zurück zu »menschlich Seienden« verwandeln.
Die Anthropologen Eli und Beth Halpern erinnern uns daran, dass Friedlichkeit eine natürliche Eigenschaft des Menschen ist. Sie berichten: Auf Mikronesisch gibt es das Wort kukaro, das kein entsprechendes Wort im Englischen hat. Wenn Leute sagen, sie werden kukaro, meinen sie, dass sie sich entspannen, herumsitzen, abhängen wollen. Sie wollen sein, sie wollen nichts tun.
Viele von uns können sich nicht an das letzte Mal erinnern, als sie unproduktiv waren bzw. nicht getrieben waren, produktiv zu sein. Viele haben vergessen, wie sehr wir uns früher durch solche alltäglichen Wunder wie das Bestaunen eines Spinnennetzes, das Entdecken einer Tierform in den Wolken oder das Erforschen der zarten Komplexität der Stempel und Staubgefäße einer Blume bezaubern lassen konnten.
Es ist an der Zeit, die emotionale Vitalität des Kindes in uns wiederzuentdecken. Unser inneres Kind vermag in einfachen Vergnügungen dauerhafte Befriedigung finden, weil es diese nicht dazu nutzt, einem inneren Gefühlschaos zu entfliehen. Vielleicht motiviert Sie die Vision des emotional vitalen Dichters Walt Whitman, sich wieder mit der Begeisterungsfähigkeit Ihres verlassenen inneren Kindes zu verbinden:
Ich glaube, ein Grashalm ist nicht geringer als die Flugbahn der Sterne,
Und Brombeerranken könnten die Vorhallen des Himmels schmücken,
Und eine Maus ist Wunder genug, um Trilliarden von Ungläubigen
Ins Wanken zu bringen …
Und ich oder du, ohne einen einzigen Cent in der Tasche, können das Kostbarste der Erde erwerben
Und einen Blick aus den Augen zu tun oder eine Bohne in ihrer Hülse zu zeigen bringt die Gelehrsamkeit aller Zeiten durcheinander …
Viele von uns schrecken vor der Idee zurück, ihre Gefühle willkommen zu heißen, weil sie selten gesunde Gefühlsäußerungen erlebt haben. Der kleine Prozentsatz an Menschen, der in unserer Kultur Gefühle zeigt, tut dies oft auf abstoßende Weise, und viele, die »unter Drogeneinfluss« stehen, sind in ihrer ungezügelten Emotionalität mitleiderregend oder verletzend.
Es gibt auch eine kleine, unübersehbare Gruppe in unserer Bevölkerung, die an einer Borderline-Persönlichkeitsstörung leidet. Betroffene drücken ihre Emotionen in der Regel strafend und aufbrausend aus. Sie wüten und schluchzen krampfhaft ohne Vorbereitung, oft in einer Weise, die uns das Gefühl gibt, kontrolliert und manipuliert zu werden. Ihre extremen emotionalen Verhaltensweisen überzeugen uns ebenfalls davon, dass wir gut daran tun, unsere Gefühle zu verbergen.
Es gibt einen dritten Typus von Menschen, der Gefühle ins schlechte Licht rückt, indem er hartnäckig an ihnen festhält, bis sie zu verbitterten Haltungen werden. Menschen, die sich ständig hinter Reizbarkeit oder Selbstmitleid verschanzen, lassen uns davon Abstand nehmen, Ärger, Traurigkeit oder was auch immer zu fühlen oder zu zeigen.
Wir müssen uns nicht durch den unverantwortlichen Gefühlsausdruck anderer Menschen von unseren Gefühlen entfremden lassen. Ich glaube zwar, dass wir keine große Wahl haben, was wir fühlen, aber ich weiß, dass wir viele Möglichkeiten haben, wie wir auf unsere Gefühle reagieren können. Das Tao der Gefühle beschreibt den Mittelweg zwischen emotionaler Explosivität und emotionaler Kälte – zwischen schädlicher Launenhaftigkeit und ausgetrockneter »Gefühllosigkeit«. Dieses Buch bietet pragmatische Ansätze für einen nicht-destruktiven Umgang mit schmerzhaften und potenziell störenden Gefühlen.
Wir können lernen, auf gute Weise emotional zu sein. Wir können unsere Emotionen zulassen, ohne an ihnen festzuhalten. Wir können unsere Gefühle mildern und uns in unseren Gefühlen entspannen, ohne sie zu verbannen oder zu zementieren. Wir können unsere Gefühle gehen lassen, wenn sie ihre Funktion voll erfüllt haben.
Es gibt auch Zeiten, in denen es erforderlich ist, Gefühle zu sublimieren oder zu unterdrücken. Sublimierung ist die bewusste Entscheidung, emotionale Energie in andere Formen des produktiven Selbstausdrucks zu transformieren und umzulenken, wie z.B. in Sport oder Tanz. Unterdrückung ist die bewusste Entscheidung, unter nicht passenden Umständen auf emotionalen Ausdruck zu verzichten. Selten nützt es etwas, den Chef anzuschreien oder vor unsensiblen Menschen zu weinen. In solchen Situationen können wir das »Ausleben« unserer Emotionen verschieben, bis wir uns in einem sichereren Umfeld befinden.
