nicht der einzige Mensch, dessen letzte Ruhestätte der Brunnen ist. Auch etliche Opfer der Pest soll man dort hineingeworfen haben, als der Schwarze Tod in der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts besonders stark in der Region wütete. Es ist die Rede von so vielen Leichen, dass sie den Brunnen quasi zum Überlaufen brachten, sodass man letzten Endes doch dazu überging, die Toten um die Kapelle herum zu vergraben.
Auf den ersten Blick macht das kleine Gotteshaus einen friedlichen Eindruck, aber dieser täuscht …
Alles nur Märchen? Diese beiden Geschichten sind wohl die bekanntesten, die sich um die Pollingsrieder Kapelle und ihre fünf Brunnen ranken. Und ja, es sind tatsächlich nur Geschichten, auch wenn sie durchaus ihren Reiz haben und sich der ein oder andere fragt, ob sie nicht vielleicht doch ein Fünkchen Wahrheit enthalten könnten. Die Fakten sprechen jedoch (leider) eine andere Sprache: Die fünf Brunnen sind bei genauer Betrachtung nur vier, für die Existenz des Teufelsbrunnens konnten bisher keinerlei Beweise gefunden werden, genauso wenig für etwaige Pestopfer, die dort in großer Zahl versenkt worden sein sollen. Und um in der Form der Brunnen jetzt noch ein Pentagramm erkennen zu können, braucht es doch sehr viel Fantasie. Ein Ausflug zur Kapelle von Pollingsried lohnt sich aber auf jeden Fall, denn zu besagten Geschichten kommt noch eine spannende Geschichte des Ortes hinzu: Das Gebäude wurde bereits 1162 urkundlich erwähnt. Und natürlich gab es vor einigen Jahrhunderten auch Bewohnerinnen und Bewohner in der Gegend, insgesamt standen dort sechs Höfe, die sich weitestgehend im Besitz des Klosters Polling befanden. Im Zuge der Säkularisierung wurden die Anwohner nach 1803 allerdings umgesiedelt, die Häuser abgetragen und das Gebiet aufgeforstet, sodass heute nur noch ein Hof in einiger Entfernung übrig ist. Das erklärt aber, wieso die Kapelle aus heutiger Sicht so abgelegen scheint: Es gibt sie schlicht und ergreifend schon länger als den Wald, der sie mittlerweile versteckt. Und wer weiß, vielleicht ist an den ganzen Mythen doch irgendwas dran?
Das besondere Erlebnis
Um den Geschichten, die sich um die Kapelle ranken, mal genau auf den Grund zu gehen, sollte man einen ausgedehnten Spaziergang dorthin unternehmen. Und das am besten nachts – da sind nämlich nicht nur alle Katzen grau, sondern auch alle verlassenen Orte im Wald besonders gruselig!
3 Der Rüstungsbunker Weingut I
Kein Vergeben, kein Vergessen – Konfrontation mit unserer Geschichte
Von dem einstigen Großprojekt ist heute nur noch ein Bruchteil erhalten, dennoch hinterlässt ein Besuch im Mühldorfer Hart einen bleibenden Eindruck.
Mühldorfer Hart, Landkreis Mühldorf am Inn, Oberbayern Ort Maxlinie, 84453 Mühldorfer Hart GPS 48.224185, 12.436402 Anfahrt Mit dem Auto auf der A94 Ausfahrt Richtung Mühldorf Zentrum/Mettenheim/Ampfing-Ost/Neuhaus nehmen, weiter auf Kraiburger Straße
Umzingelt von den Alliierten Im Landkreis Mühldorf am Inn befindet sich ein über 1000 Hektar großes Waldgebiet, das Mühldorfer Hart, das während des Zweiten Weltkriegs Schauplatz unsäglicher Gräueltaten des Nazi-Regimes war. Es handelt sich hierbei um einen besonders düsteren Ort, weil er uns in aller Deutlichkeit vor Augen führt, wozu die Spezies Mensch fähig ist. Wir schreiben das Jahr 1943 und Adolf Hitler sieht sich mit einer kontinuierlich größer werdenden Überlegenheit der alliierten Luftmächte konfrontiert, die in der Zerstörung zahlreicher deutscher Rüstungsfabriken und Fertigungsanlagen resultiert. Um die Flugzeugproduktion zu schützen, reift der Plan, mehrere bombensichere Bunker am Rhein, im Sudetenland, in Landsberg am Lech sowie Mühldorf am Inn zu errichten. Die endgültige Entscheidung für das Projekt fällt im Frühjahr 1944, verantwortlich für die Umsetzung zeichnet die Organisation Todt, eine paramilitärische Bautruppe, die vorwiegend Bauten in den von Deutschland besetzten Gebieten realisiert.
