Гарриет Бичер-Стоу

Die 15 beliebtesten Kinderbücher in einem Band (Illustriert)


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Inhaltsverzeichnis

      Am andern Tage kam der Peter gerade zur rechten Zeit in die Schule heruntergefahren. Sein Mittagessen hatte er in seinem Sack mitgebracht, denn da ging es so zu: Wenn um Mittag die Kinder im Dörfli nach Hause gingen, dann setzten sich die einzelnen Schüler, die weit weg wohnten, auf die Klassentische, stemmten die Füße fest auf die Bänke und breiteten auf den Knien die mitgebrachten Speisen aus, um so ihr Mittagsmahl zu halten. Bis um ein Uhr konnten sie sich daran vergnügen, dann fing die Schule wieder an. Hatte der Peter einmal einen solchen Schultag mitgemacht, dann ging er am Schluß zum Öhi hinüber und machte seinen Besuch beim Heidi.

      Als er heute nach Schulschluß in die große Stube beim Öhi eintrat, schoß das Heidi gleich auf ihn zu, denn gerade auf ihn hatte es gewartet. »Peter, ich weiß etwas«, rief es ihm entgegen.

      »Sag's«, gab er zurück.

      »Jetzt mußt du lesen lernen«, lautete die Nachricht.

      »Hab's schon getan«, war die Antwort.

      »Ja, ja, Peter, so mein ich nicht«, eiferte jetzt das Heidi. »Ich meine so, daß du es nachher kannst.

      »Kann nicht«, bemerkte der Peter.

      »Das glaubt dir jetzt kein Mensch mehr und ich auch nicht«, sagte das Heidi sehr entschieden. »Die Großmama in Frankfurt hat schon gewußt, daß es nicht wahr ist, und sie hat mir gesagt, ich soll es nicht glauben.«

      Der Peter staunte über diese Nachricht.

      »Ich will dich schon lesen lehren, ich weiß ganz gut, wie«, fuhr das Heidi fort. »Du mußt es jetzt einmal erlernen, und dann mußt du alle Tage der Großmutter ein Lied lesen oder zwei.«

      »Das ist nichts«, brummte der Peter.

      Dieser hartnäckige Widerstand gegen etwas, das gut und recht war und dem Heidi so sehr am Herzen lag, brachte es in Aufregung. Mit blitzenden Augen stellte es sich jetzt vor den Buben hin und sagte bedrohlich:

      »Dann will ich dir schon sagen, was kommt, wenn du nie etwas lernen willst: Deine Mutter hat schon zweimal gesagt, du müssest auch nach Frankfurt, daß du allerhand lernest, und ich weiß schon, wo dort die Buben in die Schule gehen. Beim Ausfahren hat mir die Klara das furchtbar große Haus gezeigt. Aber dort gehen sie nicht nur, wenn sie Buben sind, sondern immerfort, wenn sie schon ganz große Herren sind, das habe ich selber gesehen. Und dann mußt du nicht meinen, daß nur ein einziger Lehrer da ist wie bei uns, und ein so guter. Da gehen immer ganze Reihen, viele miteinander in das Haus hinein, und alle sehen ganz schwarz aus, wie wenn sie in die Kirche gingen, und haben so hohe schwarze Hüte auf den Köpfen« - und das Heidi gab das Maß von den Hüten an vom Boden auf.

      Dem Peter fuhr ein Schauder den Rücken hinauf.

      »Und dann mußt du dort hinein unter alle die Herren«, fuhr das Heidi mit Eifer fort, »und wenn es dann an dich kommt, so kannst du gar nicht lesen und machst noch Fehler beim Buchstabieren. Dann kannst du nur sehen, wie dich die Herren ausspotten, das ist dann noch viel ärger als die Tinette, und du solltest nur wissen, wie es ist, wenn diese spottet.«

      »So will ich«, sagte der Peter halb kläglich, halb ärgerlich.

      Im Augenblick war das Heidi besänftigt. »So, das ist recht, dann wollen wir gleich anfangen«, sagte es erfreut, und geschäftig zog es den Peter an den Tisch hin und holte das nötige Werkzeug herbei.

      In dem großen Paket der Klara hatte sich auch ein Büchlein befunden, das dem Heidi wohlgefiel, und schon gestern nacht war es ihm in den Sinn gekommen, das könne es gut zu dem Unterricht für den Peter gebrauchen, denn das war ein Abc-Büchlein mit Sprüchen.

