um verachtet zu werden, erschien er in Niedrigkeit.
3.
Indes weil er wie in der Nacht erschien im sterblichen Leibe, so zündete er sich eine Leuchte an, um gesehen zu werden. Diese Leuchte war Johannes99, von dem ihr schon vieles gehört habt; auch die gegenwärtige Lesung des Evangeliums enthält Worte des Johannes, zunächst, was die Hauptsache ist, das Bekenntnis, er sei nicht Christus. Es war aber eine solche Würde in Johannes, daß er für Christus gehalten werden konnte, und gerade darin zeigte sich seine Demut, daß er bekannte, er sei es nicht, obwohl man glauben konnte, er sei es. Also: „Dies ist das Zeugnis des Johannes, als die Juden von Jerusalem Priester und Leviten zu ihm schickten, um ihn zu fragen: Wer bist du?“. Sie würden aber niemand schicken, wenn sie nicht durch die Größe seines Ansehens dazu bewogen würden, weil er zu taufen wagte. „Und er bekannte und leugnete nicht.“ Was bekannte er? „Und er bekannte: Ich bin nicht Christus.“
4.
„Und sie fragten ihn: Was denn? Bist du Elias?“ Sie wußten nämlich, daß Elias Christo vorangehen sollte. Denn keinem war unter den Juden der Name Christi unbekannt. Von diesem glaubten sie nicht, daß er Christus sei; nicht aber meinten sie, daß Christus überhaupt nicht kommen werde. Während sie auf den Kommenden hofften, nahmen sie an dem Gegenwärtigen Anstoß, sie stießen sich an ihm wie an einem niedrigen Steine. Denn jener Stein war noch klein; zwar war er schon vom Berge abgerissen ohne Anlegung von Händen, wie der Prophet Daniel sagt, er habe einen Stein gesehen, losgelöst vom Berge ohne Hände. Aber was folgt? „Und es wuchs“, sagt er, „jener Stein und wurde zu einem großen Berge, und erfüllte die ganze Oberfläche der Erde“100. Sehe also eure Liebe zu, was ich sage: Christus war vor den Augen der Juden bereits losgelöst vom Berge. Unter dem Berge will er das Reich der Juden verstanden haben. Allein das Reich der Juden hatte nicht die ganze Oberfläche der Erde erfüllt. Dort ward jener Stein losgelöst, weil dort der Herr in der Zeit geboren wurde. Und warum „ohne Hände“? Weil die Jungfrau ohne männliches Zutun Christum gebar. Schon war also jener Stein losgelöst ohne Hände, vor den Augen der Juden, aber er war niedrig. Nicht mit Unrecht, weil der Stein noch nicht gewachsen war und den Erdkreis erfüllt hatte. Dies hat Christus dargestellt in seinem Reiche, d. i. der Kirche, womit er das ganze Angesicht der Erde erfüllte. Weil er also noch nicht gewachsen war, stießen sie auf ihn wie auf einen Stein, und es erfüllte sich an ihnen, was geschrieben steht: „Wer auf diesen Stein fällt, wird erschüttert werden; auf die er aber fällt, diese wird er zermalmen“101. Zuerst sind sie über ihn, den niedrigen, gefallen, als erhaben wird er über sie kommen; aber um sie, wenn er als erhabener kommen wird, zu zermalmen, hat er sie zuerst als niedrig erschüttert. Sie stießen an ihn, und sie sind erschüttert worden, nicht zermalmt, sondern erschüttert; er wird kommen als erhaben und sie zermalmen. Aber den Juden ist zu verzeihen, weil sie an den Stein stießen, der noch nicht gewachsen war. Wer sind die, welche an den Berg stießen? Ihr erkennet bereits, von welchen ich rede102. Die, welche die auf dem ganzen Erdkreis verbreitete Kirche leugnen, stoßen nicht an einen niedrigen Stein, sondern an den Berg selbst, was jener Stein geworden ist, indem er wuchs. Die blinden Juden sahen den niedrigen Stein nicht; welch große Blindheit, den Berg nicht zu sehen?
5.
