des Anstiegs des pulmonal-vaskulären Widerstands unter Hypoxiebedingungen erhöht sich der pulmonal-arterielle Druck proportional zur geografischen Höhe. Es kommt quasi zu einer „dosisabhängigen“ hypoxiebedingten Verschiebung des Gleichgewichtes zur vasokonstriktorischen Seite. Basis des pulmonal-arteriellen Druckanstiegs ist der in der Höhe generalisiert auftretende alveolovaskuläre Reflex (Euler-Liljestrand), wobei die Hypoxie von glatten Muskelzellen in den Wänden kleiner Gefäße (SPASM-Zellen/“small pulmonary artery smooth muscle cells“) der pulmonalarteriellen Strombahn, vermutlich aber auch im Alveolarbereich registriert wird. Die hypoxische pulmonal-arterielle Vaskonstriktion läuft vom vegetativen Nervensystem völlig unbeeinflusst ab und stellt damit eine autonome Leistung der Lungenstrombahn dar, die auch noch an der isolierten Lunge nachweisbar ist. Akute normobare sowie hypobare Hypoxie führen zu einem Anstieg der pulmonal-vaskulären Resistance (PVR) besonders im Arteriolenbereich mit einem Wirkungsmaximum innerhalb von 5 Minuten.
Bei hochgradiger hypoxisch bedingter pulmonal-arterieller Hypertonie (HAPH) in großen und extremen Höhen verkürzt sich durch Zunahme der Strömungsgeschwindigkeit die Kontaktzeit des Blutes an den Alveolen, wodurch die Diffusionskapazität für Sauerstoff weiter eingeschränkt und die Hypoxämie verstärkt wird. Ab einer kritischen Verkürzung der Kontaktzeit des Blutes an den Alveolen unter 0,25 Sekunden verschlechtert sich per se die Aufsättigung des Hämoglobins. Dazu kommt, dass aufgrund höhenatmosphärischer Bedingungen und konsekutiver alveolärer Hypoxie der alveolokapilläre Druckgradient (AaDO2) als treibende Kraft der Sauerstoffaufnahme abnimmt. Die HAPH (höhenassoziierte pulmonal-arterielle Hypertonie) stellt somit eine nicht kardial bedingte präkapilläre, reversible Drucksteigerung im Lungenkreislauf dar und ist mit eine Ursache dafür, dass der Diffusionsvorgang in großer Höhe zum allein leistungsbegrenzenden Faktor wird, ganz im Gegensatz zur Normalhöhe, wo die Perfusion letztlich die maximale Leistungsfähigkeit determiniert.
Der Mechanismus der HPV basiert auf einer Hemmung O2-sensitiver Kaliumkanäle mit nachfolgender Depolarisation glatter Muskelzellen in der Wand pulmonal-arterieller Gefäße und Aktivierung spannungsabhängiger Ca2+-Kanäle. Ein Ca2+-Einstrom und die Vasokonstriktion (HPV) sind die Folge. Die Vasokonstriktorenantwort unterliegt einer großen Variabilität. So ist die HPV von Spezies zu Spezies sehr unterschiedlich, was zum Großteil als Folge genetischer Determination zu werten ist. Bestimmte Rinderarten zeigen eine besonders große vaskuläre Hypoxiesensitivität (Hyperresponder), während das Gefäßsystem des Yaks oder Lamas nur sehr gering auf Hypoxie reagiert.
So wie eine überschießende HPV beim Menschen ein HAPE auslösen kann, kann diese beispielsweise beim Rind zur „Brisket Disease“ führen. Diese bei Rinderzüchtern der Rocky Mountains gefürchtete Höhenunverträglichkeitsreaktion tritt bei bestimmten Rinderrassen in Höhen über 2500 m auf und unterliegt einem Vererbungsmodus von 40–70 %. Auf Basis einer erhöhten HPV und erhöhter pulmonal-arterieller Druckwerte kommt es dabei zu thorakaler und abdomineller Flüssigkeitsansammlung und Rechtsherzdekompensation. So wie beim HAPE bessert sich die Symptomatik auch bei den Tieren im Falle einer Verlegung in tiefer gelegene Regionen.
Selbst innerhalb der menschlichen Spezies gibt es eine große Breite pulmonal-vaskulärer Aktivitätsmuster, die von Respondern bis zu Non-Respondern reichen. Von allen Hochlandbewohnern leben Tibeter am längsten in großen Höhen und zeigen als Ausdruck ihrer perfekten Anpassung die geringste HPV aller Gebirgsvölker. Gesunde Menschen der weißen Rasse weisen in etwa eine 30- bis 50%ige pulmonal-arterielle Drucksteigerung in 4000 m Höhe auf. Es ist verständlich, dass Personen mit vorweg erhöhten pulmonal-arteriellen Druckwerten auf Normalhöhe (> 25 mmHg in Ruhe, > 30 mmHg unter Belastung, pulmonaler Verschlussdruck [„wedge pressure“, PAWP] < 15 mmHg) auch höhere pulmonalarterielle Druckwerte in entsprechender Höhe generieren. Im Extremfall kann aus der resultierenden Rechtsherzbelastung eine akute Rechtsherzinsuffizienz entstehen.