Ein Ort mit dunkler Vergangenheit
Auch heute lauern hier noch so einige Gefahren.
Gräueltaten unter falschem Namen Der Deckname des Bunkers, der in Mühldorf geplant ist, lautet »Weingut I«. Die Konstruktion soll eine Produktionsstätte des ersten in Serie gebauten Militärflugzeugs mit Strahltriebwerken beherbergen, der Messerschmitt Me 262 – Hitlers Hoffnung, die drohende Niederlage noch abwenden zu können. Zwölf riesige Betonbogen sollen Platz für acht Etagen bieten, die sich auf über 400 Metern Länge und 33 Metern Breite größtenteils unterirdisch ausdehnen. Bis zur Evakuierung am 28. April 1945 konnten übrigens sieben dieser Bogen fertiggestellt werden. Als Arbeitskräfte werden Juden eingesetzt, die vorwiegend aus Ungarn stammen, zur Organisation des Ganzen wird die KZ-Lagergruppe Mühldorf aus dem Boden gestampft, eines von 169 Außenkommandos des Konzentrationslagers Dachau. Ein Teil des Komplexes ist das sogenannte Waldlager, das von Überlebenden als äußerst primitiv beschrieben wird. Untergebracht werden die Arbeiter in runden Zelten, deren maximale Höhe im Zentrum keine zwei Meter beträgt und die seitlich so stark abfallen, dass aufrechtes Stehen nicht möglich ist. Der Durchmesser liegt bei etwa sieben Metern, diese Fläche teilen sich dann bis zu 30 Mann. Bei kompletter Auslastung werden über 2000 Menschen in das Lager gepfercht, die unterschiedliche Tätigkeiten verrichten, von Schreibaufträgen über Ofenbau bis hin zur Arbeit auf der Hauptbaustelle. Dort müssen täglich zwölf Stunden lang ohne Unterbrechung Zementsäcke geschleppt werden, damit die Maschinen ohne Leerlauf in Betrieb sein können. Der reibungslose Ablauf soll durch Schläge sichergestellt werden, diese führen aber oftmals den Tod der ausgemergelten Arbeiter herbei. Die Zahlen sprechen hier eine eindeutige Sprache: Ein Häftling überlebte im Außenkommando Mühldorf durchschnittlich 80 Tage, bevor er an Entkräftung, Schlägen oder Krankheit starb. Die unzureichende Verpflegung sowie die hygienischen Zustände trugen ebenfalls zu dieser Entwicklung bei. 4000 Opfer forderte das Lager, von denen mindestens 2100 Personen einfach in einem Massengrab verscharrt wurden.
Heute ist nur noch einer der zwölf Bogen der Bunkeranlage erhalten.
Unter dem Gewölbe erinnert auf den ersten Blick kaum etwas an die grauenhafte Geschichte der Anlage.
Wiederstandfähiges Mahnmal Nach der Evakuierung im April 1945 sollten die sieben zu diesem Zeitpunkt bereits fertigen Betonbogen eigentlich gesprengt werden. Ein Exemplar widersetzte sich jedoch diesem Schicksal, als hätte es seine Bestimmung darin gefunden, ein Mahnmal zu setzen, das die Nachwelt an die Grausamkeiten erinnert, die sich vor nunmehr 75 Jahren im Mühldorfer Hart abspielten. Dieser Bogen, wenn auch momentan noch nicht zugänglich, bildet zusammen mit den Standorten des Lagers und des Massengrabs mittlerweile eine dreiteilige Gedenkstätte, die 2018 eröffnet wurde. Ein Ort wie dieser gehört mit Sicherheit zu den düstersten unserer Sammlung, denn er konfrontiert uns mit wahrer Geschichte. Fakt anstatt Fiktion – Deutschlands Vergangenheit.
Das besondere Erlebnis
Direkt ans Mühldorfer Hart grenzt Waldkraiburg. Dort sollte man unbedingt den als Rundweg angelegten »Weg der Geschichte« beschreiten, dieser führt unter anderem am Industriemuseum »Bunker 29« vorbei. In einem original erhaltenen Gebäude der Pulverfabrik lässt sich die (Vor-)Geschichte des Städtchens nacherleben!
4 Murnauer Moos
Ein perfekter Ort für mystische Wanderungen
Wer sich gern in fremde Märchenwelten träumt, dem sei ein Besuch des größten zusammenhängenden Moorgebiets