Tessa Hofreiter

Der neue Landdoktor Paket 1 – Arztroman


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gehört dieses Haus«, antwortete Felix trocken.

      »Wie bitte?« Fiona schaute ihn verständnislos an.

      Felix winkte ab und griff nach seinem Bierkrug. »Das erzählen wir dir ein anderes Mal.«

      Fiona lächelte entschuldigend. »Ich meine ja nur – Papageien übertragen Krankheiten, und ich muss doch auf unseren Schatz aufpassen, Felix.« Mit einer liebevollen Geste streichelte sie über ihren runden Bauch.

      »Du brauchst ihn ja nicht anzufassen. Ignoriere ihn einfach«, riet Caro.

      Plötzlich reckte Kondor seinen Kopf vor und zischte wie eine Schlange. Dann krächzte er: »Magdalena, Magdalena, Magdalena!« Es lag etwas unglaublich Herausforderndes in seinem Ruf.

      Felix und Caro wechselten einen Blick. »Es ist das erste Mal seit ihrem Tod, dass er Magdalenas Namen sagt«, stellte der junge Mann fest.

      »Bitte seid mir nicht böse, aber ich finde ihn ein wenig unheimlich«, sagte Fiona. Unruhig schaute sie den Papagei an, der intensiv zurückstarrte. »Ich glaube, ich lege mich jetzt ins Bett und lese noch etwas. Es war ein langer Tag. Und nochmal danke an euch beide, dass ich hier wohnen kann!« Sie nickte ihnen freundlich zu und ging mit vorsichtigen Schritten hinüber zum Haus.

      »Wo hast du sie eigentlich untergebracht?«, erkundigte Caro sich.

      »Im kleinen Zimmer im Erdgeschoss, dann braucht sie keine Treppen zu steigen, und das Gästebad ist auch gleich nebenan.«

      »Na gut, die paar Tage bis zu ihrer Abreise stehe ich durch.« Caro streckte die Hand nach ihrem Liebsten aus und zog ihn sanft zu sich herüber. »Und jetzt lass uns die Einquartierung vergessen und diesen Sommerabend in Magdalenas schönem Garten genießen!«

      *

      Auch im Doktorhaus nutzte man den lauen Sommerabend und saß zum Abendessen im Garten. Hebamme Anna, eine gute Freundin der Familie, war nach der gemeinsamen Sprechstunde geblieben und saß, wie so oft in letzter Zeit, mit am Tisch. Für sie waren diese Momente besonders schön und kostbar, denn sie hatte ihr Herz rettungslos an Sebastian Seefeld verloren. Sie wusste, dass er den tragischen Tod seiner geliebten Frau Helene noch nicht verwunden hatte, aber sie wusste auch, wie sehr er sie schätzte. Und dass es nicht nur berufliche Sympathien waren, die sie miteinander verbanden.

      Sebastian legte sein Besteck zur Seite und warf seiner Tochter einen fragenden Blick zu. »Du bist heute so still, Emilia. Eben hast du kaum etwas gesagt, das kenne ich gar nicht von dir. Ist alles in Ordnung, meine Große?«

      »Ja, schon, Papa.« Emilia lächelte kurz, aber dann erschien wieder diese leichte Falte auf ihrer Stirn, die ihrem Vater während der Mahlzeit aufgefallen war. »Es ist nur – ich finde diese Sache mit Felix und dieser Fiona schon komisch.«

      Sebastian und Anna wechselten einen raschen Blick.

      »Was meinst du damit?«, fragte Traudel, die gute Seele des Doktorhauses, alarmiert. Sie mochte die neue Sprechstundenhilfe sehr gern und freute sich mit ihr an ihrer jungen Liebe. »Von welcher Fiona sprichst du?«

      »Dieser Frau, die ein Baby erwartet und sich irgendwie an Felix gehängt hat. Als ich auf die Post gewartet habe, hab ich das Getuschel im Wartezimmer mitbekommen und dann auch später auf der Post. Diese Fiona wohnt jetzt mit im Doktorhaus.«

      »Seit wann kümmerst du dich denn um Gerede?«, warf ihr Vater ein. »Das interessiert dich doch sonst nicht.«

      »Seitdem das etwas mit Caro zu tun hat!«, antwortete seine Tochter energisch. »Ich hab doch gesehen, dass sie heute in der Praxis fast geweint hat, als Felix mit der anderen Frau aus der Praxis gegangen ist.«

      Wieder wechselten ihr Vater und Anna einen besorgten Blick.

      »Ha! Das hab ich gesehen! Irgendetwas stimmt nicht mit Fiona, Felix und Caro«, sagte das junge Mädchen.

