rel="nofollow" href="#ulink_2f446c31-8cc6-5e31-a844-30082cc5eb64">375 vermuthet, in ihren Charakteren convergiert haben. Wenn der Mensch mit einem und demselben Ziele vor Augen die Nachkommen zweier distincter Species zur Nachzucht auswählt, so führt er zuweilen, soweit die allgemeine äußere Erscheinung in Betracht kommt, einen beträchtlichen Grad von Convergenz herbei. Dies ist, wie Nathusius376 gezeigt hat mit den veredelten Rassen der Schweine der Fall, welche von zwei distincten Species abgestammt sind, und in einem weniger scharf markierten Grade auch mit den veredelten Rassen des Rindes. Ein bedeutender Anatom, Gratiolet, behauptet, daß die anthropomorphen Affen keine natürliche Untergruppe bilden, daß vielmehr der Orang ein hoch entwickelter Gibbon oder Semnopithecus, der Schimpanse ein hoch entwickelter Macacus und der Gorilla ein hoch entwickelter Mandrill ist. Wenn man diese Folgerung, welche fast ausschließlich auf Charakteren des Gehirns beruht, zugiebt, so würde man einen Fall von Convergenz, mindestens in äußeren Merkmalen, vor sich haben; denn die anthropomorphen Affen sind sich sicherlich in vielen Punkten einander ähnlicher, als sie anderen Affen sind. Alle analogen Ähnlichkeiten, wie die eines Walfisches mit einem Fisch, kann man in der That als Fälle von Convergenz bezeichnen; doch ist dieser Ausdruck niemals auf oberflächliche und adaptive Ähnlichkeiten angewendet worden. In den meisten Fällen würde es indessen außerordentlich voreilig sein, eine große Ähnlichkeit der Merkmale in vielen Punkten des Baues bei den modificierten Nachkommen einst weit von einander verschieden gewesener Wesen einer Convergenz zuzuschreiben. Die Form eines Crystalls wird allein durch die Molecularkräfte bestimmt, und es ist nicht überraschend, daß unähnliche Substanzen zuweilen ein und dieselbe Form annehmen können; aber bei organischen Wesen müssen wir uns doch daran erinnern, daß die Form eines jeden von einer endlosen Menge complicierter Beziehungen abhängt, nämlich von Abänderungen, welche Folgen von Ursachen sind, die viel zu intricat sind, um einzeln verfolgt werden zu können; – ferner von der Natur der Abänderungen, welche erhalten worden sind, und dies hängt wieder von den umgebenden physikalischen Bedingungen und in einem noch höheren Grade von den umgebenden Organismen ab, mit welchen ein jeder in Concurrenz getreten ist; – und endlich von Vererbung, an sich schon ein schwankendes Element, wobei alle die zahllosen Voreltern wieder Formen besaßen, welche durch ganz gleichmäßig complicierte Beziehungen bestimmt worden waren. Es erscheint im äußersten Grade unglaublich, daß die modificierten Nachkommen zweier Organismen, wenn diese in einer ausgesprochenen Weise von einander verschieden waren, jemals später so weit convergieren sollten, daß sie durch ihre ganze Organisation hindurch sich einer Identität näherten. Was den oben angezogenen Fall der convergierenden Rassen der Schweine betrifft, so haben sich Beweise ihrer Abstammung aus zwei ursprünglichen Stämmen noch immer deutlich erhalten, und zwar nach Nathusius an gewissen Knochen ihrer Schädel. Wären die Menschenrassen, wie es einige Naturforscher vermuthen, von zwei oder mehreren distincten Species abgestammt, welche von einander so weit oder nahezu so weit abgewichen wären, wie der Orang vom Gorilla abweicht, so ließe sich kaum bezweifeln, daß ausgesprochene Verschiedenheiten in der Structur gewisser Knochen noch immer beim Menschen, wie er jetzt existiert, nachweisbar sein würden.
Fußnote
369 A. de Quatrefages hat in der Anthropolog. Review, Jan. 8., 1869, p. 22 einen interessanten Bericht über den Erfolg und die Energie der Paulistas in Brasilien gegeben, welche eine stark gekreuzte Rasse von Portugiesen und Indianern mit einer Zumischung von Blut anderer Rassen darstellen.
370 z. B. bei den Eingeborenen von Amerika und Australien. Prof. Huxley sagt (Transact. Internation. Congress of Prehistoric. Archaeol. 1868, p. 105), daß »die Schädel vieler Süddeutscher und Schweizer so kurz und breit sind, »wie die der Tartaren« u. s. w.
