und digitalisierten Alltag erträglicher erscheinen, neue Kraft schöpfen und Seelenruhe finden. Trotzdem ist es aber auch so, dass man auf jeder Wanderung, auch wenn man selbst keine Geschichte mehr schreibt, an historischen Orten vorbeikommt – dabei gilt: Manche kennt man, die meisten kennt man nicht.
In der Pfalz ist Geschichte besonders vielfältig – es gibt die großen und bekannten Burgen wie den Trifels oder das Hambacher Schloss. Auf der anderen Seite gibt es genauso schöne Wanderwege zu Burgen, von denen vielleicht der Name bekannt ist, aber nicht deren Geschichte. Mehr noch: Es gibt wohl nur wenige Regionen in Deutschland, die auf und neben den Wanderwege so viel erzählen können. Natürlich nicht nur von stolzen Rittern im Mittelalter, von Reichskleinodien und von dominierenden Burgen. Allzu oft waren es Kriege, die sich aufgrund der geografischen Gegebenheiten vornehmlich in Deutschlands Südwesten abgespielt haben. Ein Beispiel ist der Bauernkrieg, dem vor einem halben Jahrtausend die meisten Burgen und Klöster in der Region zum Opfer fielen; oder der Pfälzische Erbfolgekrieg, der hauptsächlich im Südwesten ausgetragen wurde. Auch die Revolutionskriege zu Ende des 18. Jahrhunderts wurden fast ausschließlich linksrheinisch geführt.
Noch älter sind natürlich die Geschichtszeugnisse, die etwa die Kelten (Ringwälle) oder die Römer (Steinbrüche, Keramikproduktion, Gutshöfe) im deutschen Südwesten hinterlassen haben. Und nur in der Pfalz gibt es einen Ort, der von rätselhaften Ritualtoten in der Jungsteinzeit von vor 7000 Jahren zu berichten weiß.
Ich habe versucht, jede Wanderung so auszugestalten, dass dem Leser nicht nur ein erholsames Wandererlebnis geboten wird – wichtig war auch, dass der Leser vor und nach einer Wanderung den Zugang zur Pfälzer Historie findet und sich an deren Geschichten, Erzählungen und Sagen erfreuen kann.
Ich wünsche Ihnen viel Spaß bei Ihren Wanderungen – tauchen Sie dabei ein in die Vergangenheit der Pfalz!
Ihr Matthias Wittber
Von Dernbach reicht der Blick durch das Tal des Leinbachs zur Ruine Neuscharfeneck (TOUR 20).
Einleitung
Die Pfalz – Wanderungen und Geschichte
Die ältesten archäologischen Funde (und nicht nur Fundspuren) der Pfalz datieren aus der Jungsteinzeit. Bei Ausgrabungen zu einem Gewerbegebiet wurden in Herxheim in der Südpfalz die zerschlagenen Knochen von hunderten von Toten gefunden. Rätselhaft war und ist, dass auch zerbrochene Gefäße und zerstörtes Werkzeug zutage befördert wurden. Anhand von Schnittspuren geht man von systematischen Zerlegungen aus. Dies alles geschah vor 7000 Jahren. Im Museum in Herxheim werden diese Funde anschaulich dargestellt. Die Tour 23 dieses Buches führt uns nicht nur nach Herxheim, sondern auch noch zu drei entzückend schönen Kapellen aus dem 18. und 19. Jahrhundert.
Gleich zwei Touren in diesem Buch sind den Kelten gewidmet. Zum einen wandern wir zum großen keltischen Ringwallsystem am Donnersberg (Tour 1). Dieses Wallsystem aus dem 2. Jahrhundert v. Chr. hatte eine Gesamtlänge von acht Kilometern und war damit eines der größten seiner Art. Nicht minder beeindruckend ist der Ringwall oberhalb der Stadt Bad Dürkheim (Tour 11). Auch dieser ist in seiner Größe noch deutlich zu erkennen. Beide Wanderungen sind Rundtouren; die erste beginnt und endet in Kirchheimbolanden, die zweite Tour führt durch den nördlichen Teil des Pfälzerwalds und hat Bad Dürkheim als Ausgangspunkt.
