Joseph von Eichendorff

Es war, als hätt' der Himmel die Erde still geküsst


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die Blicke wenden.

      Alle, die in guter Zeit

      Bei mir waren, sah ich scheiden

      Mit des falschen Glückes Schaum,

      Du bliebst schweigend mir im Leiden,

      Wie ein treuer Tannenbaum,

      Ob die Felder lustig blüh’n,

      Ob der Winter zieht heran,

      Immer finster, immer grün –

      Reich’ die Hand mir, wackrer Mann.

      SYMMETRIE

      1810

      O Gegenwart, wie bist du schnelle,

      Zukunft, wie bist du morgenhelle,

      Vergangenheit so abendrot!

      Das Abendrot soll ewig stehen,

      Die Morgenhelle frisch drein wehen,

      So ist die Gegenwart nicht tot.

       Der Tor

      Der Tor, der lahmt auf einem Bein,

      Das ist gar nicht zu leiden,

      Schlagt ihm das andre Bein entzwei,

      So hinkt er doch auf beiden!

      LEBEN UND SINGEN

      Wohl vor lauter Sinnen, Singen

      Kommen wir nicht recht zum Leben;

      Wieder ohne rechtes Leben

      Muß zu Ende geh’n das Singen;

      Ging zu Ende dann das Singen:

      Mögen wir auch nicht länger leben.

      INTERMEZZO

      Wie so leichte läßt sich’s leben!

      Blond und rot und etwas feist,

      Tue wie die andern eben,

      Daß Dich jeder Bruder heißt,

      Speise, was die Zeiten geben,

      Bis die Zeit auch Dich verspeist!

       Im beschränkten Kreis

      Im beschränkten Kreis der Hügel,

      Auf des stillen Weihers Spiegel

      Scheue, fromme Silberschwäne –

      Fassend in des Rosses Mähne

      Mit dem Liebsten kühn im Bügel –

      Blöde Bande – mut’ge Flügel

      Sind getrennter Lieb’ Gedanken!

       Hinaus, o Mensch

      „Hinaus, o Mensch, weit in die Welt,

      Bangt dir das Herz in krankem Mut!

      Nichts ist so trüb in Nacht gestellt,

      Der Morgen leicht macht’s wieder gut.“

      DIE SCHÄRPE

      Mein Schatz, das ist ein kluges Kind,

      Die spricht: „Willst du nicht fechten:

      Wir zwei geschiedne Leute sind;

      Erschlagen dich die Schlechten,

      Auch keins von beiden dran gewinnt.“

      Mein Schatz, das ist ein kluges Kind,

      Für die will ich leben und fechten!

      ZEICHEN

      So Wunderbares hat sich zugetragen:

      Was aus uralten Sagen

      Mit tief verworrener Gewalt oft sang

      Von Liebe, Freiheit, was das Herz erlabe,

      Mit heller Waffen Klang

      Es richtet sich geharnischt auf vom Grabe,

      Und an den alten Heerschild hat’s geschlagen,

      Daß Schauer jede Brust durchdrang.

       Jeder nennet froh

      Jeder nennet froh die Seine,

      Ich nur stehe hier alleine,

      Denn was früge wohl die Eine:

      Wen der Fremdling eben meine?

      Und so muß ich, wie im Strome dort die Welle,

      Ungehört verrauschen an des Frühlings Schwelle.

       Hier bin ich, Herr!

      Hier bin ich, Herr! Gegrüßt das Licht,

      Das durch die stille Schwüle

      Der müden Brust gewaltig bricht,

      Mit seiner strengen Kühle.

      Nun bin ich frei! ich taum’le noch

      Und kann mich noch nicht fassen –

      O Vater, du erkennst mich doch,

      Und wirst nicht von mir lassen!

      AN –

      Eitelkeiten in dem sünd’gen Busen,

      Nahest du der heil’gen Kunst,

      Und geschminket betteln deine Musen

      Um des Erdengeistes Gunst.

      Falsche Metze und kein Mann!

      Spitz’ und kitzle nur den Witz,

      Aus dem Himmel fällt der Blitz,

      Der zerschmettern dich und zünden kann!

      ANDEUTUNGEN

      (Ahnung und Gegenwart)

      1. Freiheit

      Frei, ihr Kanaillen, sag’ ich, sollt ihr sein,

      Doch nicht, wie ihr es wollt, ihr Dumme, Blinde,

      Versunken in des Aberglaubens Schein,

      Nein, so wie ich’s heut’ eben dienlich finde.

      2. Gleichheit

      Wie? Niedrig wir, ihr hoch; wir arm, ihr reich?

      Planierend schwirrt die Schere dieser Zeit;

      Seid niedrig, arm, wie wir, so sind wir gleich

      Und die Misere wird doch etwas breit.

      3. Weltgeschichte

      Inmitten steht die Sonn’ und wandelt nicht,

      Ringsum sehnsüchtig kreisen die Planeten,

      Die deckt heut Nacht, die will der Morgen röten,

      Doch ewig heiter strahlt das ew’ge Licht.

      4. Tagesgeschichte

      Es rast der Sturm in der Historie Blättern,