Automatische Unterdrückung ist nicht die einzige schlechte Wahl, die wir in Bezug auf unsere Gefühle treffen. Eine schädliche Option, die die meisten von uns ständig wählen, ist auch das Festhalten an einem positiven Gefühl, das wir nicht mehr wirklich empfinden. Wenn wir das tun, ersetzen wir die Authentizität eines Gefühls durch eine leere, leblose Vorstellung davon.
Wenn wir uns dazu zwingen, Gefühle des Glücks oder der Liebe zu zeigen, die wir nicht wirklich empfinden, wirken wir künstlich und betrügerisch wie Plastikblumen oder billiges Parfüm. Gezwungenes Lachen und ein angestrengtes Lächeln erwecken ebenso viel Vertrauen wie unehrliche Politiker und »aalglatte« Gebrauchtwagenverkäufer.
Ohne das ganze Spektrum an Emotionen sind wir keine ganzen Menschen. Wir sind vielmehr wie der Künstler, dessen Palette nur Platz für helle und fröhliche Farben hat. Unser Selbstausdruck ist langweilig und oberflächlich wie die Bilder vom Discounter, die mit ihren faden, zarten Pastelltönen in ästhetischer Hinsicht wenig überzeugend sind.
Die »negativen« Emotionen bringen dunkle Farben auf die Palette des Künstlers. Sie eröffnen eine unendliche Auswahl an Farben, Schattierungen und Nuancen. Ohne Schwarz auf der Palette gibt es keine satten Farben, keine Tiefen, keine Kontraste, keine Feinheiten. Ohne dunkle Farben ist es unmöglich, die unendlich vielfältigen Themen und Landschaften des Lebens einzufangen.
Ohne unsere dunkleren Emotionen gibt es wenig Tiefe und Dimensionalität in unserer Beziehung zu anderen. Wir haben keinen Zugang zu den vielen Wegen und Feinheiten der Kommunikation, die Freundschaften reich und dauerhaft interessant machen. Wenn wir nur Freunde sein können, solange wir glücklich und »gut drauf« sind, dann sind unsere Freundschaften schmerzlich oberflächlich.
Tiefe Einsamkeit ist der schreckliche Preis, den wir zahlen, wenn wir unsere Beziehungen zu anderen Menschen nur unter dem Deckmantel des Wohlbefindens führen. Diejenigen, die nur in guten Zeiten für andere da sind, sind Schönwetterfreunde, denen Loyalität und Vertrauen fremd sind.
Die meisten Menschen mögen sich selbst, wenn sie Liebe, Glück oder Gelassenheit empfinden, doch die Person, die sich in Zeiten emotionalen Schmerzes mit sich selbst anfreundet, besitzt ein stabileres und authentischeres Selbstwertgefühl.
Wenn wir lernen, unsere Gefühle unmittelbar wahrzunehmen, entdecken wir schließlich, dass die Hingabe an die Gefühle die bei Weitem effizienteste – und auf lange Sicht am wenigsten schmerzhafte – Art und Weise ist, auf sie zu reagieren. Wir wissen selbst, dass das Leben nicht schmerzfrei sein muss, um es voll genießen zu können. Wir entdecken, dass neue Erfahrungen von Verlust und Schmerz unser Bewusstsein nicht dominieren oder unsere Begeisterung für das Leben vernichten.
Wenn wir lernen, uns mit unseren Gefühlen anzufreunden, leiden wir immer weniger unter selbstschädigenden Gefühlsfluchten. Wir akzeptieren anstandslos die Realität, dass sich unsere emotionale Natur, wie das Wetter, oft unvorhersehbar ändert, mit einer Vielzahl von angenehmen und unangenehmen Eigenschaften. Wir sind uns bewusst, dass wir genauso wenig ein positives Gefühl dazu bringen können, ewig anzudauern, wie die Sonne gezwungen werden kann, ständig zu scheinen.
Wenn wir uns unseren Gefühlen hingeben und ihnen nachgeben, verbinden wir uns wieder mit den unschätzbaren Instinkten und der Intuition, die wir von Natur aus tragen. Manchmal entdecken wir das Wunder aller sogenannten negativen Emotionen. Ich erlebe, wie andere, die ihre Emotionalität wiedererlangt haben, viele wunderbare Erfahrungen machen, bei denen Traurigkeit zu Trost wird, Wut sich zu Lachen entfaltet, Angst in Aufregung umschlägt, Eifersucht zu Wertschätzung wird und Schuld Vergebung ermöglicht.
Wie Schuldzuweisungen zur Vergebung führen
Denn es ist wahr, oder nicht wahr, dass in unserer Welt