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in Berlin; gest. 1998 ebd.)

      war nach Kriegsende Übersetzerin bei der amerikanischen Militärregierung in Berlin. Von 1947 bis 1972 arbeitete sie im Zentralbüro des Hilfswerks in Stuttgart, wo sie für die Auslandskontakte zuständig war. Gemeinsam mit Herbert Krimm war sie 1954 die wichtigste Mitarbeiterin der ersten Stunde. Urbig betreute verschiedene Projekte im Rahmen der ökumenischen Hilfe. Der Schwerpunkt ihrer Arbeit lag in der zwischenkirchlichen Hilfe. Sie unterstützte als Mitarbeiterin für Ökumeneaufgaben Ludwig Geißel und später Hans-Otto Hahn bei der Planung und Abwicklung von Hilfsprojekten im Ausland. Elisabeth Urbig formulierte 1957 ihren Grundsatz: „Ökumenische Diakonie kann niemals nur nehmend oder nur gebend sein, sie ist immer beides: geben und nehmen.“

      Zwischen Hilfswerk, Weltkirchenrat und Lutherischem Weltbund entstanden zahlreiche ideelle sowie personelle Verflechtungen. Der spätere Leiter der Diakonie Katastrophenhilfe, Ludwig Geißel, war ein engagierter Mitarbeiter im Lutherischen Weltdienst. Herbert Krimm, seit 1951 Leiter des Hilfswerks, vertrat die deutsche Evangelische Kirche in der Abteilung für zwischenkirchliche Hilfe und Flüchtlingsdienst des Ökumenischen Rates. Gerade in diesen vielfältigen Verflechtungen liegen die – institutionell nicht immer eindeutigen – Ursprünge der Diakonie Katastrophenhilfe.

       Erste Spenden an Notleidende im Ausland

      Die Anfangsgeschichte der Katastrophenhilfe ist vor allem die Geschichte vom tatkräftigen Handeln einzelner Personen und ihrer Überzeugungen. Sie öffneten den Deutschen die Augen für das Leid jenseits des eigenen Horizonts. Hervorzuheben sind: Herbert Krimm, Ludwig Geißel, Elisabeth Urbig und Christian Berg, der spätere Mitgründer und Namensgeber der 1959 ins Leben gerufenen Aktion Brot für die Welt. Dabei spielte nicht zuletzt die Erkenntnis eine Rolle, dass die Probleme der Gegenwart nur in einer weltumspannenden Verantwortlichkeit zu lösen seien: „Wir sind auf Gedeih und Verderb eine Familie unter dem Himmel. Die Forderung an die Völker der ganzen Welt lautet heute, sich um den Menschen und seine Bedürfnisse zu kümmern, wo immer er lebt.“ (Christian Berg, 1957)

       Herbert Krimm

      (geb. 1905 in Przemysl, Galizien; gest. 2002 in Karlsruhe)

      war Pfarrerund Direktor des Hilfswerks. Während des Zweiten Weltkrieges wirkte Krimm als Militärpfarrer und nahm Kontakte zur Widerstandsgruppe „Kreisauer Kreis“ auf, wo er Eugen Gerstenmaier traf. Gerstenmeier berief Krimm 1946 in die Leitung des Hilfswerks. 1951 trat Krimm die Nachfolge Gerstenmaiers als Direktor an. Er gründete 1954 die Abteilung Ökumenische Diakonie in Stuttgart und war einer der geistigen Väter der Diakonie Katastrophenhilfe. 1954 bis 1970 leitete er das Diakoniewissenschaftlichen Institut in Heidelberg. Danach arbeitete er als Seelsorger in einer Nervenklinik. Herbert Krimm orientierte sich an dem Grundsatz: „Die eigentliche, die schwerste, aber auch die bedeutsamste Aufgabe: die Mitverantwortung für die Not der Welt zu einem ebenso selbstverständlichen und undiskutablen Bestandteil des Gemeindelebens zu machen wie die Sorge um die Not in der eigenen Mitte.“

      Durch die internationalen Kontakte gewannen die Hilfswerkmitarbeiter tiefe Einblicke in die weltweiten Nöte. So erinnerte sich Elisabeth Urbig, die im Hilfswerk für die Auslandskontakte zuständig war, Mitte der 1950er Jahre: „Der Wendepunkt in unserer ökumenischen Diakonie fing so an, dass ausländische Besucher nicht mehr allein nach Europa kamen, um sich in Deutschland umzusehen, sondern von Asien, von Korea, von Japan, von Indien und Pakistan und von der arabischen Tragödie erzählten. Ihre Berichte gipfelten immer darin: ‚Ja, hier in Deutschland ist es gewiss noch schlimm, aber die Not in Korea, in Jordanien, in Griechenland …‘ – das haben wir uns einfach nicht vorstellen können.“

