J. L Browning

Heißes Blut


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Dr. Penny anfassen würde.

      Dr. Brandywine zog sich rasch an und ging dann ins Badezimmer, um sich Hände und Gesicht sehr gründlich zu waschen.

      „Darling-Girl!“ rief er ins Schlafzimmer. „Du warst wunderbar!“ Dabei hoffte er jedoch, daß die Schwester von der dritten Station jetzt nicht wie üblich auch hierher ins Bad kommen würde, um ihn zu umgirren. An sich war er ihrer schon ziemlich überdrüssig. Er konnte sich nicht einmal an ihren Namen erinnern. Das überraschte ihn nicht sonderlich, denn so war es fast immer. Auf der anderen Seite verspürte er aber auch keine Lust, sich eine Schwester zum Feinde zu machen. Damit konnte der reibungslose Ablauf in einem Krankenhaus doch zu sehr gestört werden.

      Er gab dem Mädchen noch rasch einen flüchtigen Kuß auf die Wange, dann verließ er seine Wohnung. Auf dem Wege zur kleinen Unfallstation überlegte er allerdings schon, wie er dieser rothaarigen Schwester am besten den Laufpaß geben könnte, ohne daß sie deswegen gleich die Stellung aufgab.

      Erst als Dr. Brandywine im Erdgeschoß angelangt war, dachte er an den Unfall, den Dr. Penny erlitten haben sollte. Als er dann den Raum betrat, zog er doch unwillkürlich sehr scharf die Luft ein. Er unterdrückte jedoch sofort den Schock, den ihm Dr. Pennys Anblick versetzte.

      Joel Penny war sein Freund. Von allen Leuten, die Dr. Brandywine je gekannt hatte, schätzte und respektierte er Dr. Penny am meisten.

      „Joel …!“ sagte er leise und ungläubig. „Deine Hände! Joel, Mann Gottes!“ Dann handelte er sehr rasch und zielstrebig. Er stellte Fragen, und Dr. Penny antwortete. Miß Reynolds und Dr. Brandywine arbeiteten zusammen, ohne daß sich einer von ihnen die Abneigung dem anderen gegenüber anmerken ließ.

      Als Dr. Pennys Hände behandelt und verbunden waren, sagte Dr. Brandywine: „Wie wär’s denn, wenn du dich hier ein paar Stunden ins Bett legen würdest?“

      „Das kann ich nicht tun“, sagte Dr. Penny und lächelte ein wenig schief. „Sandra hat’s nicht gern, wenn sie allein im Haus sein muß. Sie hat eine geradezu unvernünftige Angst davor, allein im Dunklen zu sein.“

      „Dann werde ich Sandra einfach anrufen und bitten, ebenfalls hierherzukommen“, schlug Miles vor. Er erwähnte nichts von den Hintergedanken, die er dabei hatte, als er sich im Geiste Sandras schmucken, strammen Arsch vorstellte und zugleich daran dachte, daß sie auf ihren Mann doch keinerlei Rücksicht nahm. „Ich möchte wetten, du hast ihr noch nicht mal gesagt, daß du verletzt wurdest, Joel!“

      „Ich möchte sie doch nicht wegen nichts und wieder nichts aufregen“, antwortete Joel Penny. Seine Antwort war typisch.

      Miles Brandywine verschränkte die Finger, um sich jetzt nicht zu einer unbedachten Bemerkung hinreißen zu lassen. Worte über Sandra blieben am besten ungesagt.

      „Dann nimm wenigstens meinen Wagen, Joel“, schlug Miles vor. „Und ich werde einen der Pfleger mitschicken.“ Er lächelte sekundenlang und fügte hinzu: „Ich nehme nicht an, daß jemand auch in meinem Wagen eine Bombe untergebracht hat, aber ich überlege doch, wen wir den Wagen lieber erst einmal ausprobieren lassen könnten.“ Brandywine war nicht überrascht, als sich Hope Reynolds dafür sofort freiwillig erbot. Er zeigte ihr den üblichen Gesichtsausdruck … ein freundliches Lächeln, das Miß Reynolds nicht ahnen ließ, wie leid sie Dr. Brandywine im Grunde genommen tat.

      „Das war doch nur als Scherz gedacht, Miß Reynolds“, sagte er. „Sie werden natürlich nichts dergleichen tun und schon gar nicht meinen Wagen ausprobieren, um festzustellen, ob nicht vielleicht doch jemand eine Bombe darin versteckt hat.“ Er rief einen Pfleger herbei und gab dem jungen Mann genaue Anweisungen, dann begleitete er Joel Penny zum Nebenausgang des Krankenhauses. Der Pfleger wartete bereits im Wagen und ließ den Motor laufen. Miles beobachtete, wie Joel vorn neben dem Fahrer Platz nahm, dann machte er den Wagenschlag zu. „Und komme ja erst wieder zum Dienst, wenn du dich absolut wohl fühlst, Joel. Wir kommen schon zurecht.“

      Joel nickte nur, dann rollte Dr. Brandywines Wagen beinahe lautlos davon.

