krauste unmutig die Stirn.
»Mir wäre es lieber, wenn Sie die Angelegenheit selbst in die Hand nähmen.«
»Aber…«
»Bei mir zu Hause ist es üblich, daß unser Butler sich um alles kümmert, Archibald. Wir haben nämlich einen ausgezeichneten Butler. Doch natürlich sind solche Fähigkeiten nicht jedem gegeben. Ich werde…«
Archie lächelte sarkastisch.
»Schon gut, Baronesse. Sie wünschen also, daß ich Sie in den Garten begleite?«
Ernestine lächelte.
»Sehen Sie, Archibald, wie gut wir uns verstehen. Gerade das war es, worum ich Sie bitten wollte.«
Im Garten kam Ernestine dann gleich zur Sache.
»Sie haben mir sicher einiges zu erklären, Lord Archibald.«
Archie zuckte regelrecht zusammen, die Anrede war ihm ungewohnt geworden.
»Bitte lassen Sie den Lord weg«, sagte er rasch. »Es wäre mir unangenehm, wenn es jemand hören würde.«
»Hier sind wir allein.«
»Natürlich, aber trotzdem…«
»Warum spielen Sie diese unwürdige Rolle als Butler?«
Archie hatte seine gute Laune schon wiedergefunden.
»So unwürdig ist die Rolle gar nicht. Sie macht mir sogar Spaß. Und Sie müssen doch zugeben, daß ich ein ausgezeichneter Butler bin.«
»Das kann ich noch nicht beurteilen, ich bin erst seit gestern hier. Aber man scheint hier auf Norawa recht zufrieden mit Ihnen zu sein. Edina hat direkt von Ihnen geschwärmt.«
»Ist das wahr?« fragte Archie, viel zu spontan; denn Ernestine blickte ihn erstaunt an.
Sollte er vielleicht auch Feuer gefangen haben? Spielte sich doch etwas ab zwischen der Prinzessin Edina und dem Butler, der in Wahrheit ein Lord war?
Aber nein, beruhigte Ernestine sich gleich wieder. Sie dachte an die begeisterte, schwärmerische Erzählung ihrer Freundin, die nur den Fürsten von Lukorin im Kopf hatte. Der Butler paßte da gar nicht ins Bild.
»Natürlich, warum sollte ich es sonst sagen«, antwortete Ernestine also gleichmütig.
Archie hätte sich ohrfeigen können. Er benahm sich wie ein Pennäler. Was sollte das bloß, zumal er sich gar nicht klar darüber war, wie er eigentlich zu der Prinzessin stand.
»Na, was ist?« fragte Baronesse Ernestine.
Archie setzte sein charmantestes Lächeln auf.
»Sie können sich denken, Baronesse, daß meine Anwesenheit einen besonderen Grund hat. Ich möchte Sie nur bitten, zu schweigen und mich nicht zu verraten.«
»Dazu möchte ich aber wissen, was gespielt wird.«
»Sind Sie immer so neugierig?«
»Alle Frauen sind neugierig. Warum sollte ich eine Ausnahme machen. Und außerdem, es könnte ja sein, daß hier etwas gespielt wird, das – nun ja, was der König erfahren müßte, und ich will mich nicht mitschuldig machen.
Archie lachte laut und herzlich.
»Zügeln Sie Ihre Phantasie, Baronesse! Sie könnte leicht mit Ihnen durchgehen. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, vermuten Sie doch irgendeine krumme Sache, nicht wahr, meine Liebe?«
Ernestine errötete vor Ärger.
»Es ist ganz egal, was ich vermute. Jedenfalls denke ich nicht daran, etwas zu decken, von dem ich nicht weiß, was es sein könnte.«
»Ich bin aufgrund einer Wette hier«, lenkte Archie ein.
»Das glaube ich nicht. Wegen einer dummen Wette würden Sie nicht so viel Zeit opfern.«
»So dumm ist die Wette gar nicht. Es geht um ziemlich viel Geld.«
Geld! Das war ein Stichwort, das Ernestine sofort alarmierte. In ihrem hübschen Kopf begann es fieberhaft zu arbeiten. Was wußte sie von Lord of Duncaster?