      Um hier zu helfen, überreichte das Hilfswerk 1951 eine erste Spende an den Ökumenischen Rat der Kirchen. Im Begleitschreiben hieß es: „Diese erste Beihilfe zur Linderung der Flüchtlingsnot außerhalb Deutschlands soll auch als Ausdruck des Dankes für alle Hilfe gesehen werden, die Deutschland und seiner evangelischen Christenheit in den letzten Jahren aus Mitteln ausländischer Kirchen zugeflossen ist. Sie soll ein Zeichen dafür sein, dass das Bewusstsein der Verantwortung auch für die Not außerhalb unserer Grenzen im Wachsen begriffen ist.“ Dabei war man sich bewusst, dass es sich nur um „kleine Gaben“ handelte: „Aber sie sind ein Anfang, der die Verpflichtung zu solcher Hilfe bestätigt.“

      Was 1951 begann und sich mit einer ersten größeren Hilfsaktion 1953 nach der Flut in den Niederlanden fortsetzte, verdichtete sich 1954. Dieses Jahr steht für einen in dieser Deutlichkeit einmaligen moralischen Appell an die deutschen evangelischen Christen, international Verantwortung zu übernehmen. Gleichzeitig gab es innerhalb des Hilfswerks einschneidende Veränderungen. Beides zusammen erhebt 1954 zu dem wichtigen Jahr in der Entstehungsgeschichte der Diakonie Katastrophenhilfe.

       1954 als Gründungsjahr der Diakonie Katastrophenhilfe

      Unter dem Titel „Drei Meilensteine. Der Weg des Hilfswerks durch das neue Jahr“ rief 1954 Herbert Krimm als Leiter des Hilfswerks die evangelischen Christen in Deutschland mit Nachdruck zu einer „Gesamtverantwortung für die Not [auf], einer Verantwortung, die nicht begrenzt ist nach Ländern, Erdteilen und Hautfarben, nicht billig abzuschütteln durch einen Seitenblick auf die Verschiedenheiten des Kulturstandes und der zivilisatorischen Lebensansprüche“. Im gleichen Jahr wurde die Ökumenische Diakonie als Abteilung des Hilfswerks gegründet und das Ökumenische Notprogramm ins Leben gerufen. Erstmals wurde so die diakonische Aufgabe der Katastrophenhilfe außerhalb der eigenen Landesgrenzen, wenn auch unter anderem Namen, institutionalisiert. Was heute als Diakonie Katastrophenhilfe besteht, war damals das Ökumenische Notprogramm oder wurde mit Begriffen wie Ökumenische Diakonie oder Nothilfe beschrieben. Als ausländische Nothilfe bezeichnete man auch die Aktion „Kirchen helfen Kirchen“, die sich ausschließlich dem Wiederaufbau von Gemeinden widmete, aber in den Quellen vielfach der Katastrophenhilfe zugeordnet wird. Die verschiedenen Namen zeigen, dass die Diakonie Katastrophenhilfe eben noch nicht etabliert und institutionalisiert war. Sie war im Entstehen begriffen und ihre Gründungsgeschichte muss als Prozess verstanden werden.

       1954: Im Mitteilungsblatt des Hilfswerks erklärt Herbert Krimm, weshalb Hilfe im Ausland notwendig ist.

      Die von Krimm definierten Meilensteine blieben nicht ohne Kritik. Allerorten trat ihm der Vorwurf entgegen, dass die fortwährende Not im eigenen Land doch Vorrang haben müsse. Anderen war es schlichtweg unbegreiflich, weshalb das Hilfswerk sogar unabhängig von religiösen Bekenntnissen helfen wollte. Die Idee der Ökumene stand damals noch am Anfang. Ohne Ansehen von Religion und Nationalität zu helfen, ist bis heute fester Grundsatz der Diakonie Katastrophenhilfe. Mitte der 1950er Jahre war das ein neuartiger Ansatz, der einen kontroversen Lernprozess auslöste. In der Tat ging damals vom Hilfswerk eine gesellschaftliche Innovation aus. Motiviert durch ein modernes, offenes Verständnis christlicher Nächstenliebe und umgesetzt mit einem zupackenden Pragmatismus wurde die Diakonie Katastrophenhilfe schon bald zu einem lebendigen Wirkungsfeld, wie Elisabeth Urbig feststellte: „Sie ist keine Geheimwissenschaft, die aus umwölkten Höhen betrieben wird, sondern harte Arbeit, die fleißig und getreu getan werden muss, und bei der es manchmal befreit und herzlich zu lachen gibt, und nicht nur wegen des babylonischen Sprachengewirrs …“

       Genfer Konvention

      Katastrophen lösen immer wieder riesige Flüchtlingsströme aus. Die internationale Gemeinschaft hat ein gemeinsames Recht geschaffen, das den Umgang mit Flüchtlingen regelt: Die Genfer Konvention. Die Konvention von 1951 und das ergänzende Protokoll von 1967 wird als „Magna Charta“ der Flüchtlinge bezeichnet. Die Konvention ist Ausdruck der Bemühungen der internationalen Gemeinschaft, Mindeststandards für die Behandlung von Menschen Anerkennung zu geben, die gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen, um Zuflucht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer sexuellen Orientierung zu suchen. Nicht immer handeln Regierungen gemäß dieser internationalen Konvention. Als Grundstein des internationalen Flüchtlingsschutzsystems