Beobachtungen gemacht: So fand man zum Beispiel in der Nähe eine Münchener Zeitung, die kein Bewohner des Ortes abonniert hatte – waren also Fremde um den Hof geschlichen, um ihn auszuspähen, und haben sie dabei die Zeitung verloren? Zudem entdeckte Bauer Gruber Fußspuren im Schnee, die zu seinem Hof führten, jedoch nicht mehr von ihm weg – sind der oder die Täter bereits Tage zuvor in den Hof eingedrungen und hielten sich dort versteckt? Dies würde zumindest erklären, warum ein Rind losgebunden wurde, das Schloss einer Hütte aufgebrochen war und man Schritte vom Dachboden her vernehmen konnte. Bauer Gruber fand allerdings trotz einer gründlichen Suche keinen Eindringling und lehnte Hilfe von außen vehement ab – ein fataler Fehler, denn er und seine Familie befanden sich wohl bereits in größter Gefahr!
Die sterblichen Überreste der Grubers wurden auf dem Friedhof in Gröbern beigesetzt.
Die Schreckensnacht Über den genauen Ablauf der Ereignisse in der Nacht vom 31. März auf den 1. April 1922 kann man nur mutmaßen. Irgendetwas muss die Bewohner des Hofes dazu bewegt haben, das Wohnhaus mitten in der Nacht zu verlassen und den Stadel zu betreten. Dort wurden Viktoria Gabriel, ihre Eltern sowie ihre siebenjährige Tochter Cäzilia mit einer Reuthaue erschlagen. Sie erlagen – nach qualvollem Todeskampf – ihren schweren Kopfverletzungen. Die Magd und der zweijährige Josef waren wohl im Haus gelblieben, konnten sich vor dem grausamen Mörder allerdings nicht retten: Beide wurden auf dieselbe bestialische Art und Weise ermordet. Es dauerte vier Tage, bis der Mord entdeckt wurde. Zwar wurde die kleine Cäzilia am nächsten Tag in der Schule vermisst und die gesamte Familie am Tag darauf im sonntäglichen Gottesdienst, jedoch schickte Ortsvorsteher Schlittenbauer erst nach zwei weiteren Tagen und erneuten Berichten über den totenstillen Hof seine beiden Söhne dorthin, um nach dem Rechten zu sehen. Die Jungen entdeckten dann die Leichen der Hofbewohner. Allerdings waren diese abgedeckt, und einige Hinweise deuteten darauf hin, dass der oder die Mörder sich noch eine gewisse Zeit auf dem Hof aufhielt(en): Das Vieh war versorgt und die Vorräte waren aufgebraucht.
Eine grausame Tat löschte die ganze Bauernfamilie aus.
Die Ermittlungen laufen ins Leere Die grausame Tat erschütterte den ganzen Ort und selbstverständlich wurden die Ermittlungen umgehend und mit Hochdruck eingeleitet. Zunächst stand als Motiv Raubmord im Raum, allerdings wurden viele Wertgegenstände und auch Bargeld von dem oder den Tätern zurückgelassen. Und mussten wegen etwas Geld wirklich sechs Personen sterben, darunter ein Kleinkind im Alter von zwei Jahren? Die Familie Gruber war wohl in der Tat relativ wohlhabend, und sie war bei den Dorfbewohnern recht unbeliebt, da sie im Allgemeinen als geizig galt, sehr zurückgezogen lebte und ein schwerer Vorwurf der Blutschande im Raum stand – angeblich hatte der Vater eine inzestuöse Beziehung zu seiner Tochter Viktoria. Da wundert es nicht, dass die Polizei im Lauf der Zeit 100 Verdächtige präsentieren konnte. In den Fokus der Ermittlungen rückte beispielsweise Karl Gabriel, Viktorias Ehemann, der angeblich im Ersten Weltkrieg gefallen war – hatte er etwa doch überlebt und mitbekommen, dass er von seiner Frau nicht mehr gebraucht wurde, und hat er seine Ehre gerächt? Dann war da noch der Ortsvorsteher Lorenz Schlittenbauer, der ebenfalls ein Verhältnis mit Viktoria gehabt haben soll und offiziell als Vater des kleinen Josef galt – hatte er herausgefunden, dass Viktoria nie ganz zu ihm kommen sollte und sein vermeintlicher Sohn das Produkt des Inzests war? Nicht zu vergessen Josef Bärtl, ein geisteskranker Bäcker aus der Gegend, der im Jahr zuvor aus einer Anstalt geflohen und seither nie wieder aufgetaucht war. Aber egal wie viele Verdächtige man unter die Lupe nahm und egal welche Theorien man noch verfolgte, der Mord von Hinterkaifeck konnte nie geklärt werden. Selbst nachdem 100 000 Mark Belohnung ausgesetzt und spiritistische Sitzungen mit einem Medium abgehalten worden waren, blieb die Wahrheit bis heute im Dunkeln.
