davon sieht man den Häusern äußerlich an. Die Haltung drinnen ist aufgewühlt, angespannt, ernst, nicht heiter oder gar fröhlich.
Wie sehr ähnelt das unserer jetzigen Ausnahmesituation. Das Gottesvolk Israel hat aus dieser Lage später einen Gedenktag kreiert und feiert ihn bis heute als ein Fest für den Herrn. Denn er hat sich als Freund des Lebens gezeigt, der den Tod nicht will. Das wird die grundlegende Erfahrung Israels bleiben, auch in den vielen kommenden Zumutungen der Geschichte.
Ob wir wohl auch einmal einen Gedenktag feiern werden, wenn wir diese weltweite Pandemie einigermaßen überstanden haben? Und ob wir Gläubige dieser Welt daraus ein Fest für Gott machen, weil wir ihn als Freund des Lebens erfahren haben?
Bis dahin müssen wir aber wohl noch eine Weile aushalten, bis die Krise zu Ende ist. Das Nachdenken wird einsetzen über alles, was sich ereignet hat. Wir werden fragen, welche Lehren wir aus dieser Zeit ziehen und was wir in Zukunft ändern wollen. Das aber braucht Zeit und Tiefgründigkeit und Ehrlichkeit, die jetzt noch nicht wirklich gelingen kann, weil sie mit demütigen Einsichten verbunden ist. Jetzt, in der Phase des Kampfes gegen ein ungehemmtes Vordringen des Virus ist das noch gar nicht möglich. Im Gegenteil erleben wir doch, wie sich Wissen und Erkenntnis jeden Tag vergrößern und wie sich vor allem die Herausforderungen mit jedem Tag verändern. Es zeigt sich, wie begrenzt wir Menschen mit all unseren Plänen, Forschungen und unseren Vorsorgen wirklich sind – und wie ausgesetzt den unbändigen Kräften der Natur, die als gute Schöpfung unsere Heimat und zugleich in ihrer Zwiespältigkeit die größte Bedrohung jenes kostbaren Gutes ist, das wir Leben nennen.
Niemand von uns weiß, wie es für sie und ihn persönlich ausgeht, ob wir ein gutes oder ein tragisches Ende nehmen werden. Mit allen Menschen teilen wir diese Ungewissheit und die Zumutung, diese Spannung auszuhalten und in positive Lebensenergie umzumünzen. Als gläubige Menschen wissen wir uns gehalten, und das gibt uns Kraft. Darum feiern wir Gottesdienste und begehen wir die christlichen Feiertage und brauchen sie gerade in dieser Ausnahmesituation. Denn so vergewissern wir uns: Letztlich trägt uns einer, der uns liebt, der nicht Kosten und Nutzen kühl kalkuliert und schon gar nicht willkürlich Schicksal spielt, sondern mit Herzblut bis zur Hingabe seines Lebens dafür einsteht, dass wir leben werden.
Hat Jesus gewusst, was ihn sein Einsatz aus Liebe kosten würde? Wenn das Johannesevangelium davon spricht, dass Jesus „wusste, dass seine Stunde gekommen war, um aus dieser Welt zum Vater hinüberzugehen“ (Joh 13,1), dann bedeutet das: Ja, Jesus kannte den Preis seiner unbedingten Liebe zu uns. Er war bereit, das Opfer zu bringen, durch das bei diesem Übergang, bei diesem Pascha die Gotteserfahrung als eindeutig bestätigt würde: Gott ist ein Freund des Lebens, er will nicht den Tod. Aber dieses „Wissen“ bedeutete keineswegs, dass es Jesus auch nur einen Deut leichter gefallen wäre als irgendjemand sonst, sein Leben zu riskieren im Einsatz für andere. Diese Bereitschaft des Herrn ist es, die wir dankbar, doch auch mit innerer Erschütterung bestaunen. So weit reicht seine Liebe. Jesus hat uns ein Beispiel gegeben. Darum sollten wir dankbar an all diejenigen denken, die sich so beispielhaft einsetzen an der Seite der Kranken und Schwachen und dabei viel riskieren. Ich finde, auch das ist staunenswert, ein Beispiel, damit auch wir so handeln, sagt Jesus.
DR. GEORG BÄTZING
BISCHOF VON LIMBURG
VORSITZENDER DER DEUTSCHEN
BISCHOFSKONFERENZ
Wie gut, dass es diesen Thomas gibt
BISCHOF DR. FRANZ-JOSEF BODE
19 Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden bei verschlossenen Türen beisammen waren, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! 20 Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen. 21 Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. 22 Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sagte zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! 23 Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten.
