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Der blaue Hopsmajor


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„Haste vor sechs Monden du mich nicht

      geschmäht?“„Nein“, spricht das Lamm, „denn damals lebte ich noch nicht.“

      „Dann war´s dein Vater, der mich schmähte“, schreit der Wolf und würgt in

      unverdientem Tod sein Opfer ab.

      Aus: Aesopische Fabeln, zus. gestellt und ins Dt. übertr. von August Hausrath, München

      1940, S. 61.

       Der getreue Hund (Phaedrus*)

      Wer auf einmal zu gütig ist, ist Dummen nur Willkommen;

      die Erfahrne hintergeht er nicht. Ein Dieb warf einem Hund

      ein Brodt zur Nachtzeit hin und wollt ihn durch den Fraß zum

      Schweigen locken. Heh!, sprach der Hund, willst du dadurch das Maul

      mir stopfen, daß ich für die Sache meines Herrn nicht bellen soll, so irrst

      du sehr; denn eben die schnelle Gütigkeit befiehlet mir zu wachen, daß du

      nicht durch meine Schuld gewinnst.

      Aus: Phäders Aesopische Fabeln, teutsch in Reimfreyen Jamben übersetzt von J.G. Gericke,

      Breslau 1785, S 23.

      *Phaedrus lebte um 20/15 v. Chr. bis um 50/60 n. Chr. in Rom

       Der Hund und der Hase (Babrios*)

      Ein Hund, der einen Hasen vom Gebirg jagte,

      Verfolgt ihn beißend, ob er ihn nicht fest packte;

      Doch als der umsah, wedelte er ganz freundschaftlich.

      Der Hase sprach: „So sei du Thier doch aufrichtig;

      Als Freund sollst du nicht beißen, noch als Thier wedeln.“

      (So ist der Sinn der Menschen oftmals zweideutig

      Daß man ihm nicht recht trauen kann noch mißtrauen.)

      Aus: Babrios, Fabeln, übers. von Wilhelm Hertzberg, Halle 1846, S. 41

      *Babrios lebte im späten 1. oder 2. Jahrhundert n. Chr. vermutlich im Osten des römischen

      Reichs

Texte des Mittelalters

       Von zwei Hunden (Spervogel*)

      Zwei hunde stritten um ein bein;

      der schlecht´re stand da und that schrei´n.

      Und half ihm all sein heulen noch?

      das bein musst´ er entbehren doch;

      dem andern, dem gelang es.

      Er trug´s vom tische hin zur thür:

      und stand vor dessen augen und verschlang es.

      Aus: Lieder und Sprüche der beiden Meister Spervogel, mit Einleitung, Textkritik und

      Übersetzung, hg. von Heinrich Gradl, Prag 1869, S. 27.1

      *Spervogel lebte um 11702

       Der Wolf und der Hund (Ulrich Boner*)

      Von Freiheit und von Eigenschaft

      Es gingen zween Gesellen gut,

      Die hatten ungleichen Muth,

      Auf der Straße durch einen Wald,

      Ihr Kosen3 , das war mannichfalt;

      Es war ein Wolf und ein Hund;

      Sie kamen auf derselben Stund

      Auf eine Wiese; da das geschach,

      Viel schier der Wolf zum Hunde sprach:

      Sag an, traut Geselle mein,

      Was meinet deiner Haute Schein?4

      Du bist so stolz und bist so glatt,

      Du magst wol guter Speise satt

      Ohne Sorge werden alle Tage.

      Der Hund sprach: hör, was ich dir sage:

      Mein lieber Meister speiset mich

      Von seinem Tische, durch das ich

      Behüt seinen Hof und auch sein Haus.

      Wer etwas tragen will daraus,

      Das künd´ ich, darum bin ich lieb.

      Ich laß den Räuber noch den Dieb

      Nichts aus dem Hause tragen,

      Hiermit ich meine Speis´ bejagen.

      Da sprach der Wolf: das ist viel gut,

      So hast du oft ruhigen Muth,

      Wenn ich muß in den Sorgen streben,

      Wie ich gespeis´ mein armes Leben;

      Und wär es an dem Willen dein,

      Dein Geselle wollt ich gerne seyn,

      Daß ich mein´ Speise möchte han

      Ohn Sorge. Der Hund sprach: nun wol dann

      Her, Wolf, in meines Meisters Haus

      Mit mir, da treibt euch Niemand aus.

      Der Wolf ward der Rede froh;

      Mit einander giengen sie do.

      Der Wolf des Hundes Kehle sach

      Zu ihm er da viel balde sprach:

      Sag an, traut Geselle mein,

      Was meinet, daß die Kehle dein

      Ist beschabet und beschorn?

      Durch was hast du das Haar verlorn?

      Der Hund sprach: das will ich dir sagen.

      Des Tags muß ich einen Kolben tragen,

      Und muß an einem Seile stahn

      Gebunden; nirgend mag ich gahn;

      Ich muß stetlich genfangen seyn,

      Das leid ich um die Speise mein.

      Da diese Rede also geschach,

      Der Wolf da zu dem Hunde sprach:

      Nein, du traut Geselle mein,

      Durch nichts will ich gefangen seyn;

      So leid ist mir noch nicht mein Leben,

      Daß ich um Speis´ auf wolle geben

      Meine Freiheit, das glaube mir;

      Deine gute Speise hab du dir,

      Und hab auch manchen langen Tag;

      So will ich essen, das ich mag

      Haben, mit freiem Muthe;

      Das kommt mir baß zu Gute.

      Ich will den freien Willen mein

      Nicht geben um die Speise dein.

      So lief der Wolf zu Walde;

      Der Hund ist heim viel balde.

      Aus: Boner´s Edelstein in Hundert Fabeln, mit Varianten und Worterklärungen, hg. von

      Johann Joachim Eschenburg, Berlin 1810, S. 187-180.5

      *Ulrich Boner ist wahrscheinlich um 1280 geboren