Joseph von Eichendorff

Es war, als hätt' der Himmel die Erde still geküsst


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      WANN DER HAHN KRÄHT

      Wann der Hahn kräht auf dem Dache,

      Putzt der Mond die Lampe aus,

      Und die Stern’ ziehn von der Wache,

      Gott behüte Land und Haus!

      VORWÄRTS!

      Wie der Strom sich schwingt

      Aus den Wolken, die ihn tränken,

      Alle Bäche verschlingt,

      Sie in’s Meer zu lenken –

      Drein möcht’ ich versenken

      Was in mir ringt!

      Tritt nur mit in mein Schiff!

      Wo wir landen oder stranden,

      Erklinget das Riff,

      Bricht der Lenz aus dem Sande,

      Hinter uns dann in’s Branden

      Versenk’ ich das Schiff!

      GLEICHHEIT

      Es ist kein Blümlein nicht so klein,

      Die Sonne wird’s erwärmen,

      Scheint in das Fenster mild herein,

      Dem König wie dem Armen,

      Hüllt Alles ein in Sonnenschein

      Mit göttlichem Erbarmen.

      DANK

      Mein Gott, dir sag’ ich Dank,

      Daß du die Jugend mir bis über alle Wipfel

      In Morgenrot getaucht und Klang,

      Und auf des Lebens Gipfel,

      Bevor der Tag geendet,

      Vom Herzen unbewacht

      Den falschen Glanz gewendet,

      Daß ich nicht taumle ruhmgeblendet,

      Da nun herein die Nacht

      Dunkelt in ernster Pracht.

      TROST

      Der jagt dahin, daß die Rosse schnaufen,

      Der muß im Staub daneben laufen;

      Aber die Nacht holt beide ein,

      Setzt Jenen im Traume neben die Rosse

      Und den Andern in seine Karosse –

      Wer fährt nun fröhlicher? der da wacht,

      Oder der blinde Passagier bei Nacht?

      SCHIFFERSPRUCH

      Wenn die Wogen unten toben,

      Menschenwitz zu Schanden wird,

      Weist mit feur’gen Zügen droben

      Heimwärts dich der Wogen Hirt.

      Sollst nach keinem Andern fragen,

      Nicht zurückschaun nach dem Land,

      Faß das Steuer, laß das Zagen!

      Aufgerollt hat Gottes Hand

      Diese Wogen zum Befahren

      Und die Sterne, dich zu wahren.

      SO ODER SO

      Die handeln und die dichten,

      Das ist der Lebenslauf,

      Der Eine macht Geschichten,

      Der Andre schreibt sie auf,

      Und der will beide richten;

      So schreibt und treibt sich’s fort,

      Der Herr wird Alles schlichten,

      Verloren ist kein Wort.

       Wie wird nun Alles

      Wie wird nun Alles so stille wieder!

      So war mir’s oft in der Kinderzeit,

      Die Bäche gehen rauschend nieder

      Durch die dämmernde Einsamkeit,

      Kaum noch hört man einen Hirten singen,

      Aus allen Dörfern, Schluchten, weit

      Die Abendglocken herüberklingen,

      Versunken nun mit Lust und Leid

      Die Täler, die noch einmal blitzen,

      Nur hinter dem stillen Walde weit

      Noch Abendröte an den Bergesspitzen,

      Wie Morgenrot der Ewigkeit.

      MEMENTO MORI

      Schnapp’ Austern, Dukaten,

      Mußt dennoch sterben!

      Dann tafeln die Maden

      Und lachen die Erben.

      SINNGEDICHTE

      Wie schön und wunderbar,

      Da kaum noch der Tag brach an!

      Seit nun alles so nüchtern und klar,

      Hab ich keine Freude mehr dran.

      DIE SPERLINGE

      Altes Haus mit deinen Löchern,

      Geiz’ger Bauer, nun Ade!

      Sonne scheint, von allen Dächern

      Tröpfelt lustig schon der Schnee,

      Draußen auf dem Zaune munter

      Wetzen unsre Schnäbel wir,

      Durch die Hecken ’rauf und ’runter,

      In dem Baume vor der Tür

      Tummeln wir in hellen Haufen

      Uns mit großem Kriegsgeschrei,

      Um die Liebste uns zu raufen,

      Denn der Winter ist vorbei!

       Es träumt ein jedes Herz

      Es träumt ein jedes Herz

      Vom fernen Land des Schönen.

      Dorthin durch Lust und Schmerz

      Schwingt wunderbar aus Tönen

      Manch’ Brücke eine Fei, –

      O! holde Zauberei!

       Scherz im Ernst

      Scherz im Ernst und Ernst im Scherz,

      Also hält’st du’s mit den Dingen,

      Daß des Lebens Kampf und Schmerz

      Selber heiter muß erklingen.

      Alter Dichter, junges Herz,

      Sollst noch lang auf Erden singen

      Und dereinst dich himmelwärts

      Jubelnd, wie die Lerche, schwingen.

      DER WELSCHE HAHN