Mit einer solchen Hacke wurden die ahnungslosen Opfer erschlagen.
Bis heute ungelöst Bald jährt sich das schreckliche Ereignis zum hundertsten Mal und auch wenn der Fall in den 1950ern bereits abgeschlossen wurde, löst der Mord immer noch große Faszination aus. Auch 15 angehende Kriminalbeamte der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege nahmen sich vor ein paar Jahren noch einmal des Themas an und schrieben darüber ihre Studienabschlussarbeit. In der Schlussbemerkung dieses Berichts, der für die Öffentlichkeit online einsehbar ist, heißt es, die Mitwirkenden seien sich unabhängig voneinander schnell einig gewesen, wer der Täter gewesen sein müsse. Den Namen hielten sie zum Schutz eventueller Nachfahren unter Verschluss. So bleibt uns nichts anderes, als selbst an den Ort des Geschehens zu fahren, das Grab der Familie und das Marterl aufzusuchen, uns in die tragische Geschichte hineinzuversetzen und unsere eigene Wahrheit herauszufinden.
Das besondere Erlebnis
In den Wintermonaten werden vom Gasthof Bogenrieder in Waidhofen Führungen zum Tatort angeboten. Diese bestehen aus einer kleinen Wanderung mit Laternen – denn natürlich findet das alles im Dunkeln statt, um die richtige Stimmung zu erzeugen –, zahlreichen Infos von Experten, die die Tour begleiten, und einem leckeren Mehrgänge-Menü im Gasthof. Das Ganze ist zwar nichts für schwache Nerven, aber für jeden Hobbyermittler ein Muss!
Den Hof gibt es schon lange nicht mehr – heute erinnert an selber Stelle ein Mahnmal an seine einstigen Bewohner.
2 Die Pestkapelle von Pollingsried
Spuk am Starnberger See?
Das einsame Gotteshaus, umgeben von schaurigen Brunnen, lädt als Ziel eines schaurig-schönen Spaziergangs zum Gruseln ein.
Pollingsried, Seeshaupt, Landkreis Weilheim-Schongau, Oberbayern Ort 82402 Seeshaupt GPS 47.794538, 11.268305 Anfahrt Mit dem Auto auf der A95, Ausfahrt Seeshaupt, weiter auf St.-Heinricher-Straße, Bahnhofstraße und Hohenberger Str. bis zum Wanderparkplatz zur Pollingsrieder Pestkapelle
Schauerromantik in Bayern Versteckt im Lauterbacher Wald südwestlich des Starnberger Sees liegt die Pollingsrieder Kapelle. Pollingsried ist einer von 18 Gemeindeteilen von Seeshaupt im Landkreis Weilheim-Schongau und besteht tatsächlich nur aus besagtem Gotteshäuschen und fünf Brunnen, die in der unmittelbaren Umgebung zu finden sind. Was zunächst unspektakulär klingt, entpuppt sich bei näherer Betrachtung als ein Ort, an dem sich gleich mehrere Ereignisse zugetragen haben sollen, die man eher bei Bram Stoker und Sir Arthur Conan Doyle anstatt in der oberbayerischen Idylle erwarten würde. Es beginnt schon bei der Anordnung der Brunnen, die verschiedenste Überlieferungen als Pentagramm beschreiben, das durch den sogenannten unterirdischen Teufelsbrunnen komplettiert wird. Aber wovor wollten die ehemaligen Bewohnerinnen und Bewohner der Gegend sich schützen, hält ein Pentagramm doch das Böse fern und Dämonen in Schach? Selbst der mächtige Mephisto muss sich in Goethes Faust diesem Symbol geschlagen geben. Und zu welchem Zweck wurde der Teufelsbrunnen direkt unter der Kapelle errichtet? Fragen, über die man besser nicht allzu lange nachdenkt.
Ein schwarzer Hund und der schwarze Tod Auch die Geschehnisse, denen Kapelle und Brunnen als Schauplätze und stumme Zeugen dienen, sind allesamt schauriger Natur. Im Jahr 1625 beispielsweise soll dort ein junges Mädchen einem Gewaltverbrechen zum Opfer gefallen und anschließend in einem der Brunnen »entsorgt« worden sein. Der Täter konnte jedoch nicht ahnen, dass sein Tod schon wenige Tage später gerächt werden würde, und zwar von einem großen schwarzen Hund, dem treuen Gefährten des Mädchens. Dieser positionierte sich so lange heulend vor dem Brunnen, in dem der leblose Körper seiner Besitzerin lag, bis er den Täter erneut zu Gesicht bekam: Es war der Pfarrer auf dem Weg zur Kapelle, die er nun aber nicht mehr erreichte, da ihm der Hund vorher an die Kehle sprang. Wohl um sein Gewissen zu erleichtern, beichtete