem milddurchwehten Tal!

      245

      Denn du auch schaust vielleicht es selber dort.

      246

      Deshalb umleuchtete ihn auch ein Strahlenglanz,

      247

      wie zu der Freude Zeichen hoch die Feuersäule.

      248

      Wir fanden dort ein schattenreiches Tal

      249

      mit Wasserquellen, eine köstlich tiefe Stätte.

      250

      Zwölf Quellen sprudeln frisch aus einem Fels hervor

      251

      und viele Palmen, früchtereich und festen Stammes,

      252

      an siebzig, stehen dort

      253

      und üppig Kraut entsprießt im Überfluß,

      zum Futter unserm Viehe dienend.

      [Alsdann über einen Vogel]

      254

      Wir sahen fernerhin ein andres Tier,

      255

      noch nicht bekannt, anstaunenswert,

      wie man’s noch nirgends sah.

      256

      Denn doppelt faßte er des Adlers Länge wohl,

      257

      mit buntgefärbten Fittichen.

      258

      Mit Farbenspiel erschien der ganze Leib versehen.

      259

      Die Brust erglänzte purpurfarbig;

      260

      die Beine waren rötelgleich

      261

      und in dem Nacken war er schön

      mit safranreichgetränktem Wollenhaar geziert.

      262

      Am Kopfe glich er fast dem zahmen Haushahn.

      263

      Mit gelben Augensternen schaute er umher.

      264

      Wie Scharlachbeere schien der Augenstern im Kreis.

      265

      Ertönen ließ er auch den herrlichsten Gesang

      266

      und aller Vögel König schien schon er zu sein.

      267

      Denn Schrecken flößt er jeglichem Gefieder ein,

      268

      das hinter ihm im wirren Fluge schwirrend flog,

      269

      doch er voran, wie jener stolze Stier,

      270

      der schnellen Gangs einherschreitet.

      [Fragment von Kains Brudermord]

      271

      O Schlange, alles Lasters Anfang wie auch Ende!

      272

      Du, Irrtum, der der Fehler großen Schatz erzeugt,

      273

      der blinden Unerfahrenheit Geleiter,

      274

      du Freund von Tränen und von Seufzern bei den Menschen!

      275

      Ihr habt dem Kain zum unerlaubten Stolz der Gleichgeborenen

      276

      die Rechte mit dem Bruderhasse schwer bewaffnet.

      277

      So ließet ihr den Kain mit Mordblut seinen Zorn verzeichnen

      278

      und aus des reinen Daseins Ewigkeit

      279

      ihn in den Staub der erstgeschaffenen Erde stürzen.

      280

      Ihr habt’s vollbracht

      Erläuterungen

      Ezechiel, „der Dichter der jüdischen Tragödien“ in jambischen Trimetern abgefaßt, (Clemens Alex. Strom. I 23, 155[WS 1]), war sicher ein Jude, wie schon aus seinem Namen hervorgeht. Er lebte wohl im ersten vorchristlichen Jahrhundert. Nur eines seiner Dramen, „Der Auszug“ der Juden aus Ägypten, ist in größern Bruchstücken erhalten. Die Handlung schließt sich darin ziemlich genau an den Wortlaut der biblischen Erzählung an; doch fehlt es nicht an mancherlei Ausschmückungen. Der Verf. wollte mit seinen Dramen wohl dem jüdischen Volke die biblischen Geschichten nahebringen und zugleich die heidnischen Theaterstücke verdrängen; vielleicht rechnete er auch auf heidnische Leser und Zuschauer (s. Euseb. Praep. ev. IX 28. Clem. Alex. Strom. I 23, 155 ff, Philippson, Ezechiel 1830).

      1 Moses befindet sich in Midian (Ex 2, 1 ff). Ein langer Monolog, worin Moses sein bisheriges Leben schildert. 59 Er sieht die sieben Töchter Raguels kommen. 60 Midian heißt hier merkwürdigerweise Libyen und wird von Äthiopen bewohnt. 96 Gott spricht unsichtbar aus dem Dornbusch. Deshalb erscheint er nicht selbst auf der Bühne; man hört nur seine Stimme. 153 Im Monat Nisan (März bis April). 175 Das Passahfest. 243 Der Bote war dem Zug der Israeliten vorausgeschickt. 244 Das Tal von Elim (Ex 15, 27, Num 33, 9). 254 Phönix.

      Die Fastenrolle

      Dies sind die Tage, wo man nicht fasten darf

      und wo die Trauer untersagt ist.