K. Ebel

Moderne Berg- und Höhenmedizin


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align="left">Niedrigen Höhen1500–3500Mittlere Höhen3500–5300Große Höhen5300–8850Extreme Höhen

      Um nicht nur pauschal von der Höhe sprechen zu müssen, hat sich in Literatur und Praxis eine Einteilung in verschiedene Höhenstufen etabliert. Die physiologischen Veränderungen sowie sonstige Auswirkungen auf den menschlichen Körper sollten immer in Bezug zur jeweiligen Höhenstufe angegeben werden (Tabelle 2.5).

      2.3.2 Veränderungen im Verlauf der Akklimatisation

      Wie reagiert nun aber der menschliche Körper in Hypoxie? Bereits ab 1500 m kann es bei schnellem Aufstieg mit Hilfe eines PKW oder einer Seilbahn zu leichteren Funktionseinschränkungen kommen wie z. B. beim Nachtsehen.

      Als Sofortreaktion steigert der Körper bei akuter Hypoxie die Atmung, es muss also mehr Atemarbeit geleistet werden, um in der Höhe dieselbe Menge O2 aufzunehmen wie in der Ebene und dies jede Minute! Diese Hyperventilation in der Höhe ist der schnellste Anpassungsvorgang. Der verminderte O2-Partialdruck der eingeatmeten Luft kann nur über eine gemeinsame Zunahme von alveolärer Ventilation und O2-Partialdruck kompensiert werden. In Folge resultiert ein Anstieg des arteriellen pO2 und der Sauerstoffsättigung (SaO2) im Blut. Verantwortlich dafür sind sowohl die auf Sauerstoff sehr empfindlichen reagierenden Chemorezeptoren am Glomus caroticum im Bereich beider Halsarterien als auch das Atemzentrum im Gehirn.

      Dies sind jedoch nur diejenigen Reaktionen des Körpers, die in akuter hypoxischer Umwelt von unserem Gehirn registriert werden. Völlig unbemerkt verlaufen jedoch dazu parallel Reaktionen auf zellulärer Ebene ab, die die Voraussetzung für die Anpassung des Körpers an die Höhe und an ein sog. Erinnerungsvermögen an die Hypoxie sind. Wer sich häufig in hypoxischer Umgebung aufhält, wird sich besser an die Höhe anpassen, als jemand, der dies nur alle paar Jahre einmal macht.

      Diese Reaktionen beginnen binnen weniger Sekunden auf folgenden Ebenen:

      1 Genetische Ebene:Als Reaktion auf die Hypoxie wird von der Zelle HIF-1 alpha aktiviert, dem hypoxieinduzierenden Faktor. Daraus ergibt sich die Bildung hochspezifischer Proteine, die für die Anpassung und das Gedächtnis an die Hypoxie essentiell sind. Über DNA und RNA wird die Proteinsynthese angekurbelt.

      2 Zelluläre Ebene:Es kommt auf zellulärer Ebene zur Veränderung und Neubildung von Mitochondrien, den Kraftwerken der Zellen, sowie von Rezeptoren.

      3 Biochemische EbeneEs entwickeln sich Anpassungsvorgänge durch die ATP-Synthese, die für die Energieversorgung des Körpers entscheidend ist, sowie bestimmte hormonelle Regulationen, aber auch die in der Hypoxie so wichtige NO-Synthese. NO wirkt gefäßerweiternd, ein Mangel in den Zellen findet sich bei bestimmten Individuen, die mit einen überschießenden Druckanstieg im Lungenkreislauf reagieren, der Ursache des Höhenlungensystems.

      4 Organische EbeneErst hier kommt es zu den weiter unten beschriebenen Veränderungen im Bereich von Atmung, Herz-Kreislauf, Blut und Nieren.

      5 Zentral-nervale EbeneAuf dieser Ebene laufen die Anpassungen über Nerven- und Gliazellen unseres Gehirns ab. Für eine effektive und dauerhafte Anpassung an die Hypoxie ist dies eine wesentliche Voraussetzung.

      Wahrend die Veränderungen unter Punkt 1 binnen Sekunden anlaufen, dauert es bei Punkt 2 und 3 Minuten bis Stunden, unter Punkt 4 und 5 aber Tage bis Wochen.

      Akute Veränderungen des Herzens

      Nahezu parallel zur Hyperventilation erhöht sich die Herzfrequenz sehr schnell über eine sympathikusgesteuerte Aktivierung des vegetativen Nervensystems. Daraus resultiert eine Zunahme des Herzminutenvolumens (HMV), wobei in mittleren Höhen das Schlagvolumen (SV) weitgehend konstant bleibt.