EINE WEITERE ERSCHEINUNG JESU UND DER GLAUBE DES THOMAS
24 Thomas, der Didymus genannt wurde, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. 25 Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in das Mal der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht. 26 Acht Tage darauf waren seine Jünger wieder drinnen versammelt und Thomas war dabei. Da kam Jesus bei verschlossenen Türen, trat in ihre Mitte und sagte: Friede sei mit euch! 27 Dann sagte er zu Thomas: Streck deinen Finger hierher aus und sieh meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! 28 Thomas antwortete und sagte zu ihm: Mein Herr und mein Gott! 29 Jesus sagte zu ihm: Weil du mich gesehen hast, glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben.Joh 20,19–29
Am Abend dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger aus Furcht vor den Juden bei verschlossenen Türen beisammen waren, kam Jesus, trat in ihre Mitte und sagte zu ihnen: Friede sei mit euch! Nach diesen Worten zeigte er ihnen seine Hände und seine Seite. Da freuten sich die Jünger, als sie den Herrn sahen. Jesus sagte noch einmal zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Nachdem er das gesagt hatte, hauchte er sie an und sagte zu ihnen: Empfangt den Heiligen Geist! Denen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; denen ihr sie behaltet, sind sie behalten.
Bei verschlossenen Türen kam Jesus in ihre Mitte. Für den Auferstandenen gibt es keine räumlichen Grenzen. Gott sei Dank, denn so ist er auch in diesen Zeiten jederzeit in unserer Mitte und in unseren Herzen zu entdecken.
Seine erste Botschaft ist der Friede. Ein Friede, der nicht nur ein konfliktfrei-nettes Gefühl ist, sondern ein Friede, der aus Wunden und aus der Annahme von Kreuzwegen kommt. Er zeigt ihnen seine Wunden, und daran erkennen sie ihn. Sie freuen sich, dass sie ihn sehen.
Hier spricht einer auch uns Frieden zu, der Wunden und Schmerz, Leid und Tod kennt, der kein Phantast ist und kein Illusionär. Und gerade weil es so ist, wiederholt er: „Der Friede sei mit euch!“ Er weiß, wie schwer wir uns mit dem Frieden tun, vor allem dann, wenn die zusammenschweißende Angst, der Burgfrieden, wieder vorbei ist. – Alles wie im richtigen Leben.
Und dann geschieht etwas, das ich bei Firmungen oft das kleine Pfingsten nenne – ohne Sturm, Getöse, Sensation und wunderliche Verständigung. Hier geschieht Sendung des Geistes durch Nähe, durch Hauch, durch Auftrag zur Vergebung.
Geist-Sendung – viel alltäglicher als durch Sturm und Feuer, und doch nicht weniger Zusage an die kleine, verängstigte Schar, und doch nicht weniger Herausforderung zum Handeln und zur konkreten Vergebung: Wo ihr vergebt, da geschieht sie, wo ihr sie verweigert, da geschieht sie nicht – und es heilt nichts, möchte ich ergänzen.
Ostern und Pfingsten an einem Abend. Neues Leben ist neue Sendung. Auch heute in diesen Zeiten.
Lesen wir weiter das Evangelium:
Thomas, der Didymus genannt wurde, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Die anderen Jünger sagten zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er entgegnete ihnen: Wenn ich nicht das Mal der Nägel an seinen Händen sehe und wenn ich meinen Finger nicht in das Mal der Nägel und meine Hand nicht in seine Seite lege, glaube ich nicht.
Wie immer im richtigen Leben: Einer hat mal wieder das Entscheidende verpasst. Thomas, der Nach-frager, der Nach-denkliche, der Skeptiker. „Wir haben den Herrn gesehen“ kann heißen: Wir haben ihn gesehen, und du warst nicht dabei. Das wäre die etwas arrogante, besserwisserische Variante: „Ja, wir! Aber du?“ Vorwurf und Geringschätzung stecken darin. Eine große Versuchung für alle, die sich ihrer Beziehung zu Jesus allzu sicher sind und die Skeptiker geringachten.
Es kann aber auch heißen: „Wir haben den Herrn gesehen und freuen uns. Er lebt! Freu dich mich uns! Er lebt!“ Nichts von Vorwurf und Moral, sondern alles