      »Emilia, deine Freundschaft zu Caro in allen Ehren, aber bitte, verrenne dich nicht in etwas!«, gab ihr Großvater Benedikt zu bedenken. »Es sind drei erwachsene, vernünftige Menschen, die ihr Leben sehr gut selbst verantworten können.«

      »Hab ich denn etwas anderes behauptet?« fragte Emilia kampfesmutig.

      Ihr Großvater Benedikt lächelte sie über den Tisch hinweg liebevoll an. »Nein, hast du nicht. Du wirst schon wissen, was du tust und wo deine Grenzen sind.«

      Emilia nickte zufrieden. Sie hatte keinesfalls vor, sich am dörflichen Gerede zu beteiligen, aber sie würde Augen und Ohren offenhalten. Sollte wirklich etwas nicht stimmen an dieser merkwürdigen Caro-Felix-Fiona-Geschichte, dann würde sie schon dahinterkommen.

      Später am Abend begleitete Sebastian seine Kollegin und Vertraute Anna nach Hause. Gleichzeitig war es die letzte Runde für den Familienhund Nolan, und das verspielte Jungtier nutzte den Auslauf mit Begeisterung für aufregende Versteckspiele und ausgelassene Kapriolen. Dadurch zog sich der Weg zwischen dem Doktorhaus und Annas Wohnung über der Apotheke beträchtlich in die Länge, was aber weder Sebastian noch Anna störte. Im Gegenteil! Beide genossen diesen Spaziergang in der Gegenwart des anderen. Zwischen ihnen herrschte eine Art der Übereinstimmung, die mehr war als nur ein gutes kollegiales Verhältnis.

      »Was hältst du eigentlich von Frau Bartels?«, fragte der Landdoktor plötzlich. »Es ist wirklich eine eigenartige Situation für alle Beteiligten.«

      »Vor allem für Caro«, stimmte die junge Hebamme zu. »Zum Glück ist Frau Bartels zurückhaltend und drängt sich nicht rücksichtslos zwischen das Paar. Sie wirkt mindestens ebenso verunsichert wie Caro.«

      »Ja, den Eindruck hatte ich auch. Sie stellt keine Forderungen, sondern es ist ihr sichtlich unangenehm, Felix zu bemühen.«

      »Es wird für alle keine leichte Zeit. Du und ich wissen, dass Felix der Vater des Babys ist, aber damit wird Frau Bartels nicht hausieren gehen. Das heißt, dass die Gerüchteküche brodelt.«

      »Wie Emilia bereits bemerkt hat!«

      Anna nickte ernst. »Sie wird traurig sein, wenn sie erfährt, dass Caros und Felix’ Liebesgeschichte jetzt einer schweren Belastungsprobe ausgesetzt ist. Ich weiß, wie nett sie die beiden findet, und in letzter Zeit ist sie oft im Kapitänshaus gewesen. Sie ist Feuer und Flamme für die Zukunftspläne des Paares.«

      »Vielleicht beruhigt sich die Situation ja bald. Frau Bartels ist hier nur zu Besuch, sie wird auch wieder abreisen. Felix findet bestimmt einen Weg, seiner Verantwortung gerecht zu werden und trotzdem mit Caro zu leben.«

      »Das hoffe ich auch. Frau Bartels macht einen vernünftigen und sympathischen Eindruck. Das ist die beste Voraussetzung dafür, dass es nicht zu großen Konflikten kommt.«

      Inzwischen hatte das Paar Annas Wohnung erreicht und musste sich von einander verabschiedeten. Wie immer geschah das mit leisem Bedauern und der heimlichen, prickelnden Vorfreude auf das nächste Wiedersehen.

      »Gute Nacht, Anna, und bis bald!«

      »Gute Nacht, Sebastian, bis bald!«

      *

      Gewitterstimmung lag über dem Land. Es war drückend und schwül, und Caro klebte das Kleid am Körper. Sie hatte den weißen Kittel geöffnet, aber viel half das bei dieser Hitze nicht. Sie freute sich auf ein entspannendes, kühles Bad und anschließend einen ruhigen Abend mit Felix. Es würde bestimmt ein Gewitter geben und dann wäre es schön, in der Veranda zu sitzen und dem Regen zuzuschauen, der über das Glasdach strömte. Bei dieser netten Vorstellung lächelte sie voller Vorfreude.

      Und auf noch etwas freute sie sich, und das war Gertis Gesicht, wenn sie aus der Apotheke zurückkommen würde. Die Gärtnerei Tausendschön hatte einen Blumenstrauß geliefert, der für Gerti Fechner bestimmt war! Caro hatte ihn auf den Schreibtisch ihrer Kollegin gestellt.

      Gerti war vom Wetter ebenso mitgenommen wie alle anderen, aber ihre Gereiztheit verflog, als sie die Praxis betrat. Ihr feiner Geruchssinn meldete ihr etwas Ungewöhnliches. »Oh! Wonach duftet es denn hier? Sind das etwa Veilchen?«

      »Schauen