      Jetzt saßen die beiden am Tisch, die Köpfe über das kleine Buch gebeugt, und die Lehrstunde konnte beginnen.

      Der Peter mußte den ersten Spruch buchstabieren und dann wieder und dann noch einmal, denn das Heidi wollte die Sache sauber und geläufig haben.

      Endlich sagte es: »Du kannst's immer noch nicht, aber ich will dir ihn jetzt einmal hintereinander lesen; wenn du weißt, wie's heißen muß, kannst du's dann besser zusammenbuchstabieren.« Und das Heidi las:

      »Geht heut das A B C noch nicht,

       Kommst morgen du vors Schulgericht.«

      »Ich geh nicht«, sagte der Peter störrisch.

      »Wohin?« fragte das Heidi.

      »Vor das Gericht«, war die Antwort.

      »So mach, daß du einmal die drei Buchstaben kennst, dann mußt du ja nicht gehen«, bewies ihm das Heidi.

      Jetzt setzte der Peter noch einmal an und repetierte beharrlich die drei Buchstaben so lange fort, bis das Heidi sagte:

      »Jetzt kannst du die drei.«

      Da es aber nun bemerkt hatte, welch eine Wirkung der Spruch auf den Peter ausgeübt hatte, wollte es gleich noch ein wenig vorarbeiten für die folgenden Lehrstunden.

      »Wart, ich will dir jetzt noch die anderen Sprüche lesen«, fuhr es fort, »dann wirst du sehen, was alles noch kommen kann.«

      Und es begann sehr klar und verständlich zu lesen:

      »D E F G muß fließend sein,

      Sonst kommt ein Unglück hintendrein.

      Vergessen H I K,

      Das Unglück ist schon da.

      Wer am L M noch stottern kann,

      Zahlt eine Buß und schämt sich dann.

      Es gibt etwas, und wüßtest's du,

      Du lerntest schnell N O P Q.

      Stehst du noch an bei R S T,

      Kommt etwas nach, das tut dir weh.«

      Hier hielt das Heidi inne, denn der Peter war so mäuschenstill, daß es einmal sehen mußte, was er mache. Alle die Drohungen und geheimen Schrecknisse hatten ihm so zugesetzt, daß er kein Glied mehr bewegte und schreckensvoll das Heidi anstarrte.

      Das rührte sogleich sein mitleidiges Herz, und tröstend sagte es: »Du mußt dich nicht fürchten, Peter; komm du jetzt nur jeden Abend zu mir, und wenn du dann lernst wie heut, so kennst du allemal zuletzt die Buchstaben, und dann kommt ja das andere nicht. Aber nun mußt du alle Tage kommen, nicht so, wie du in die Schule gehst; wenn es schon schneit, es tut dir ja nichts.«

      Der Peter versprach, so zu tun, denn der erschreckende Eindruck hatte ihn ganz zahm und willig gemacht. Jetzt trat er seinen Heimweg an.

      Der Peter befolgte Heidis Vorschrift pünktlich, und jeden Abend wurden mit Eifer die folgenden Buchstaben einstudiert und der Spruch beherzigt.

      Oft saß auch der Großvater in der Stube und hörte dem Exerzitium zu, indem er vergnüglich sein Pfeifchen rauchte, während es öfter in seinen Mundwinkeln zuckte, so, als ob ihn von Zeit zu Zeit eine große Heiterkeit übernehmen wollte.

      Nach der großen Anstrengung wurde der Peter dann meistens aufgefordert, noch dazubleiben und beim Abendessen mitzuhalten, was ihn alsbald für die ausgestandene Angst, die der heutige Spruch mit sich gebracht hatte, reichlich entschädigte.

      So gingen die Wintertage dahin. Der Peter erschien regelmäßig und machte wirklich Fortschritte mit seinen Buchstaben.

      Mit den Sprüchen hatte er aber täglich zu fechten. Man war jetzt beim

       U angelangt. Als das Heidi den Spruch las:

      »Wer noch das U in V verdreht,

       Kommt dahin, wo er nicht gern geht«,

      da knurrte der Peter: »Ja, wenn ich ginge!« Aber er lernte doch tüchtig zu, so, als stehe er unter dem Eindruck, es könnte ihn doch heimlich einer beim Kragen nehmen und dorthin bringen, wohin er nicht gern ginge.

      Am folgenden Abend las das Heidi:

      »Ist