Will Berthold

Pinien sind stumme Zeugen


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er sich entschloß, Politiker zu werden, den letzten Dollar abgestottert.

      Würde jetzt unter seiner Regierungszeit ein Staatskonkurs gebaut, gäbe es keine Rückzahlung.

      »Leider haben wir jeden Grund zur Schwarzseherei, Mister President«, wirft der Finanzminister ein. »Unsere Banknoten werden nach einem ausgeklügelten Verfahren hergestellt. Mindestens drei Dutzend Raffinessen stellen für Fälscher die Fallen auf; es ist noch keinem gelungen, eine auch nur mehr als flüchtige Ähnlichkeit mit den echten Greenbacks herzustellen. Sie wissen, Mister President, wie Experten sind. Fünf von ihnen vertreten meistens sechs Meinungen; doch hier sind – oder besser waren – sich alle Sachverständigen einig, daß es unmöglich ist, Dollarnoten zu fälschen.«

      »Bis jetzt«, erwidert der Präsident sarkastisch. »Nunmehr aber sind falsche Greenbacks im Umlauf. Vermutlich haben Sie diese nur an der gleichlautenden Numerierung erkannt.«

      »So ist es, Mister President.«

      »Und das kann kein technisches Versehen sein?«

      »Ausgeschlossen«, erwidert der Gouverneur der Notenbank. »Jeder Fehldruck wird von uns sorgfältig registriert und vernichtet. Wir führen Buch über jedes Gramm Papier in den Staatsdruckereien. Wir arbeiten mit Doppelsicherung und Dreifachkontrolle. Wir können jede Panne ausschließen – schließlich hat es auch noch keine gegeben.«

      »Vielleicht bis jetzt«, erwidert der Regierungschef. »Ein technischer Fallout oder menschliches Versagen lassen sich bei aller Wachsamkeit wohl niemals restlos ausschließen.«

      »Ich bleibe dabei«, sagt der Staatsbanker. »Irrtum ausgeschlossen. Ich muß noch etwas Furchtbares feststellen: Wer Fünfzig-Dollar-Noten so perfekt nachahmt, kann praktisch alle US-Werte fälschen. Bekanntlich zeigen Fünfzig-Dollar-Scheine das Bildnis General Grants. Setzen Sie Benjamin Franklins Konterfei auf die Note, sind es schon hundert Dollar, und das Clevelands tausend …«

      »Und ein Madison fünftausend«, unterbricht ihn der Präsident ungehalten. »Ein Chase zehntausend und ein Wilson hunderttausend Dollar«, schnauft er verärgert. »Dear me, herrliche Aussichten! Wie viele dieser Dollarblüten sind schätzungsweise im Umlauf?«

      »Das kann ich noch nicht sagen«, versetzt der Gouverneur. »Wir haben vor zehn Tagen den ersten Hinweis erhalten. Wir müssen bei unseren Nachforschungen äußerst behutsam vorgehen, um keine Panik auszulösen.«

      »Halten Sie es für möglich, daß die Blüten schon vor längerer Zeit in Umlauf gebracht wurden?«

      »Möglich – wir wissen es nicht.«

      »Was wissen wir überhaupt?« giftet der Staatschef.

      »Daß der gesamte Geldverkehr zusammenbricht, wenn wir die Geldfälscher nicht schleunigst zur Strecke bringen.«

      Es bleibt still. Die Teilnehmer mit den betretenen Gesichtern leisten keinen Widerspruch.

      »Es ist so«, schaltet sich erstmals FBI-Chef Hoover in das Gespräch. »Ein Anteil von 0,05 Prozent Falschgeld nimmt man in allen Ländern hin wie die Minimalverschmutzung in einem Hallenbad. Diese Fälschungen sind mehr oder weniger plump. Ich möchte sagen, wer sich Blüten andrehen läßt, ist selber schuld. Sie werden eingezogen, der unfreiwillige Verteiler hat den Schaden und paßt das nächste Mal besser auf. Falsifikate hatten bisher keine Chance. Spätestens am nächsten Bankschalter oder Postbüro werden sie erkannt und aus dem Verkehr gezogen. Beim Auftauchen neuer Blüten warnen wir natürlich die Öffentlichkeit, weisen auf Abweichungen in der Gravur oder in der Farbe oder im Papier hin. Der Fälscher macht immer den gleichen Fehler; wir kennen ihn also bereits, bevor wir wissen, wie er heißt. Hier stehen wir vor einer schrecklichen Fatalität: Die Fälscher arbeiten fehlerlos. Das hat es noch nie gegeben, und es könnte, wenn wir es nicht abstellen, den Staatsnotstand auslösen.«

      »Well, eine verdammte Geschichte«, erwidert der Präsident. »Selbstverständlich erhalten Sie von mir jede Unterstützung. Sie hätten mich deswegen«, setzt er mit leisem Tadel hinzu, »nicht aus dem Wahlkampf reißen müssen. Wie gesagt: Ich stehe voll hinter Ihnen, aber ich muß doch feststellen: Es ist Ihr Job, diese Falschmünzer zu kassieren, nicht der meine.«

      Es ist einer der Tiefschläge à la Truman, aber die Zuhörer zeigen Nehmerqualität und nicken zustimmend; sie hatten schon oft Gelegenheit, den gesunden Menschenverstand des Präsidenten zu bewundern.