Sie sahen also den Niedrigen und erkannten ihn nicht. Er wurde ihnen gezeigt durch eine Leuchte. Denn zuerst sprach jener, welcher als der Größte unter den von Weibern Geborenen aufgestanden war: „Ich bin nicht Christus“. Und auf die Frage: „Bist du etwa Elias?“ antwortete er: „Ich bin es nicht.“ Christus sendet nämlich den Elias vor sich her, und doch sagte er: „Ich bin es nicht“, und regte so in uns eine Frage an. Denn es ist zu befürchten, es möchten die, welche es nicht genügend verstehen, meinen, Johannes habe das Gegenteil gesagt von dem, was Christus gesagt hat. Denn als an einer Stelle im Evangelium der Herr Jesus Christus einiges von sich redete, entgegneten ihm die Jünger: „Wie also sagen die Schriftgelehrten“, d. i. die Gesetzeskundigen, „daß zuerst Elias kommen müsse?“. Und der Herr antwortete: „Elias ist schon gekommen, und sie haben an ihm getan, was sie wollten, und wenn ihr es wissen wollt, es ist Johannes der Täufer“103. Der Herr Jesus Christus sprach: „Elias ist schon gekommen, und es ist Johannes der Täufer“; Johannes aber bekannte, da er gefragt wurde, er sei ebenso wenig Elias, wie er auch nicht Christus sei. Und gewiß, wie er in Wahrheit bekannte, er sei nicht Christus, so bekannte er in Wahrheit, er sei nicht Elias. Wie nun werden wir die Worte des Herolds ins richtige Verhältnis setzen zu den Worten des Richters? Es sei ferne, daß der Herold lüge; denn er verkündet das, was er vom Richter hört. Warum also sagt er: „Ich bin nicht Elias“, und der Herr: „Er ist Elias“? Weil in ihm der Herr Jesus Christus seine zukünftige Ankunft zum voraus darstellen und dies zum Ausdruck bringen wollte, daß Johannes im Geiste des Elias war. Und was Johannes bei der ersten Ankunft war, das wird Elias bei der zweiten Ankunft sein. Wie eine doppelte Ankunft des Richters, so zwei Herolde. Der Richter gewiß ist* er*, der Herolde aber sind es zwei, nicht zwei Richter. Denn der Richter mußte zuerst kommen, um gerichtet zu werden. Er sandte vor sich her den ersten Herold, er nannte ihn Elias, weil bei der zweiten Ankunft Elias dies sein wird, was bei der ersten Johannes war.
6.
Denn fürwahr, eure Liebe beachte, wie wahr ich rede. Als Johannes empfangen wurde oder vielmehr als er geboren wurde, da sagte der Heilige Geist von diesem Menschen dies als etwas voraus, das sich an ihm erfüllen sollte: „Er wird“, sagt er, „der Vorläufer des Allerhöchsten sein, im Geiste und in der Kraft des Elias“104. Also nicht Elias, sondern „im Geiste und in der Kraft des Elias“. Was heißt das: „im Geiste und in der Kraft des Elias?“ In demselben Heiligen Geiste nach der Art des Elias. Warum nach Art des Elias? Weil, was Elias bei der zweiten Ankunft sein wird, dies Johannes bei der ersten war. Richtig also antwortete jetzt Johannes im eigentlichen Sinne. Denn der Herr sagte figürlich: „Elias ist Johannes“; jener aber, wie bemerkt, im eigentlichen Sinne: „Ich bin nicht Elias“. Wenn du auf die typische Bedeutung der Vorläuferschaft achtest, so ist Johannes selbst Elias; denn was jener bei der ersten Ankunft war, das wird dieser bei der zweiten sein. Wenn du nach der Eigentümlichkeit der Person fragst, so ist Johannes Johannes, Elias Elias. Der Herr also sagt mit Recht in bezug auf die Vorbildlichkeit: „Er ist Elias“; Johannes aber sagt mit Recht im eigentlichen Sinne: „Ich bin nicht Elias“. Weder Johannes sagt etwas Falsches noch Christus, weder der Herold sagt etwas Falsches noch der Richter, aber nur, wenn du es recht verstehst. Wer aber wird es verstehen? Wer die Demut des Herolds nachahmt und die Erhabenheit des Richters erkennt. Denn nichts ist demütiger als dieser Herold. Meine Brüder, kein größeres Verdienst hatte Johannes als jenes wegen seiner Demut, weil er, obwohl er die Menschen täuschen und für Christus angesehen und für Christus gehalten werden konnte (von so großer Gnade nämlich und von so großer Würde war er), dennoch offen bekannte und sagte: „Ich bin nicht Christus“. „Bist du etwa Elias?“ Würde er nun sagen: Ich bin Elias, so würde ja Christus als bereits in der zweiten Ankunft ankommend richten, nicht vorerst in der ersten Ankunft gerichtet werden. Gleichsam als wollte er sagen: Auch Elias wird kommen, spricht er: „Ich [aber] bin nicht Elias“. Übrigens habet acht auf den Niedrigen, vor welchem Johannes kommt, damit ihr nicht zu fühlen bekommt den Erhabenen, vor welchem Elias kommen wird. Denn auch der Herr hat es so zusammengefaßt: Johannes der Täufer ist’s, der da kommen wird105. Im vorbildlichen Sinne kam dieser, im eigentlichen Sinne wird Elias selbst kommen. Dann wird Elias im eigentlichen Sinne Elias sein, jetzt war er der Ähnlichkeit nach Johannes; jetzt ist Johannes im eigentlichen Sinne Johannes, der Ähnlichkeit nach Elias. Beide Herolde liehen sich ihre Ähnlichkeit und behielten ihre Eigentümlichkeit bei; der eine Herr aber ist der Richter, mag ihm dieser oder jener Herold vorangehen.
7.
„Und sie fragten ihn: Was denn? Bist du Elias? Und er sprach: Nein. Und sie sagten zu ihm: Bist du ein Prophet? Und er antwortete: Nein. Sie sprachen also zu ihm: Wer bist du? Damit wir Antwort geben denen, die uns geschickt haben. Was sagst du von dir selbst? Er sprach: Ich bin die Stimme des Rufenden in der Wüste“106. Dies hat Isaias gesagt107. In Johannes