2.2.6 Respiratorische Langzeitfolgen des Höhenaufenthaltes
Höhenaufenthalte in mittleren Höhen werden auch zu therapeutischen Zwecken genutzt. Man spricht auch von sog. therapeutischen Höhen. Positive Langzeiteffekte der Höhe sind vor allem bei Asthmatikern seit langem bekannt und werden im Rahmen von Kuraufenthalten genutzt (z. B. Hochgebirgskliniken Davos). Der Benefit einer langfristigen Höhenanpassung (Akklimatisation) kann auch nach Rückkehr in tiefe Lagen bzw. auf Normalhöhe bis zu 10 Tage lang beibehalten werden.
Hinweis. In großen und extremen Höhen ist nicht die Herzleistung, sondern die pulmonale Diffusion allein leistungslimitierend. Personen, die unfähig sind, ihre Atmung entsprechend dem Grad der Höhenhypoxie zu steigern, sind für große und extreme Höhen nicht geeignet.
Weiterführende Literatur
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Domej W, Schwaberger G: Die Entstehung des Höhenhustens (ARC) – eigene Entität oder nur Ausdruck gesteigerter bronchialer Reaktivität? JB OEGAHM 1999; 10: 127–135.
Gong H Jr, Tashkin DP, Lee EY, Simmons MS: Hypoxia-altitude simulation test. Evaluation of patients with chronic airway obstruction. Am Rev Respir Dis 1984; 130: 980–986.
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Smith CA, Dempsey JA, Hornbein TF: Control of breathing at altitude. In: TF Hornbein, RB Schoene (eds.): High Altitude, an exploration of human adaptation. London: Informa Healthcare, 2001, pp. 139–173
2.3 Höhenphysiologie
U. Gieseler
2.3.1 Veränderungen bei akuter Höhenexposition
Als Reinhold Messner und Peter Habeler 1978 erstmals den Mount Everest ohne künstlichen Sauerstoff bestiegen, wurde auch der breiten Öffentlichkeit schlagartig die Bedeutung der Zusammenhänge zwischen Sauerstoff und zunehmender Höhe bewusst. Die überwiegende Mehrzahl von Ärzten und Physiologen war damals allerdings noch der Meinung, dass eine Besteigung des Mount Everst ohne Sauerstoffzusatz nicht möglich sei und wenn überhaupt, dann nur mit in Folge irreparablen Gehirnschäden. Inzwischen wissen wir jedoch, die Physiologen irrten – und glücklicherweise glaubten Messner und Habeler ihnen nicht. Und bis heute wurden aus ihnen auch nicht die von Ärzten damals prophezeiten Idioten.
Höhenstufen (Tabelle. 2.5)
Nach dem Gasgesetz von Dalton entsprechen die einzelnen Gasdrücke ihrem Volumenanteil. Mit zunehmender Höhe hat man also nicht weniger O2 zum Atmen, sondern der Partialdruck nimmt in der Höhe ab, die 21 % O2 bleiben jedoch konstant.
Hinweis. Die 21 Vol% O2 bleiben in unserer wetterbestimmenden Troposphäre bis über 10000 m weitgehend konstant. Mit zunehmender Höhe sinkt der Sauerstoffpartialdruck (pO2) proportional zur Abnahme des Luftdrucks.
Abb. 2.3: Die Postkarte von Messner und Habeler nach erfolgreicher Besteigung des Mount Everest ohne künstlichen Sauerstoff
Abb. 2.4: Unsere Atmosphäre besteht zu 21 Vol% aus Sauerstoff (O2), 78 % Stickstoff (CO2) sowie 1 % Restgase
Der Abnahme des Luftdrucks wird mit Hilfe einer Exponentialfunktion berechnet, bekannt als barometrische Höhenformel. Die Höhenmesser, wie sie heute entweder noch analog oder aber digital in Uhren zu finden sind, arbeiten in vereinfachter Form anhand dieser Formel.
Der Luftdruck auf Meereshöhe beträgt 1013 hPa, in ca. 5500 m aber nur noch etwa 50 % und auf Höhe des Mount Everest etwa ein Drittel des Wertes auf Meereshöhe.
Tabelle 2.5: Einteilung der