auch Durstgefühl sind oft stark vermindert bis aufgehoben. Man muss sich oft zwingen, etwas zu trinken und auch zu essen.
In einer Studie fand sich ein höhenbedingter Anstieg der Leptinspiegel im Blut, einem Hormon, das den Appetit unterdrückt. Dies könnte die bekannte Appetitlosigkeit bei Höhenbergsteigern erklären.
Hinweis. Eine regelmäßige, tägliche Kontrolle der 24-Stunden-Urinausscheidung mit Hilfe einer skalierten Urinflasche ist hilfreich. Ein stark konzentrierter Urin < 500 ml pro 24 Stunden ist entweder Hinweis für eine nicht ausreichende Flüssigkeitszufuhr oder Symptom einer sich entwickelnden Höhenerkrankung (s. Kap. Höhenerkrankungen). Die Farbe des Urins ist dagegen kein verlässlicher Parameter!
Der Flüssigkeitsverlust entwickelt sich schleichend über mehrere Tage, abhängig von täglicher Trinkmenge, Lufttemperatur, körperlicher Anstrengung und dem Volumen der nächtlichen Diurese.
Eine Darminfektion in der Höhe kann dies oft noch verstärken durch einen Verlust von mehreren Litern innerhalb kurzer Zeit. Wenn Brechreiz und Übelkeit das Trinken noch erschweren, kann sich in wenigen Stunden ein kritischer Zustand entwickeln.
Intravenöse Zufuhr von Kochsalz und Glukose sowie eines Breitbandantibiotikums sind dann indiziert. Ein weiterer Aufstieg vor einer völligen Genesung muss unter allen Umständen verhindert werden.
Aus diesem Grunde ist eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr für die Erhaltung von Gesundheit und körperlicher Leistungsfähigkeit unverzichtbar. Die erforderliche Trinkmenge hängt von den Außentemperaturen, der körperlichen Belastung, der Höhenstufe und der Höhendiurese ab.
Hinweis. In großen und extremen Höhen sind täglich 4–6 Liter pro 24 Stunden erforderlich, was für manche Menschen oft schwierig ist. Bei Durchfallerkrankungen ist der Bedarf oft deutlich höher.
Die Angaben zur Trinkmenge in der Literatur decken sich weitgehend mit den Angaben von Höhenbergsteigern bei einer persönlichen Umfrage. Ein Aufteilen der Trinkmenge über 24 Stunden ist sinnvoll. Bei mehrfachem nächtlichem Harndrang nutzt man das Wachsein, um über Nacht bis zu 500 ml zu trinken. Bis zum Aufstehen ist so der Flüssigkeitsverlust teilweise kompensiert. Den Rest verteilt man über den Tag.
Bedeutung peripherer Ödeme
Hinweis. Flüssigkeitsansammlungen machen sich durch ein Anschwellen der Haut bemerkbar. Die Oberfläche ist mit dem Finger eindrückbar und eine Delle bleibt bestehen. Diese Ödeme sind oft beginnende Warnsymptome von Höhenerkrankungen wie AMS oder HAPE. Typischerweise sind sie im Bereich der Augen, Handrücken, Knöchel oder Unterschenkel lokalisiert.
Es konnte gezeigt werden, dass Patienten mit beginnender AMS eine verringerte Urinausscheidung, eine Wasserretention sowie eine Zunahme von antidiuretischem Hormon (ADH) aufwiesen,
Hinweis. Frauen sind nach Literaturangaben etwa doppelt so häufig von Ödemen betroffen wie Männer. Diese sind für sich allein zunächst noch nicht beängstigend, jedoch als Warnzeichen zu werten und entsprechend zu beobachten. Ihr Auftreten korreliert mit einem HAPE und HACE in der Höhe. Als begleitender Arzt sollte man immer auf Ödeme bei den Teilnehmern achten. Problematisch sind diejenigen, die so ausgeprägt sind, dass entweder das Sehvermögen bei Lokalisation im Bereich der Augenlider eingeschränkt oder aber die Blutzirkulation der Füße im Schuh behindert ist. Es besteht dann die Gefahr von Erfrierungen der Zehen.
Pulmonale Adaptation
Die Atmung spielt bei den Anpassungsvorgängen in der Höhe und während der Akklimatisation eine entscheidende Rolle. Sie besteht aus vier verschiedenen Vorgängen:
■ Ventilation mit Belüftung der Lungenbläschen,
■ Gasaustausch mit Aufnahme von Sauerstoff (O2) und Abatmung von Kohlendioxid (CO2),
■ Transport von O2 und CO2 im Blut von und zur Lunge,
■ Regulation der Atmung.
Neben den hämatologischen Anpassungen sind die Veränderungen in der Lunge ein wesentlicher Bestandteil der Akklimatisationsphase. Wie schon unter den akuten Anpassungen ausgeführt, entwickelt sich unter Hypoxie eine Hyperventilation. Die Steigerung des Atemminutenvolumens führt zu einer Zunahme der CO2-Abatmung über die Lungen und Ausbildung einer respiratorischen Alkalose im Blut.