371 s. eine gute Erörterung dieses Gegenstandes bei Waitz, Introduct. to Anthropology. Engl. transl. 1863, p. 198-208, 227. Mehrere der obigen Angaben habe ich aus H. Tuttle's Origin and Antiquity of Physical Man, Boston, 1866, p. 35 entnommen.
372 Prof. Nägeli hat mehrere auffallende Fälle in seinen Botanischen Mittheilungen Bd. II, 1866, p. 294-369 sorgfältig beschrieben. Ähnliche Bemerkungen hat Prof. Asa Gray über einige intermediäre Formen der Compositen Nord-Amerikas gemacht.
373 Entstehung der Arten. 7. Aufl. p. 78.
374 s. Prof. Huxley, welcher sich in diesem Sinne ausdrückt, in: Fortnightly Review. 1865, p. 275.
375 Vorlesungen über den Menschen. Bd. II, p. 285.
376 Die Rassen des Schweins. 1860, p. 46. Vorstudien für eine Geschichte etc. Schweineschädel. 1864, p. 104. In Bezug auf das Rind s. A. de Quatrefages, Unité de l'Espèce Humaine. 1861, p. 119.
Obgleich die jetzt lebenden Menschenrassen in vielen Beziehungen, so in der Farbe, dem Haar, der Form des Schädels, den Proportionen des Körpers u. s. w., verschieden sind, so stellen sie sich doch, wenn man ihre ganze Organisation in Betracht zieht, als einander in einer Menge von Punkten äußerst ähnlich heraus. Viele dieser Punkte sind so bedeutungslos, oder von einer so eigenthümlichen Natur, daß es äußerst unwahrscheinlich ist, daß dieselben von ursprünglich verschiedenen Species oder Rassen unabhängig erlangt worden sein sollten. Dieselbe Bemerkung trifft mit gleicher oder noch größerer Kraft zu in Bezug auf die zahlreichen Punkte geistiger Ähnlichkeit zwischen den verschiedensten Rassen des Menschen. Die Eingeborenen von Amerika, die Neger und die Europäer weichen von einander ihrem Geiste nach so weit ab, als irgend drei Rassen, die man nur nennen könnte. Und doch war ich, als ich mit den Feuerländern an Bord des Beagle zusammenlebte, unaufhörlich von vielen kleinen Charakterzügen überrascht, welche zeigten, wie ähnlich ihre geistigen Anlagen den unsrigen waren; und dasselbe war der Fall in Bezug auf einen Vollblutneger, mit dem ich zufällig eine Zeit lang nahe bekannt war.
Wer Mr. Tylor's und Sir J. Lubbock's interessante Werke377 aufmerksam liest, wird kaum umhin können, einen tiefen Eindruck von der großen Ähnlichkeit zwischen den Menschen aller Rassen in ihren Geschmacksrichtungen, Dispositionen und Gewohnheiten zu erhalten. Dies zeigt sich in dem Vergnügen, welches sie alle an Tanz, an roher Musik, Schauspielen, Malen, Tättowieren und sich auf andere Weise Decorieren finden, in ihrem gegenseitigen Verständnis einer Geberdensprache, in dem gleichen Ausdruck in ihren Zügen und in den gleichen unarticulierten Ausrufen, wenn sie durch verschiedene Gemüthsbewegungen erregt sind. Diese Ähnlichkeit oder vielmehr Identität ist auffallend, wenn man sie mit den verschiedenen Ausdrucksarten und Ausrufen zusammenhält, welche bei verschiedenen Species von Affen zu beobachten sind. Es sind gute Beweise dafür vorhanden, daß die Kunst, mit Bogen und Pfeilen zu schießen, nicht von einem gemeinsamen Urerzeuger des Menschengeschlechts überliefert worden ist; und doch sind die steinernen Pfeilspitzen, welche aus den entlegensten Theilen der Erde zusammengebracht sind und in den entferntesten Zeiten verfertigt wurden, wie Westropp und Nilsson bemerkt haben,378 fast identisch; und diese Thatsache kann nur dadurch erklärt werden, daß die verschiedene Rassen ähnliche Fähigkeiten der Erfindung oder geistige Kräfte überhaupt gehabt haben. Dieselbe Bemerkung ist von Archäologen379 in Bezug auf gewisse weitverbreitete Ornamente, z. B. Zickzacks u. s. w., gemacht worden, ebenso in Bezug auf verschiedene einfache Zeichen des Glaubens und auf Gebräuche, wie das Begraben der Todten unter megalithischen Bauten. Ich erinnere mich, in Süd-Amerika beobachtet zu haben,380