      »Auch auf die Gefahr hin, mir Ihren Zorn vollends zuzuziehen, Mister President«, lenkt der CIA-Director die Aufmerksamkeit auf sich, »muß ich feststellen: Hier handelt es sich um keine der üblichen kriminellen Fälscherbanden. Wir müssen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit einen politischen Hintergrund vermuten und …«

      »Wie kommen Sie darauf?« unterbricht ihn Truman.

      »Mr. Hoover und ich haben Mr. Partaker und seinen FBI-Kollegen Ginty gebeten, anhand aller Unterlagen und zugänglichen Informationen diesen Fall zu analysieren.« Er betrachtet den Präsidenten fragend. »Schießen Sie los, James«, sagt er, als Truman nickt.

      »Ich möchte Mr. Hoovers treffliche Ausführungen noch in einem Punkt ergänzen«, beginnt Hillenkoeters Hausgenie. »Nicht nur der US-Dollar, sondern auch das britische Pfund galten als absolut fälschungssichere Banknoten. Doch den Nazis war seinerzeit das Unmögliche gelungen: In jahrelanger Arbeit bildeten sie im Camp Oranienburg nördlich von Berlin ein erstklassiges Fälscherteam von Druckspezialisten, Papieringenieuren, Chemographen und so weiter aus, das nach mehrjährigen Versuchen in der Lage war, absolut identische Pfundnoten herzustellen und in großer Menge zu verbreiten. Die Falschgeldlawine war für Großbritannien eine tödliche Bedrohung. England hat sie vor der Öffentlichkeit – auch vor uns, ihren Verbündeten – verheimlicht und mußte nach dem Krieg für Milliardenverluste geradestehen. Die Briten waren gezwungen, alle Geldscheine – bis auf die Fünf-Pfund-Note – aus dem Verkehr zu ziehen und durch neue zu ersetzen …«

      »Das ist bekannt«, wirft der Präsident ein. »Und die Nazis haben wir doch zum Teufel gejagt.«

      »Nicht alle«, entgegnete Partaker, »und, soweit wir ihn nicht sicherstellen konnten, schon gar nicht ihren Nachlaß. Zum größten Teil haben ihn die Russen erbeutet, zum anderen die Partisanen in Italien, Frankreich und Jugoslawien. Auch Zufallsfinder oder besonders schlaue Hitler-Aktivisten haben davon profitiert, die an ihre Zukunft dachten und den Schatz auf die Seite schafften.« Partaker nimmt einen Schluck Wasser. »Wir wissen mit Sicherheit«, fährt er fort, »daß nach dem Kriegseintritt Amerikas der Befehl an das ›Unternehmen Bernhard‹ (unter diesem Decknamen lief Himmlers Falschgeld-Aktion) ergangen war, auch Dollars zu fälschen. Wir wissen weiter, daß nach großen Schwierigkeiten erstklassige Greenback-Blüten kurz vor Kriegsende fertiggestellt waren, doch durch den plötzlichen Zusammenbruch kamen sie wohl nicht mehr in den Verkehr. Gegen Ende des Krieges wurde das Fälscherteam nach Süden in die ›Festung Alpenland‹ evakuiert; aber Oranienburg liegt in der heutigen Sowjetzone, und Sie können sich darauf verlassen, Mister President, daß die Russen das zum Teil unzerstörte Barackenlager genau untersucht haben.«

      »Sie meinen, die Sowjets stecken hinter diesen Blüten?«

      »Ich meine gar nichts, Mister President«, entgegnet der Experte. »Ich möchte Ihnen nur die Möglichkeiten aufzählen, die sich aus diesen unumstößlichen Tatsachen ergeben können: erstens also die Russen, die bei der weltweiten Auseinandersetzung zwischen Kommunismus und Kapitalismus ein Motiv hätten, unsere Währung zu ruinieren.

      Zum zweiten könnten die Häftlingsfälscher selbst – soeben wurden vier von ihnen in Paris verhaftet – Klischees und Papier auf die Seite gebracht haben und nun auf eigene Faust und zum eigenen Nutzen das tun, wozu der Nazi-Staat sie seinerzeit gezwungen hatte.

      Der Vertrieb der Blüten lief über Norditalien. Hier waren die Partisanen sehr aktiv, und die stärkste Gruppe stellten die Kommunisten. Wie wir alle wissen, verfügt die Partita Communista über schier unbegrenzte Geldmittel. Niemand kann sagen, ob sie aus dem Mussolini-Goldschatz stammen, ober ob sich die Genossen zu späten Erben von Oranienburg gemacht haben und sich – vielleicht sogar ohne Wissen der Sowjets – die Taschen füllen.« Partaker sieht,