Jules Verne

Die Abenteuer des Kapitän Hatteras


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so ist’s nichts. Neh­men Sie an, so sol­len Sie fünf­hun­dert Pfund als Ge­halt emp­fan­gen, und nach Ver­lauf je­des Jah­res, so­lan­ge die Un­ter­neh­mung dau­ert, soll Ihr Ge­halt um ein Zehn­tel er­höht wer­den.

      Die Brigg For­ward exis­tiert noch nicht. Sie müs­sen sie noch bau­en las­sen, so­dass sie spä­tes­tens zu An­fang April 1860 in die See ste­chen kann. Hier­bei folgt ein de­tail­lier­ter Plan mit Au­friss. Sie ha­ben sich pünkt­lich dar­an zu hal­ten. Das Schiff soll in den Werf­ten der Her­ren Scott & Cie. ge­zim­mert wer­den, mit wel­chen Sie sich dar­über zu be­neh­men ha­ben.

      Ich emp­feh­le Ih­nen ganz be­son­ders die Be­man­nung des For­ward; sie wird be­ste­hen aus ei­nem Ka­pi­tän, der bin ich, ei­nem Lieu­ten­ant, Sie, ei­nem drit­ten Of­fi­zier, ei­nem Rüst­meis­ter, zwei Ma­schi­nis­ten, ei­nem Eis­meis­ter, acht Ma­tro­sen und zwei Hei­zern, zu­sam­men acht­zehn Mann, in­be­grif­fen den Dok­tor Cla­w­bon­ny aus die­ser Stadt, wel­cher zu ge­hö­ri­ger Zeit bei Ih­nen er­schei­nen wird.

      Die zur Teil­nah­me an der Ex­pe­di­ti­on des For­ward be­ru­fe­nen Leu­te müs­sen Eng­län­der sein, frei, ohne Fa­mi­lie, un­ver­hei­ra­tet, nüch­tern (denn geis­ti­ge Ge­trän­ke und selbst Bier wer­den an Bord nicht ge­dul­det), be­reit al­les zu un­ter­neh­men und al­les zu er­tra­gen. Sie wer­den die­sel­ben vor­zugs­wei­se aus Leu­ten von san­gui­ni­scher Lei­bes­be­schaf­fen­heit wäh­len, wel­che eben des­halb das Le­ben­s­prin­zip tie­ri­scher Wär­me in hö­he­rem Gra­de in sich ent­hal­ten.

      Sie bie­ten ih­nen das Fünf­fa­che ih­res ge­wöhn­li­chen Sol­des, mit ei­ner jähr­li­chen Zu­la­ge von ei­nem Zehn­tel. Bei Been­di­gung der Un­ter­neh­mung wer­den je­dem der­sel­ben fünf­hun­dert Pfund zu­ge­si­chert, und zwei­tau­send Pfund Ih­nen. Die­se Gel­der wer­den von den ob­ge­dach­ten Her­ren Mar­cuart & Cie. be­zo­gen.

      Die­se Un­ter­neh­mung wird lan­ge dau­ern und voll Stra­pa­zen, aber eh­ren­voll sein. Sie ha­ben sich also nicht zu be­sin­nen, Herr Shan­don.

      P. S. Sie wer­den künf­ti­gen fünf­zehn­ten Fe­bru­ar einen großen dä­ni­schen Hund mit her­ab­hän­gen­den Lef­zen, schwärz­lich fahl mit schwar­zen Qu­er­strei­fen emp­fan­gen. Sie wol­len ihm an Bord eine Stät­te an­wei­sen und ihm Gers­ten­brot ver­mischt mit Brü­he von Talg­brot zum Fut­ter ge­ben. Den Empfang des Hun­des mel­den Sie nach Li­vor­no un­ter glei­chen Buch­sta­ben wie oben.

      Der Ka­pi­tän des For­ward wird zu pas­sen­der Zeit sich ein­fin­den und zu er­ken­nen ge­ben. Im Au­gen­blick der Ab­fahrt wer­den Sie neue In­struk­tio­nen be­kom­men.

      Der Ka­pi­tän des For­ward

      K. Z.«

      1 post­la­gernd <<<

      Richard Shan­don war ein gu­ter See­mann; er hat­te lan­ge Zeit Wal­fisch­fän­ger in den Nord-Po­lar­mee­ren kom­man­diert und da­bei in ganz Lan­cas­ter einen fest be­grün­de­ten Ruf ge­won­nen. Ein sol­cher Brief konn­te mit Recht tie­fen Ein­druck ma­chen; dies ge­sch­ah denn auch bei ihm, doch blieb er kalt­blü­tig.

      Er be­fand sich zu­dem in den ge­wünsch­ten Ver­hält­nis­sen; we­der Frau, noch Kin­der, noch Ver­wand­te; ein frei­er Mann, wie ir­gend ei­ner. Da er also mit nie­mand zu be­ra­ten hat­te, be­gab er sich stracks zu den Ban­kiers Mar­cuart & Cie.

