für welche der diesem zustehende Anteil an dem Schwazer Silberbergwerk haften sollte. Da das Geldbedürfnis des Erzherzogs andauerte, entwickelte sich das große Silbergeschäft der Fugger in Tirol und Kärnten, wozu dann noch der Kupferhandel in Ungarn kam. Der Nachfolger Siegmunds, Kaiser Maximilian, war, wenn auch aus anderen Gründen, ebenso geldbedürftig und verpfändete den Fuggern die Tiroler Kupferbergwerke, ebenso die Grafschaft Kirchberg und die Herrschaft Weißenhorn, die, nie eingelöst, die Grundlage ihres Grundbesitzes wurden. Als eine politische Macht traten die Fugger auf, als Maximilian I. starb. Nur sie konnten die großen Summen herbeischaffen, die sowohl von Franz I. wie von Karl von Burgund den Wählern versprochen wurden: sie entschieden sich für Karl. »Es ist Euch bekannt und liegt am Tage«, schrieb Jakob II Fugger einige Jahre später in einem Mahnbrief an Karl V., »daß Ew. kais. Maj. die Römische Krone ohne mich nicht hätte erlangen können, wie ich denn solches mit aller Ew. kais. Majestät Kommissarie Handschrift anzeigen kann. So hab ich auch hierin meinen eigenen Nutz nit angesehen; denn wo ich von dem Haus Österreich abstehen und Frankreich fördern hätte wollen, würd ich groß Gut und Geld, wie mir denn angeboten, erlangt haben. Was aber Ew. kais. Maj. und dem Haus Österreich für Nachteil daraus entstanden wäre, das haben Ew. kais. Maj. aus hohem Verstande wohl zu erwägen.« Ein unbequemer Gläubiger und Kollege. Nicht lange danach starb Jakob. Es wird erzählt, daß König Ferdinand, der gerade einen Landtag in Augsburg abhielt, während Jakob im Sterben lag, den Trompetern und Paukenschlägern gebot zu schweigen, als sie am Fuggerhaus vorüberkamen. Der Landesherr ehrte den Geldfürsten als seinesgleichen. Es gewährt einen Blick in die dunklen Hintergründe auch des glänzenden Daseins, wenn wir hören, daß Jakobs Witwe Sibylle bald nach seinem Tode heimlich das Fuggerhaus verließ und sich mit einem vertrauten Freunde ihres Mannes, Konrad Rehlinger, auf lutherische Art trauen ließ. Die Fugger blieben katholisch und haben hauptsächlich mit katholischen Fürsten Geschäfte gemacht. In Spanien waren ihnen die Einkünfte der spanischen Krone aus den drei großen Ritterorden verpachtet und über 100 Jahre lang auch die aus den spanischen Quecksilberbergwerken. Im Jahre 1546 hatten die Fugger mit 5 Millionen Handlungskapital den höchsten Punkt ihrer Macht erreicht. Die Nachfolger Jakobs des Reichen, seine Neffen, waren weniger großartig, als er gewesen war, was wohl auch durch die furchtbare Finanzlage der Habsburger bedingt war. »Es ist, als ob die Kaufleute übereingekommen wären, mir nicht mehr zu dienen«, schrieb Karl V. 1552. »Ich finde weder in Augsburg noch sonst irgendwo jemand, der mir Geld leihen will, welchen Vorteil ich auch bieten mag.« Anton Fugger ließ sich schließlich doch herbei, nach Innsbruck zu fahren, von wo er die Flucht des Kaisers mitmachte; aber die großen Summen, die er ihm vorstreckte, gab er persönlich, die anderen Teilhaber machten das heikle Geschäft nicht mit.
Die Fugger waren nicht die einzige Firma, die durch Geldgeschäfte reich wurde, wenn sie auch diejenige war, die mit den größten Summen handelte und durch die enge Verbindung mit den Habsburgern die einflußreichste Weltstellung einnahm. Ihnen am nächsten kamen die Welser, daneben gab es in Augsburg noch die Herwart, Rehlinger, Höchstetter, in Memmingen die Vöhlein, in Nürnberg die Haller und Tucher. Die Erschließung der österreichischen Bergwerke und die Stellung des Hauses Habsburg sind wohl die Ursache, daß die großen Finanzmänner des 16. Jahrhunderts Oberdeutsche waren. Sie waren, wenn auch die Fugger in der Hauptsache dem Hause Österreich dienten, international; für das Geld gab es keine Grenzen. Die Folge der furchtbaren Staatsbankerotte in Spanien, Portugal und Frankreich waren eine Reihe von Bankbrüchen der großen deutschen Handelshäuser; aber mit merkwürdiger Leichtgläubigkeit ließen sich immer wieder deutsche Firmen mit den französischen Königen ein. Im Jahre 1561 fallierten unter vielen anderen Franz Tucher, Gebrüder Zangmeister, Hans Jakob Fugger, Lukas Rem in Nürnberg und Augsburg, Ligsalz in München, zehn Jahre später Paumgartner, Manlich, Schorer in Augsburg, Ingold in Straßburg. Die Fugger, die sich zeitig von den großen Unternehmungen zurückgezogen hatten, überstanden den Unfall; aber Augsburg und Nürnberg haben sich doch von diesen Erschütterungen nicht erholt.