Menhire oder Hinkelsteine sind schon immer Teil der Pfälzer Geschichte. Auf der Streckenwanderung von Rockenhausen nach Alsenz (Tour 2) kommen wir an einem besonders schönen Exemplar vorbei. Fast vier Meter hoch überrascht es uns am Rande eines Waldweges. Bereits in der Jungsteinzeit wurde begonnen, Menhire aufzurichten. Sie waren zum einen Ort der gemeinschaftlichen Erinnerung an die Vorfahren, aber auch Stätte zum Empfang von Orakeln. Eine weitere historische Sehenswürdigkeit auf dieser Wanderung sind die Reste eines römischen Gutshofes.
Die Auswirkungen der römischen Besiedlung sind durch den Weinbau noch heute zu erfahren. Drei Wanderungen führen uns zu wichtigen archäologischen Stätten. Tour 12 bringt uns zu einer römischen Bergfestung, die tief im Pfälzerwald gelegen ist. Im Gebiet des Westrich wiederum, also am Westrand des Pfälzerwalds, stoßen wir im Rahmen einer Rundwanderung auf die Heidelsburg. Auch sie war eine römische Festung; Spuren deuten allerdings darauf hin, dass auch schon die Kelten die steilen Bergflanken für ein Verteidigungssystem genutzt haben (Tour 17). Für die Römer war der Rhein ein wichtiger Transportweg. Die im südpfälzischen Rheinzabern gebrannten Ziegeln konnten damit in weite Teile Europas verschifft werden. Diese Streckenwanderung (Tour 18) führt von Germersheim in das ehemalige römische Tabernae (Rheinzabern).
Durch die Normanneneinfälle wurden nicht nur Paris, Britannien und Irland bedroht, sondern auch das Rheinland und die Pfalz. Die Rundwanderung der Tour 13 führt uns zu den Heidenlöchern oberhalb von Deidesheim. Diese Fliehburg besaß eine Außenmauer von 450 Metern Länge, die mit einer Pfahlwand verstärkt war; dauerhaft wurde diese Verteidigungsanlage allerdings nie benutzt. Wahrscheinlich wurde nur bei Gefahr Mensch und Vieh dorthin gebracht. Eine weitere Fliehburg sehen wir bei einer Wanderung, deren Ausgangspunkt der kleine Ort Waldhambach ist. Schlössel und Heidenschuh sind ebenfalls Fliehburgen aus der Zeit der normannischen Bedrohung (Tour 22).
Auf einer Holztreppe geht es steil hinauf zur Falkenburg (TOUR 19).
Den Spuren von zwei deutschen Heldenepen gehen wir auf den Touren 7 und 28 nach. Auf der ersten Tour wandern wir von der Nibelungenstadt Worms über die Rheinebene nach Lorsch. Dort befindet sich das, der Sage nach von Ute, der Mutter Kriemhilds, gestiftete Kloster Lorsch. Mit Dom, Siegfriedbrunnen und Hagendenkmal, dem Nibelungenmuseum und dem Nibelungenturm gibt es in Worms viel zu diesem Thema zu entdecken. Das Waltharilied ist eine lateinische Heldendichtung, deren dramatischer Ausgang sich im Wasigenwald, im deutsch-französischen Grenzgebiet, abspielt. Auf einer Waldwanderung erreichen wir mit dem Gipfel des Maimont auch den Ort des dramatischen Aufeinandertreffens von Walter, Gunther und Hagen.
Interessantes zu Kirchen und Klöstern erfahren wir auf zwei weiteren Wanderungen. Der Dom zu Speyer sollte Anfang des 19. Jahrhunderts abgerissen werden. Warum er gerettet wurde und uns als Weltkulturerbe erhalten blieb, erfahren wir im Rahmen der Tour 15. Ein dramatisches Schicksal erfuhr auch das Kloster Eußerthal. Obwohl etwas abseits der damaligen Handelswege gelegen, gehörte es im 14. Jahrhundert zu den reichen Klöstern. Der Grundbesitz des Klosters in der damaligen Zeit ließ sich in mehr als 50 Städten und Dörfern der Pfalz nachweisen. Allerdings wurde es im Bauernkrieg wie so viele andere Klöster geplündert und ausgeraubt (Tour 20).
Oberhalb von Deidesheim reicht der Fernblick bis zum Odenwald (