Venezuela. Jonas, Monique und ich verkleiden uns als Piraten, um uns zu tarnen.
28.10.
Glücklicherweise ist Jonas da, um mir zu helfen. Seit mehreren Tagen arbeiten wir ununterbrochen. 15 Stunden täglich, bei 40 °C, wir lassen die Arbeit nur ruhen, um inmitten von Farbe, Rost und Sägemehl zu schlafen und zu essen.
Zu Tisch: An Bord von YVINEC lohnt sich das Angeln immer. Einmal mehr werden wir es uns schmecken lassen.
Meine »Bande« Noah und Antonin, meine »kleinen Brüder«, am Strand von Saint John.
Es ist Zeit, dass YVINEC sich einer Verjüngungskur unterzieht und auf den hohen Norden vorbereitet wird.
ICH HABE ES AUCH DER GROSSZÜGIGKEIT VON NEUEN BEKANNTEN UND ANONYMEN SPENDERN ZU VERDANKEN, DASS ICH MEIN PROJEKT IN DIE TAT UMSETZEN KANN.
20.11
Anderthalb Monate später ist YVINEC generalüberholt und gefühlt nur noch halb so alt. Der Anstrich ist brandneu. Motor und Segel sind repariert. Der Rumpf wurde verstärkt, und ungefähr 40 Löcher wurden »gestopft«. Ich habe Christian und seine Frau Claudine kennengelernt, beide großherzige Menschen. Christian hat mir nicht nur auf dem Boot geholfen, sondern mir unter anderem auch das Schweißen beigebracht – eine wertvolle Fertigkeit, wenn man ein Boot aus Stahl besitzt. Ich bitte ihn, Monique auf den Bug zu malen. Mit seinen geschickten Händen gibt er seinem Werk den letzten Schliff, bevor wir wieder Richtung Saint-Barthélemy in See stechen.
5.12.
In Saint-Barth beginne ich bei Jean-Mi zu arbeiten: Er hat mich erwartet. Ich muss noch Zusatzausrüstung für YVINEC finanzieren.
MAI 2015
Nach fünf Monaten eisernen Sparens habe ich YVINEC endlich fertig ausrüsten können. Ich habe es auch der Großzügigkeit von neuen Bekannten und anonymen Spendern (einer Crowdfunding-Kampagne) zu verdanken, dass ich mein Projekt in die Tat umsetzen kann. Auf Saint Martin installiere ich neue Segel, ein Windrad, Solarmodule, neue Bullaugen, einen neuen Motor, eine Heizung und Isoliermaterial. Auch mit neuen Navigationsinstrumenten statte ich mich aus: einem GPS-Gerät zur exakten Positionsbestimmung und einem AIS, um andere Schiffe, insbesondere Frachtschiffe, zu orten und von ihnen geortet zu werden. Angesichts der eisigen Temperaturen, die uns erwarten, darf nichts dem Zufall überlassen bleiben.
29.6.
Nach einem schönen Abschiedsabend am Strand von Saint John ist es Zeit, den Anker zu lichten. Ich bin so ungeduldig, dass ich mir nicht einmal die Zeit nehme, YVINEC aufzuräumen. Unter Deck herrscht ein heilloses Durcheinander. Die Traurigkeit, die mit dem Auf-Wiedersehen-Sagen einhergeht, mischt sich mit Reisefieber. Ich kann nicht glauben, dass ich dem Leben in den Tropen den Rücken kehre. Christian und Claudine sind da. Claudine hat zu Hause eine Menge Lebensmittel für mich eingemacht, ihr habe ich es zu verdanken, dass ich werde schlemmen können. Sie überreichen mir auch ein kleines Geschenk, das ich an Weihnachten öffnen soll, wenn YVINEC im Eis eingeschlossen ist.
ETAPPE
04
VON DEN ANTILLEN NACH GRÖNLAND
3.378 MEILEN
57 TAGE
43 EIER
72° NORD, 40° WEST
VON DEN ANTILLEN NACH GAÜNLAND
Endlich - mein Traum ist zum Greifen nah. Schon im Augenblick des Auslaufens weiß ich, dass das Navigieren mich völlig neu herausfordern und alles bisher Dagewesene in den Schatten stellen wird.
12.7.2015
ABFAHRT MIT HINDERNISSEN
Ein paar Stunden später: Der Autopilot, eines der wenigen Teile, die nicht ausgetauscht wurden, funktioniert nicht mehr. Ich will nicht zurück, im Geiste bin ich schon weg. Wegen meines Starrsinns bin ich gezwungen, 14 Stunden ununterbrochen am Steuer zu verbringen, bis wir Virgin Gorda, eine Insel der Britischen Jungferninseln, erreicht haben. Dort kann ich den Autopiloten reparieren.
Einen weiteren, 18-stündigen Zwischenstopp legen wir auf den Bermudas ein, um einem Tief auszuweichen, Diesel zu tanken und die Wasservorräte aufzufüllen. Ich nutze ihn für einen Ölwechsel bei dem neuen Motor. Einige Tage nachdem wir die Bermudas verlassen haben, geraten wir in ein zweites Tief, dem wir leider nicht ausweichen können. Es ist mein erster richtiger Sturm. Das Meer um uns herum kocht. Überflutet von etwa zehn Meter hohen Wellen und von 50 Knoten Windgeschwindigkeit angeheizt, saust YVINEC mit der Nase voran flüssige Abhänge hinunter.
14.7.
Die restliche Überfahrt, die sich viel geruhsamer gestaltet als in den ersten Tagen, folgt dem Rhythmus der Sonnenuntergänge. Meer und Sonne verschmelzen in einer Palette aus Mauve, Gold, Purpur und Blau. Großartige Landschaften, die aussehen wie Aquarelle. Oft tanzen Delfine und Wale um das Boot. Das sind die Momente, die mir auf wunderbare Weise ins Gedächtnis zurückrufen, warum ich das hier tue.
Mein erster richtiger Sturm. Das Meer um uns herum kocht.
17.7.
Der Wind kommt von hinten und bläst augenblicklich nur mit 12 Knoten. Es ist an der Zeit, den Spinnaker zu setzen. Ich liebe dieses Segel, vor allem wegen seiner Farben. Normalerweise wird es gesetzt, wenn der Wind stetig von hinten kommt. Mein Spinnaker misst 90 Quadratmeter, es ist nicht einfach, ihn allein zu setzen, aber ich habe mich daran gewöhnt. Das Segel ist so groß, dass man schnell sein und aufpassen muss: Im richtigen Moment, ehe eine Bö von der falschen Seite das Boot aus dem Gleichgewicht bringt, ist er einzuholen. Sonst droht er wie bei der Atlantiküberquerung zu zerreißen.
Monique legt in ihrem Verschlag weiterhin fast jeden Morgen ein Ei. Ich bin jedes Mal überglücklich und staune Bauklötze, dass ich mitten auf dem Ozean frische Eier essen kann. Seither habe ich gelernt, erfindungsreich zu sein. Hart oder weich gekocht, als Spiegel- oder Rührei zur Garnierung von Reisgerichten: kurz, ich liebe Eier in allen Variationen. Jetzt, wo wir in höhere Breitengrade gelangen, beginnt die Kälte sich bemerkbar zu machen. Ich habe im Inneren der Kabine einen Stall für Monique eingerichtet, dort wird sie es warm und trocken haben.
HALIFAX
Nach 15 Tagen auf See und 1.600 Meilen legen wir am 23. Juli 2015 in Halifax an. An unsere Einfahrt in den langen