In den Finanzkreisen verstand man unter Wucher nicht das Zinsnehmen überhaupt, sondern nur die Ausbeutung, die man jüdisch nannte. Man konnte sich darauf berufen, daß das Reichskammergericht im allgemeinen fünf Prozent zu nehmen erlaubte, Kaufleuten acht. Das Zinsverbot sollte nur in solchen Fällen gelten, wo es sich um Darlehen im eigentlichen Sinne, nicht um Geschäfte, handelte. Als nun die Jesuiten, auch in dieser Hinsicht das päpstliche System stützend, erfüllt von den Anschauungen des dem Handel und der Industrie fernstehenden Spanien, das Zinsverbot in der alten Strenge erneuerten, erbitterte das Martin Fugger so, daß er nicht mehr bei den Jesuiten beichten zu wollen erklärte: »Es ist leicht über diese Sache zu disputieren«, schrieb er, »aber ihr habt gesehen, welche Tragödien der Bischof in dieser Fünfprozentfrage angerichtet hat, und der Ausgang bleibt noch abzuwarten. Wenn die Richtschnur, die ihr vorschlagt, beobachtet werden müßte, dann wären nicht allein wir Fugger, sondern auch ganz Deutschland in drei Jahren am Bettelstab. Aber darum würde sich weder der Papst noch eure Gesellschaft kümmern. Es wäre alles gut, wenn ihr es so weit bringen könntet, daß auch nur das Geld ohne Zinsen gegeben würde, aber ich schulde ungefähr 1½ Millionen Gulden, für die ich 5, 8, ja 10 Prozent zahlen muß. Dagegen schuldet mir der König von Spanien einige Millionen und bezahlt mir weder Zins noch gibt er das Kapital zurück. Was soll ich nun tun! Zudem habe ich ihm das Geld nicht geliehen, sondern er hat es von meinem Vater und Joh. Fugger erpreßt, infolgedessen Johannes alles, auch das Leben verloren hat. Etwas Ähnliches steht mir bevor.« Solche Äußerungen bezeichnen, wie weit sich die Wirklichkeit von den mittelalterlichen Anschauungen entfernt hatte. Die Mehrzahl des Volkes indessen, auch die Schicht der Gebildeten, hielt noch an ihnen fest. Es war ja eigentlich nur ein kleiner Kreis, die Fürstenhöfe und die Großkaufleute, den die Geldwirtschaft berührte.
Das Luthertum war ihr kein günstiger Boden. Wie Luther im Hinblick auf die Religion nicht ein Neuerer, sondern ein Erneuerer und Wiederbringer des Alten sein wollte, so hielt er auch in den wirtschaftlichen Dingen an den altkirchlichen Anschauungen fest. Leidenschaftlich wendete er sich gegen die Formen, die die Wirtschaft durch das zunehmende Geldbedürfnis während seiner Lebenszeit annahm. Obwohl er Aristoteles bekämpfte, anerkannte er seinen Grundsatz, daß das Geld unfruchtbar sei und betrachtete mit ihm den Ackerbau als die natürlichste und edelste Nahrung des Menschen. Das Zinsverbot betreffend berief er sich auf die Stelle des Lukasevangeliums: Und wenn ihr leihet, von denen ihr hoffet zu nehmen, was Danks habts ihr davon? Denn die Sünder leihen den Sündern auch, auf daß sie Gleiches wiedernehmen. Vielmehr liebet eure Feinde; tut wohl und leihet, daß ihr nichts davon hoffet, so wird euer Lohn groß sein und werdet Kinder des Allerhöchsten sein. – Luther wußte natürlich, daß es sich bei den Kaufleuten nicht wie hier um wohltätige Darlehen handelte; seine Stellungnahme ging, ganz abgesehen von Schriftgründen, aus seiner heroischen Auffassung des Lebens hervor. Das irdische Leben, so dachte er, ist ein Kampf und soll ein Kampf sein, nicht ein Genießen. Der Reichtum, der den Menschen die Mittel des Genusses verschafft, ist verderblich nicht nur, weil er sie von der Betrachtung und Übung des Göttlichen abzieht, sondern weil er sie verweichlicht. Der Mensch soll um seine Nahrung kämpfen und nicht mehr daraus gewinnen, als er mit Einsetzung seiner Person erarbeiten kann. Das Muster gottgewollten Verdienstes ist die Arbeit in und mit der Natur, der Ackerbau. Die Natur, ganz im mittelalterlichen Sinne die Tochter Gottes, beantwortet die Anstrengung des Menschen so, wie es für ihn gut ist; sie gibt wohl Ertrag für seine Mühe, aber keinen gleichmäßigen und nicht notwendig, keinen, der sich errechnen läßt. Der Mensch soll nicht sicher sein, sondern sich in der allmächtigen Hand Gottes wissen, dessen Wege hoch über unseren Wegen sind. Am Bergbau lobt er, daß der Arbeiter fleißig graben und suchen muß, vor allen Dingen aber die Unsicherheit, insofern er zuweilen da ergiebig ist, wo man es nicht dachte, und andererseits mancher sein ganzes Gut hineinbaut, ohne zu gewinnen, während ein anderer damit aus einem Bettler zum Herrn wird. »Summa, es soll heißen: nicht gesucht, sondern beschert, nicht gefunden, sondern zugefallen, wenn Glück und Segen dabei sein soll.« Die Kaufleute, die übers Meer fuhren, die mit den Wellen und den Seeräubern kämpften, deren ganzen Reichtum zuweilen das Meer verschlang, ließ er sich deshalb gefallen; aber neuerdings, tadelte er, pflegen sie ihre Angestellten zu schicken und selbst zu Hause zu bleiben. Abgesehen davon üben sie allerlei Ränke, die den Zweck haben, Sicherheit des Gewinns zu schaffen; er zählt mehrere derselben auf. Namentlich mißbilligte Luther den Renten- und Gültenkauf, der reichsgesetzlich und durch päpstliche Bullen erlaubt war, eine verzinsliche Anlage von