Nicht sehr viel, wie sie zugeben mußte. Ihr Bruder war mit ihm befreundet gewesen, aber er hatte ihn, soviel sie wußte, nicht in England besucht.
Ob Archibald ein verarmter Adliger war? Ob er zum Broterwerb arbeiten mußte? Oder – viel schlimmer, wollte er auf unrechtmäßige Weise zu Geld kommen? War er ein Betrüger, der eine große Sache plante, vielleicht sogar mit Komplizen?
Aber warum war er dann nach Schloß Norawa gekommen? Das konnte viele Gründe haben, und gewiß war die Sache gut überlegt und eingefädelt.
Immerhin war der König von Norawa berühmt wegen seines Reichtums. Und über den Schmuck der Königin war erst kürzlich in einer international bekannten Zeitschrift eine große Reportage erschienen. Es gab auch viele wertvolle Kunstgegenstände in dem Schloß, und vielleicht gab es hier auch einen verborgenen Schatz, nach dem gesucht wurde.
Ganz große Augen bekam Baronesse Ernestine vor Erregung, und Archie beobachtete sie schmunzelnd.
»Na, wo sind Sie denn jetzt bei Ihren Überlegungen angelangt?« fragte er mit nicht zu überhörender Ironie. Er schien zu ahnen, was im Kopf des jungen Mädchens vorging.
Ernestine kehrte wieder in die Wirklichkeit zurück, und damit wurde ihr das Verrückte ihrer Gedanken auch bewußt. Sie mußte lächeln.
»Ich habe Sie gerade für einen großen Schatzgräber gehalten«, gestand sie schelmisch, »aber dann dachte ich mir, in einem solchen Fall hätten Sie doch sicher eine andere Verkleidung gewählt. Als Heizer vielleicht oder als Gärtner, dabei fällt es nicht so auf, wenn man sich schmutzig macht.«
Archie lachte.
»Gut, daß Sie noch logisch denken können, Baronesse. Doch darf ich Sie nun darauf aufmerksam machen, daß im Haus viele Pflichten auf mich warten? Ich möchte…«
»Die Flucht ergreifen möchten Sie, Archibald, das kann ich mir denken. Aber daraus wird nichts. Erst müssen Sie mir sagen, warum Sie hier sind!«
»Es ist wegen einer Wette, Baronesse, ich sagte es doch schon.«
»Aber ich glaube Ihnen nicht.«
»Das ist Ihre Sache.
»Nein, nein, so billig kommen Sie mir nicht davon! Ich will es ganz genau wissen. Sonst erzähle ich meiner Freundin, daß ich Sie kenne, und zwar nicht als Butler.«
Archie seufzte innerlich. Dieses Mädchen entwickelte sich zur wahren Nervensäge. Was sollte er nur tun, um sie wieder loszuwerden? Durch ihr Auftauchen gefährdete Ernestine von Wallenberg den schönen Plan, den er und Allan Noraway ausgearbeitet hatten.
»Wenn ich Ihnen verspreche, Ihnen später alles zu erzählen, geben Sie sich dann jetzt damit zufrieden?«
»Sie werden es mir wirklich sagen?«
»Bestimmt.«
»Ihr Ehrenwort darauf?«
»Sie haben es.«
»Na gut.« Ernestine zögerte noch ein bißchen. »Aber etwas müssen Sie mir jetzt schon sagen. Sie müssen mir den Namen dessen nennen, mit dem Sie die angebliche Wette abgeschlossen haben. Darauf bestehe ich.«
»Aber ich kann…«
»Damit begehen Sie doch keinen Verrat. Und ich weiß, daß Sie mich nicht angeschwindelt haben.«
Archie überlegte. Schließlich war mit dem Namen des Freundes tatsächlich nichts verraten. Und selbst wenn Ernestine ihn aufspüren und sich mit ihm in Verbindung setzen sollte, so war auch das nicht gefährlich, denn Allan würde schon die rechte Antwort zu finden wissen.
»Also gut, damit Sie endlich Ruhe geben. Mein Freund ist Amerikaner und heißt Allan Noraway.«
»Noraway?