Da der menschliche Körper auf einen sehr engen Toleranzspielraum des Säure-Basen-Haushalts programmiert ist, versucht er, die Alkalose auszugleichen. Über die Niere wird dies durch eine vermehrte Bikarbonatausscheidung kompensiert und der Gesamtplasmagehalt an Bikarbonat vermindert. Die vermehrte Ausscheidung alkalischer Substanzen justiert den pH-Wert zunächst wieder im Normbereich.
Dieser Effekt ist jedoch nur in mittleren Höhen nachweisbar und nach etwa 24 Stunden komplett abgeschlossen. In großen Höhen sind Hypokapnie und respiratorische Alkalose so stark ausgeprägt, dass eine totale Kompensation über die Niere nicht mehr möglich ist und eine Alkalose über den gesamten Höhenaufenthalt nachweisbar bleibt.
Hypoxic Ventilatory Response (HVR)
Die HVR beschreibt das individuelle Ansprechen des Atemzentrums auf die Hypoxie in der Höhe. Sie ist in ihrer Bedeutung für Höhenerkrankungen bisher nicht in allen Einzelheiten geklärt.
Die durch Hypoxie gesteigerte Atmung ist eine Folge des abnehmenden Sauerstoffpartialdruck mit zunehmender Höhe. Das Ansprechen der HVR geschieht als Sofortreaktion über das Glomus caroticum der Halsschlagadern und dem Atemzentrum.
Die HVR lässt sich im Labor zwar messen, lässt aber leider keine individuelle Vorhersage zu, ob eine bestimmte Person ein erhöhtes Risiko hat, während eines Höhenaufenthaltes zu erkranken. Auch lassen sich die Werte im Labor und in der Höhe nicht wirklich vergleichen. Ein Labortest findet unter den Bedingungen einer normobaren Hypoxie statt, in der Natur besteht aber eine hypobare Hypoxie, wahrscheinlich sind die Testergebnisse unterschiedlich.
Man weiß jedoch, dass eine niedrige HVR mit einer vermehrten Anfälligkeit für eine Schlafapnoe in der Höhe assoziiert ist, also längeren Atempausen im Schlaf. Die HVR eines Menschen wird durch Alkohol, Schlafmittel und Codein (z. B. in Medikamenten gegen Husten) negativ beeinflusst. Während eines Höhenaufenthalts sollte deshalb auf Schlafmittel oder größere Alkoholmengen verzichtet werden, auch auf alpinen Berghütten!
Nach heutigem Wissen geht man davon aus, dass eine niedrige HVR sowohl mit einer erhöhten Anfälligkeit für ein HAPE als auch mit einer AMS assoziiert ist. Die Literaturangaben sind jedoch sehr widersprüchlich bezüglich der erhöhten Anfälligkeiten bei niedriger HVR, einige beziehen sie nur auf das HAPE, andere nur auf die AMS. Die HVR lässt sich zwar für jeden Menschen im Labor bestimmen, der Vorhersagewert von 64 % gestattet jedoch keine scharfe Trennung zwischen anfälligen und nicht anfälligen Individuen, denn der Wert liegt ja etwa in der Größenordnung von Wappen oder Zahl einer Münze. Sicherer und billiger ist ein langsamer Aufstieg zusammen mit einer Vorakklimatisation.
Bei extrem ausdauertrainierten Läufern findet sich nach übereinstimmenden Literaturangaben eine niedrige HVR als Folge eines intensiven und lange anhaltenden Ausdauertrainings, wie z. B. bei Marathonläufern. Dies erklärt die schlechte Höhenverträglichkeit von Ausdauersportlern. Sie müssen gerade in den ersten Tagen eines Höhenaufenthaltes ganz bewusst langsam aufsteigen und sollten sich nicht überfordern (s. Kap. Bergsport).
2.3.5 Langzeitfolgen des Höhenaufenthalts
Neben dem schon beschriebenen Anstieg der Herzfrequenz in der Höhe durch Sympathikusaktivierung finden noch weitere Anpassungsvorgänge statt.
Blutdruck und pulmonale Hypertonie
Der Blutdruck ist in der Regel in den mittleren Höhen nicht erhöht. Anders kann dies jedoch in großen und extremen Höhen sein, wo er gelegentlich schon ansteigt. Die Ursache ist das autonome Nervensystem mit einer Aktivierung des Sympathikus, was zur Widerstandserhöhung im großen Kreislauf führt. Auf die speziellen Probleme von Höhe und Blutdruck wird im Kapitel über Risikogruppen und Hypertonie näher eingegangen.
Aber nicht nur der systemische Blutdruck steigt in der Höhe an. Im Lungenkreislauf finden ebenfalls