      »Wenn das Geld da ist«, sag­te er sich, »kommt das üb­ri­ge von selbst.«

      Er wur­de in dem Bank­hau­se mit den Rück­sich­ten emp­fan­gen, wel­che man ei­nem Man­ne zollt, auf den sech­zehn­tau­send Pfund ru­hig in ei­ner Kas­se war­ten. Als die­ser Punkt im rei­nen war, ließ sich Shan­don ein Blatt wei­ßes Pa­pier ge­ben und mel­de­te mit der­ber See­manns­hand­schrift sei­ne An­nah­me un­ter der an­ge­ge­be­nen Adres­se.

      Noch den­sel­ben Tag setz­te er sich mit den Schiff­bau­meis­tern zu Bir­ken­head in Ver­bin­dung, und vier­und­zwan­zig Stun­den nach­her lag be­reits der Kiel des For­ward der Län­ge nach auf den Sta­pel­blö­cken des Zim­mer­plat­zes.

      Richard Shan­don war ein Jung­ge­sel­le von vier­zig Jah­ren, kräf­tig, ener­gisch und tap­fer, drei Vor­zü­ge ei­nes See­manns, denn sie ver­lei­hen Zu­ver­sicht, Nach­druck und Kalt­blü­tig­keit. Er war als ein ei­fer­süch­ti­ger und schwer zu be­frie­di­gen­der Cha­rak­ter be­kannt, da­her auch nie von sei­nen Ma­tro­sen ge­liebt, viel­mehr ge­fürch­tet. Die­ser Ruf ging üb­ri­gens nicht so­weit, dass er ihm Mühe ver­ur­sacht hät­te, sei­ne Mann­schaft zu­sam­men­zu­brin­gen, denn man wuss­te, dass er ge­wandt sich aus der Not her­aus­zu­zie­hen ver­moch­te.

      Shan­don be­sorg­te, die ge­heim­nis­vol­le Sei­te möge ge­eig­net sein, ihn in sei­nem Vor­ge­hen zu hem­men.

      »So ist’s denn auch am bes­ten«, sag­te er sich, »nichts laut wer­den zu las­sen; es gibt See­hun­de, die möch­ten auch das Weil und Wa­rum der Sa­che wis­sen, und da ich nichts weiß, so wäre ich sehr in Ver­le­gen­heit, ih­nen zu ant­wor­ten. Die­ser K. Z. ist si­cher ein son­der­li­cher Ge­sel­le; aber schließ­lich kennt er mich und rech­net auf mich: Das ge­nügt. Sein Schiff soll hübsch her­ge­rich­tet wer­den, und ich will nicht Richard Shan­don hei­ßen, wenn es nicht die Be­stim­mung hat, das Eis­meer zu be­fah­ren. Aber das wol­len wir un­ter uns be­hal­ten.«

      Da­rauf ließ sich Shan­don an­ge­le­gen sein, sei­ne Mann­schaft auf­zu­brin­gen, und zwar ge­nau un­ter den vom Ka­pi­tän vor­ge­schrie­be­nen Be­din­gun­gen.

      Er kann­te einen wa­cke­ren, sehr er­ge­be­nen Bur­schen, der ein gu­ter See­mann war, Ja­mes Wall mit Na­men. Der­sel­be moch­te drei­ßig Jah­re alt sein und hat­te schon mehr­mals die nörd­li­chen Mee­re be­sucht. Shan­don bot ihm die Stel­le ei­nes drit­ten Of­fi­ziers an, und Ja­mes Wall nahm ohne wei­te­res an; es war ihm nur um die Fahrt zu tun. Shan­don setz­te ihm die Sa­che im De­tail aus­ein­an­der, und eben­so ei­nem ge­wis­sen John­son, den er zu sei­nem Rüst­meis­ter mach­te.

      »Ein groß’ Glück ist’s nicht«, er­wi­der­te Ja­mes; »so viel wert als sonst et­was. Han­delt sich’s dar­um, die nord­west­li­che Durch­fahrt zu su­chen, so kann man wie­der heim­keh­ren.«

      »Nicht im­mer«, er­wi­der­te Meis­ter John­son; »aber es ist das doch kein Grund, um die Fahrt nicht zu ma­chen.«

      »Üb­ri­gens, ir­ren wir nicht in un­sern Ver­mu­tun­gen«, fuhr Shan­don fort, »so muss man zu­ge­ben, dass die Fahrt un­ter güns­ti­gen Um­stän­den vor sich geht. Der For­ward wird ein vor­züg­li­ches Schiff sein, und mit ei­ner gu­ten Ma­schi­ne ver­se­hen kann er weit fah­ren. Wir brau­chen nur acht­zehn Mann im gan­zen.«

      »Acht­zehn Mann«, ver­setz­te Meis­ter John­son; »so viel hat­te der Ame­ri­ka­ner Kane