Alfred Bekker

Sammelband 5 Krimis: Verschwörung der Killer und vier andere Urlaubs-Krimis


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      Er fuhr durch eine fast vollkommen dunkle Schattenzone, war dadurch für Augenblicke so gut wie nicht mehr zu sehen.

      Er erreichte die Ausfahrt.

      Es war lebensgefährlich sich auf diese Weise in den Verkehr zu wagen. Auf der gut beleuchteten Hauptstraße schaltete er das Licht wieder an.

      Ich hörte wie jemand hupte, dann das Aufbrausen des BMW-Motors.

      Ich erhob mich, kam aus meiner Deckung hervor und steckte die SIG zurück in das Quick-Draw-Holster an meinem Gürtel.

      Milo wartete am Lieferantenausgang.

      "Alles in Ordnung?", fragte er.

      "Wie man's nimmt", meinte ich.

      "Der Kerl ist über alle Berge", stellte Milo fest. Er griff schon zum Handy, um ihn in die Fahndung aufnehmen zu lassen.

      Ich machte eine wegwerfende Handbewegung. "Den Kerl kenne ich", sagte ich. "Und ich weiß auch, wo man ihn auftreiben kann."

      "Du wirst der Letzte sein, der das tut", erwiderte Milo. "Schließlich hast du Mister McKees Meinung doch gehört! Das Rockerleben ist vorbei, endgültig. Und außerdem wird er dich erkannt haben. Was glaubst du, was er jetzt von dir denkt?"

      Ich zuckte die Achseln.

      "Keine Ahnung. Ich schlage vor, wir fragen Danilovich mal, was dieser Vorfall zu bedeuten hat."

      17

      WIR UNTERHIELTEN UNS mit Danilovich in seinem Büro.

      Danilovich war nicht besonders auskunftsfreudig. Zuerst stritt er ab, Micky Terasso überhaupt zu kennen.

      "Er gehört einer Gang aus der Bronx an, den Devvilish Demons", erklärte ich. "Hatten Sie vielleicht mit denen Ärger!"

      "Nein, ich habe keine Ahnung, weshalb der Kerl es auf mich abgesehen hatte!", zeterte Danilovich. "Sie tun gerade so, als wäre ich der Täter! Dabei ist es umgekehrt, dieser Typ in seiner Lederjacke wollte mich umbringen!"

      "Gerade deswegen fällt es mir schwer zu begreifen, warum Sie uns nicht helfen wollen!", stieß ich hervor.

      "Das ist doch Unsinn!"

      "Der Kerl sprach Sie mit Namen an!"

      "Was glauben Sie, wie viele Leute meinen Namen kennen, verdammt!"

      Milo legte mir die Hand auf die Schulter. "Es hat keinen Sinn", sagte er. "Wir fragen diesen Jungen besser selbst!"

      "Den kriegen Sie nie!", tönte Danilovich.

      "Abwarten!", erwiderte ich eisig.

      Unsere Kollegen trafen ein. Orry und Clive waren auch dabei. Sie waren gerade in der Gegend gewesen, hatten nach wie vor erfolglos nach Raymond Zapata gefahndet. Der Mann schien wie vom Erdboden verschluckt zu sein. "Ich hoffe, dass er sich nicht schon ins Ausland abgesetzt hat", meinte Clive. "Würde ich ihm glatt zutrauen."

      Orry zuckte die Achseln.

      "Dem Mann mit der Narbe, wie Zapata überall genannt wird, sagt man die Fähigkeit nach, das Gras wachsen zu hören... Vielleicht hat er es gehört."

      Zusammen mit ein paar weiteren Kollegen nahmen wir uns die in der Sunset Table Dance Bar angestellten Girls der Reihe nach vor, um sie zu befragen. Einerseits, was Doretta Tomlin betraf und andererseits erkundigten wir uns natürlich auch, ob eine der Schönen sich an Warren Anderson erinnerte.

      Jetzt kam auch Micky Terasso auf die Liste.

      Ich nahm zumindest an, dass er nicht zum ersten Mal in der Sunset Table Dance Bar aufgetaucht war. Leider hatten wir kein Foto von ihm. Und besonders auffällig war er nur, wenn er seine Devvilish Demons-Klamotten trug.

      Aber wir stießen auf eine Mauer des Schweigens.

      Die Girls wirkten allesamt so, als stünden sie ziemlich unter Druck. Keine der Schönen wollte offenbar den Job riskieren. Erst nach einigem Zögern gab eine junge Stripperin koreanischer Abstammung zu, dass sie Warren Anderson schon einmal gesehen und sogar für ihn und seinen Geschäftspartner auf dem Tisch getanzt hätte.

      "Beschreiben Sie mir bitte diesen Geschäftspartner!", forderte ich.

      "Ich kann mich nicht mehr erinnern. Ich weiß noch nicht einmal, ob er ein Geschäftspartner war oder nur zufällig am gleichen Tisch gesessen hat."

      "Und sein Gesicht?"

      "... auf sein Gesicht habe ich nicht geachtet!"

      Ich wechselte einen Blick mit Milo. Er zuckte die Achseln, so als wollte er sagen: Mal abwarten, ob daraus eine richtige Spur wird.

      "War Anderson später noch mal in der Sunset Table Dance Bar?"

      "Ja, aber da hatte er nur noch Augen für Doretta. Keine Ahnung, wie er es geschafft hat, Doretta den Kopf zu verdrehen. Ich dachte eigentlich immer, dass sie in erster Linie auf Männer mit dickem Portemonnaie steht." Sie zuckte die schlanken Schultern. "So kann man sich eben irren. Dieser Anderson sah jedenfalls nicht so aus, als könnte er über ein großes Vermögen verfügen."

      Ich lächelte dünn. "Auch da kann man sich manchmal irren!", gab ich zurück.

      Ein Profi-Killer wie Warren Anderson hatte sicherlich gut verdient, auch wenn er naturgemäß darauf geachtet hatte, nirgendwo besonders aufzufallen.

      Milo nickte mir zu.

      Ich verstand, was er damit sagen wollte. Aus der Koreanerin war nicht mehr herauszubekommen. Und selbst das Wenige, was sie gesagt hatte, war teilweise zweifelhaft.

      "Mir fällt da noch etwas ein", sagte das Girl dann.

      "Immer raus damit", forderte ich.

      "Sagen Sie Mister Danilovich nichts davon, ich bin darauf angewiesen, hier mein Geld zu verdienen."

      "So, wie Sie aussehen, müssten sich die anderen Clubs um Sie reißen", sagte ich.

      "Die Konkurrenz ist hart."

      "Okay, ich werde diskret sein", versprach ich. Sie rückte näher, sprach leiser.

      "Mister Danilovich will eigentlich, dass wir gar nichts sagen, weil das nur Ärger und Komplikationen gäbe..." Sie machte eine Pause, fuhr schließlich fort: "Dieser Mann, dessen Foto Sie mir gezeigt haben..."

      "Anderson!"

      "Der war später noch einmal mit einem anderen Mann hier, mit dem er sich sehr intensiv unterhalten hat. Der Kerl wollte, dass ich auf seinem Tisch tanze. Er wurde von Anderson mehrmals Mister Zapata genannt."

      Ich war wie elektrisiert. "Raymond Zapata? Ende fünfzig?"

      "Nein, dieser Mann war vielleicht Mitte dreißig."

      "Ganz sicher?"

      "Ganz sicher."