lieb hat und bei dir schlafen will und dich keine Minute allein läßt und es leidet, daß du sie um den Hals wickelst und ihren Kopf in deinen Mund nimmst.«
»Bitte, Massa Tom, nix das sagen, nix so sprechen. Jim nix wollen haben Kopf in Mund, Schlang' können lang warten, bis Jim drum fragen! Um Jim auch nix wollen schlafen mit Schlang' – nein, Jim gar nix wollen!«
»Jim, sei doch nicht so verrückt! Ein Gefangener muß ja irgend ein zahmes Lieblingstier haben und wenn sie's bis jetzt noch nie mit einer Klapperschlange probiert haben – nun, dann ist's um so mehr Ruhm und Ehre für dich, der erste zu sein, der das thut. Leichter wird es dir nie mehr im Leben gemacht werden, dir großen Nachruhm zu sichern!«
»Nein, nein, Massa Tom, Jim nix brauchen solche Nachruhm! Schlang' kommen un beißen Jim tot – nein, Jim nix brauchen Nachruhm!«
»Sei doch gescheidt. Du sollst's ja nur probieren, sag' ich dir! Du kannst's ja sein lassen, wenn's wirklich nicht geht.«
»O, dann sein zu spät zu probieren, wenn Schlang' erst beißen arme Jim! Massa Tom, Jim wollen thun alles, was sein nix zu dumm und unvernünftig – aber wenn Massa Tom un Huck bringen Klapperschlang' für Jim zu zähmen – Jim brennen durch, brennen gleich durch – sofort durch – soviel sein sicher!«
»Na, dann laß es sein, wenn du so dickköpfig bist! Weißt du was, wir bringen dir ein paar Blindschleichen und du bindest denen Knöpfe an den Schwanz, daß sie klappern, und thust, als wären's Klapperschlangen – ja wahrhaftig, so machen wir's!«
»Das können eher sein, Massa Tom, Jim nix haben Angst für Blindschleich', können aber gut sein ohne, das Jim sagen! Ach, was doch Gefangener für Geschäft un Plage machen; – hätt's nie gedacht.«
»Ja, das ist immer so, wenn's die rechte Art hat. – Ei, giebt's hier Ratten?«
»Jim nie nix sehen keine!«
»Also, dafür müssen wir auch sorgen!«
»Ratten, Massa Tom? Jim nix brauchen Ratten! Sein ganz abscheulich verd– Kreaturen zu stören Leut' in Schlaf. Rennen un laufen un springen auf Bett un beißen in Nas' un beißen in Fuß un können nie nix schlafen mit Ratt'. Nein, Massa Tom, ihr geben Blindschleich', wenn Jim müssen haben etwas, aber nix geben Ratt' – Jim nix können thun mit Ratt' – nix brauchen Ratt', zu nix, nie!«
»Aber, Jim, die Ratten mußt du wirklich haben, die sind immer dabei. Drum sträub' dich lieber nicht. Gefangene sind nie ohne Ratten! Ich weiß gar kein Beispiel ohne. Man zähmt sie und liebkost sie und lehrt sie alle möglichen Kunststücke und zuletzt werden sie so zutraulich wie Fliegen. Aber Musik mußt du ihnen machen! Hast du 'was, um Musik drauf zu machen?«
»Jim gar nix haben als alte Kamm un Stück Papier, un – ja, un kleine Mundharmonika! Ratt' aber wohl nix lieben Harmonika, oder?«
»Ach gewiß, denen ist das Instrument ganz einerlei, wenn's nur Musik ist. Eine Mundharmonika ist lang' gut für die! Alle Tiere lieben Musik – und im Gefängnis schwärmen sie dafür. Besonders traurige Musik und dazu ist die Mundharmonika grad' recht. Das interessiert sie und sie kommen zum Vorschein, um zu sehen, was los ist. Du setzst dich also abends vor dem Schlafengehen auf dein Bett und ebenso früh morgens und spielst auf deiner Harmonika. Spiel' ›letzte Rose‹ oder sonst etwas trübseliges und du wirst sehen, nach zwei Minuten kriechen die Ratten und die Schlangen und die Spinnen und sonst alles Getier heraus und kommen zu dir und sind zutraulich – wart', die tanzen nur so um dich herum und werden sich schon wohl fühlen!«
»Ja, die werden's, das Jim glauben, Massa Tom, aber arme Jim! Der sich nix fühlen wohl. Können nix sehen Gutes drin, können nix sehen Nutzen! Jim aber wollen's thun, natürlich, wenn's müssen sein. Wollen machen Tierzeug zufrieden mit Musik, dann er nix haben Plag' von Biester!«
Tom schien noch über etwas nachzusinnen, vielleicht fiel ihm noch ein Tier ein für Jims Menagerie. Bald aber sagt er:
»O – da hab' ich noch was vergessen! Glaubst du, daß du hier eine Blume ziehen könntest, Jim?«
»Weiß nix – aber vielleicht. Dunkel sein's freilich hier, un Jim auch nix brauchen Blum', sein viel Arbeit un Jim nix von verstehen.«
»Na, probieren kannst du's aber doch, andre Gefangene haben's auch gethan.«
»So'n alte, stachelige Distel oder gelbe Kuhblum können wachsen hier, Massa Tom, aber die sein nix wert die Arbeit, wo sie machen!«
»Sag' das nicht, Jim, sag' das nicht. Wir holen dir eine kleine Kuhblume und du pflanzst sie dort in die Ecke und ziehst sie groß und du darfst's auch nicht ›Kuhblume‹ heißen, sondern ›Picciola‹, so heißen alle Blumen im Gefängnis, und du mußt sie mit deinen Thränen begießen.«
»O, Jim haben Wasser genug dort im Krug!«
»Wasser thut's nicht – Thränen müssen's sein – so machen's alle Eingekerkerten!«
»Aber, Massa Tom, Jim können groß ziehen zwanzig Kuhblumen mit Wasser, eh' die ein' auch nur wird angehen mit Thränen!«
»Darauf kommt's gar nicht an – die Hauptsache sind die Thränen!«
»Dann Kuhblum' welken gleich, Massa Tom, Jim nie nix weinen – beinah' nie nix!«
Das schlug denn Tom, aber er grübelte ein bißchen nach und sagte dann, Jim müsse eben sein Bestes thun und Zwiebeln zu Hilfe nehmen. Er versprach, einige bei den Niggern auszuführen und sie in Jims Kaffeetopf zu stecken. Jim meinte, er wolle ebenso gern Tabak im Kaffee haben und rebellierte dermaßen dagegen sowie gegen alles übrige: – die Zucht der Kuhblume, das Musizieren für die Ratten, das Zähmen von Schlangen und Spinnen und besonders gegen die verrückte Plage, wie er sich ausdrückte, mit den Federn, Inschriften, Tagebüchern und so weiter, wovon er mehr Geschäft und Verantwortung als Gefangener habe, als je zuvor in seinem ganzen Leben, so daß Tom tüchtig ungeduldig und böse auf ihn wurde und sagte, er solle sich schämen und dankbar sein; mehr Gelegenheit als er, sich einen berühmten Namen zu machen, habe noch gar kein Gefangener in der weiten Welt gehabt, und er wisse das nicht besser zu schätzen und zu würdigen, als wenn er ein unvernünftiges Tier wäre, – es sei alles an ihm verschwendet. Und Jim ging in sich, sah's ein und es that ihm leid und er sagte, er wolle nie wieder so sein, dann schlichen wir uns befriedigt zu Bett.
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Dreißigstes Kapitel
Ratten. – Lebhafte Bettgenossen. – Die Strohpuppe.
Am Morgen schlichen wir uns ins nächste Dorf und erhandelten eine tüchtige Rattenfalle, trugen sie in den Keller, öffneten das größte Rattenloch und hatten in vielleicht einer halben Stunde fünfzehn der fettesten, prächtigsten Ratten gefangen. Nun schleppten wir, der Sicherheit halber, die ganze Ladung zusamt der Falle unter Tante Sallys Bett, was der unnahbarste und geheiligtste Ort im ganzen Hause war, dem sich so leicht keine der kleinen Rangen zu nahen wagte, und machten uns auf die Spinnenjagd. Während wir weg waren, muß das Unglück den kleinen Thomas Franklin Benjamin Jefferson Alexander Phelps in die Nähe des Rattenverstecks führen! Er die Bescherung entdecken und die Falle öffnen, war natürlich eins; und als wir zurückkamen, um unser mühsam erworbenes Eigentum an uns zu nehmen, stand Tante Sally auf dem Bett und schrie Mord und Totschlag, Diebe, Räuber, Feuer, und die Ratten führten den tollsten Kriegstanz vor ihr auf, tobten, pfiffen und rasten über Bett, Tische und Stühle, daß einem Hören und Sehen verging. Als sich die wilde Jagd durch die von uns offen gelassene Thüre etwas verzogen hatte, kriegte die arme abgehetzte Frau einen Rohrstock her, klopfte uns, ohne viel zu fragen, die Kleider am Leibe tüchtig aus und wir brauchten dann zwei volle Stunden, um weitere fünfzehn oder sechzehn Ratten zu fangen, die den andern das Wasser