      In größeren Höhen oberhalb von 4000 m nimmt es allerdings durch eine Reduktion des Plasmavolumens mit zunehmender Höhe ab. Hyperventilation und körperliche Belastung allein können dies jedoch nicht erklären. Schlagsowie Herzminutenvolumen reduzieren sich mit zunehmender Höhe bei maximaler Belastung, da die linke Herzkammer nicht mehr optimal gefüllt wird, denn sowohl Plasma- wie auch Blutvolumen sind in der Akklimatisationsphase vermindert.

      Die Veränderungen am Herzen sind also in erster Linie über eine Zunahme der Herzfrequenz und der verminderten Füllung des linken Ventrikels charakterisiert. Bei einem Verbleib auf gleicher Höhe nähert sich der Ruhepuls in den folgenden

      3 bis 5 Tagen langsam wieder dem Ausgangsruhewert an. Allerdings gilt dies nur für mittlere Höhen, in den Regionen oberhalb von 7000 m ist eine völlige Normalisierung der Herzfrequenz in Ruhe nicht mehr möglich.

      Hinweis: In der Höhe ist die Herzfrequenz nicht beliebig steigerbar. Ihre maximal mögliche Zunahme unter Belastung korreliert mit der Höhe. So hat ein 30-jähriger Mann auf Meereshöhe einen (altersabhängigen) Maximalpuls von etwa 190/min, entsprechend der nicht sehr exakten Formel: Maximalpuls = 220 – Lebensalter.

      Auf Everestniveau beträgt der Maximalpuls hingegen nur noch etwa 120/min. Trotz der kontinuierlichen Zunahme der Sympathikusaktivität in der Höhe, reduziert sich die maximale Herzfrequenz bei weiterem Aufstieg. Als Ursache wird eine Downregulation der β-Rezeptoren des Herzen sowie ein Anstieg des Vagotonus, dem Gegenspieler des Sympathikus, diskutiert. Ein weiterer, gut nachvollziehbarer Grund könnte sein, dass eine niedrigere Herzfrequenz unter Belastung zu einem niedrigeren Blutfluss in der Lunge führt, wodurch sich längere Oxygenierungszeiten für die Erythrozyten ergeben, womit sich die O2-Versorgung der Zellen unter Hypoxiebedingungen verbessert.

      Unbekannt ist allerdings, ab welcher Höhe die maximale Herzfrequenz abnimmt und wie viele Stunden in Hypoxie dafür erforderlich sind. Bei Untersuchungen auf 4000 m Höhe fand sich weder eine Abnahme der maximalen Herzfrequenz noch des Minutenvolumens. Gewisse Effekte in der Reduktion der maximalen Herzfrequenz ließen sich in einer Studie ab etwa 4–8 Stunden nachweisen, um in den nächsten Tagen weiter kontinuierlich abzunehmen.

      Abb. 2.5: Bei Ankunft in der Höhe steigt die Herzfrequenz in der Akutphase an, um sich in den nächsten Tagen wieder langsam dem Ruheausgangswert zu nähern. Parallel dazu verläuft die Akklimatisation. Erst wenn der Puls wieder deutlich rückläufig ist, befindet sich der Körper im grünen Bereich und ein weiterer Aufstieg kann erfolgen

      2.3.3 Chronische Höhenexposition

      In fließendem Übergang geht die Akutphase in einen chronischen Verlauf der Akklimatisation über. Damit verbunden sind vielfältige Reaktionen und physiologische Abläufe im Körper, die aber in ihren Einzelheiten bis heute noch nicht alle erforscht und verstanden sind. Die wichtigsten Anpassungsvorgänge betreffen das

      ■ hämatologische,

      ■ pulmonal-ventilatorische und

      ■ kardiovaskuläre

      System, was im Folgenden näher dargestellt wird.

      Hämatologische Anpassungen

      Der O2-Transport im Blut erfolgt durch eine Bindung des Sauerstoffmoleküls an das Hämoglobin in den roten Blutkörperchen. Bei Höhenaufenthalten müssen deshalb sowohl das Hämoglobin als auch Serumeisen im Normbereich liegen. Eine Blutarmut während eines Höhenaufenthalts geht zwangsläufig mit Leistungsverlust und Atemnot einher.

      Hinweis. Schon in mittleren Höhen entwickelt sich in den ersten 2–4 Tagen eine inverse Relation zwischen der Hämoglobinkonzentration und dem Plasmavolumen. Das Hämoglobin erhöht sich durch eine Reduktion der Plasmaflüssigkeit, eine Eindickung des Blutes ist die Folge. Ausreichende Trinkmengen wirken dem entgegen ( s. Kap. Trinkmenge).

      Die Zunahme des Hämoglobins in den ersten Tagen eines Höhenaufenthaltes hat also nichts zu tun mit einer gesteigerten Erythrozytenproduktion im Blut, wie Sportler dies für ihre Leistungssteigerung im Rahmen eines Höhentrainings ausnützen. Eine signifikante Zunahme der Masse an Erythrozyten ist frühestens nach 3 Wochen im Blut nachweisbar. Zu spät, um bei