      Miles Brandywine kehrte in die kleine Unfallstation zurück, wo er Hope Reynolds gerade noch dabei antraf, wie sie sich die Augen wischte und geräuschvoll die Luft durch die Nase einzog. Er sagte kein Wort, denn obwohl er diese Schwester persönlich nicht leiden konnte, hatte er Verständnis für ihre Tränen. War ihm doch selbst wegen der Verletzungen des befreundeten Kollegen zum Heulen zumute. Die altjüngferliche Krankenschwester strahlte offene Feindseligkeit aus. Schließlich brach sie das Schweigen.

      „Ich kann einfach nicht verstehen, warum irgend jemand Dr. Penny Schaden zufügen will! Er ist doch der wunderbarste …“ Sie brach ab und fügte hinzu: „Jedermann mag doch Dr. Penny!“

      „Da haben Sie ganz recht“, antwortete Brandywine. „Es ist geradezu unvorstellbar, daß jemand ihn töten wollte!“ Er grinste die Schwester ziemlich schief an. „Dagegen könnte ich mir zum Beispiel eine ganze Menge Leute vorstellen, die mich liebend gern ins Jenseits befördern möchten! Oder auch Dr. Royal. Aber Dr. Penny … er ist wirklich ein wunderbarer Mann, wie Sie eben ganz richtig gesagt haben.“

      „Ich wollte damit ausdrücken, daß er ein wunderbarer Arzt ist, Dr. Brandywine!“ entgegnete Miß Reynolds gereizt. „Nicht ‚Mann‘, wie Sie es eben ausgedrückt haben.“

      „Herrgott, Miß Reynolds, seien Sie doch nicht immer so steif, als hätten Sie einen Ladestock verschluckt! Ich bin wegen dieser Sache, die mit Joel passiert ist, genauso aufgeregt wie Sie! Und ich kann auch Ihnen nachfühlen, wie Ihnen jetzt zumute sein muß, denn ich verstehe durchaus, was Sie für ihn empfinden.“

      „Dr. Brandywine!“ Das Gesicht der neunundzwanzigjährigen Krankenschwester war jetzt wie in Glut getaucht. Ihre recht hübschen blauen Augen blickten alarmiert und erschrocken drein.

      „Tut mir leid, Miß Reynolds. Entschuldigen Sie, bitte. Vergessen wir den letzten Teil unserer Unterhaltung.“ Die Schwester warf ihm einen wütenden Blick zu. Ihre weichen Lippen bebten, aber sie reckte trotzig das Kinn vor und verschränkte die Hände, während sie sagte: „Dr. Brandywine! Nur weil Sie mit Ihrem Charme alle anderen Schwestern dazu bringen können, das Höschen auszuziehen und mit Ihnen ins Bett zu gehen, bilden Sie sich ja nicht ein, daß Sie auch mich becircen können! Ich bin eine anständige Frau, und ich lasse mich von meinem Vorgesetzten nicht beleidigen! Als Krankenschwester kann ich mit einer makellosen Vergangenheit aufwarten, und ich habe auch nicht die Absicht …“

      „Ich hab’ doch schon gesagt, daß es mir leid tut, Miß Reynolds“, unterbrach er ihren Redefluß. „Was wollen Sie denn jetzt noch, gottverdammt noch mal? Ich verspreche Ihnen, Sie nie wieder zu beleidigen. Und ich habe Sie doch bereits gebeten, den letzten Teil unseres Gesprächs zu vergessen. Was …“

      Die Schwester rannte bereits aus dem Zimmer.

      „Herrgott im Himmel!“ knurrte Dr. Brandywine vor sich hin. Dann seufzte er und ging wieder in seine Wohnung hinauf. Als er im Bett lag, versuchte er sich abzulenken, indem er an die rothaarige Schwester dachte, die ihren subtilen Duft auf den Kissen hinterlassen hatte. Während Miles zur Zimmerdecke hinaufstarrte, überlegte er wieder einmal, wie diese Schwester eigentlich hieß. Er erinnerte sich jedoch nur daran, sie stets ‚Darling-Girl’ gerufen zu haben, weil ihm einfach der Name nicht einfallen wollte. Das war nicht gerade sehr erfreulich für ihn.

      Er hielt es irgendwie für unanständig, sich nicht einmal mehr an den Namen dieser rothaarigen Schwester erinnern zu können, die er während der letzten Woche jede Nacht gebumst hatte. Er stellte sich wieder ihren Anblick vor, als sie sich ausgezogen hatte. Da hatte er zwar bereits gewußt, daß er ihrer allmählich überdrüssig wurde, aber er hatte doch einen Steifen bekommen und die Rothaarige haben wollen. Doch dann hatte sie angefangen, über Dinge zu reden, die darauf schließen ließen, daß sie es auf eine permanente Bindung abgesehen hatte. Offensichtlich glaubte sie in ihrem hübschen Köpfchen bereits Hochzeitsglocken läuten zu hören. Bei dem Gedanken, sich in diesem dichten Netz aus rotem, gekräuseltem Fotzenhaar einfangen zu lassen, war Miles innerlich heftig zusammengeschaudert. Neiiiin! Du lieber Himmel … nein! dachte er jetzt, während er spürte, wie ihm der kalte