gefüllten chronische Höhenexposition (Akklimatisation)
Hinweis: Die Dauerleistungsfähigkeit wird im Tal und in der Höhe von 3 Faktoren bestimmt: der VO2max, der Dauerleistungsgrenze (%VO2max, die über längere Dauer genutzt werden kann), der Bewegungsökonomie.
Die VO2max ist das bedeutendste Kriterium. Sie hängt vom maximal möglichen Blutvolumen ab, das vom Herzen in die Arbeitsmuskulatur gepumpt werden kann, vom Sauerstoffgehalt des Blutes (Hämoglobinkonzentration × arterielle Sauerstoffsättigung) sowie der oxidativen Kapazität der Muskulatur (Kapillarisierung und Mitochondriendichte). Neben genetischen Faktoren wird sie besonders durch adäquates Ausdauertraining bestimmt. Obwohl sie bei hoch trainierten Athleten unter akuter Höhenexposition etwas stärker abnimmt als bei weniger gut trainierten, besteht dennoch ein enger Zusammenhang zwischen der VO2max in Tallage und jener in der Höhe. Daher kann die in Tallage bestimmte VO2max zur Abschätzung der Leistungsfähigkeit (z. B. Anstiegsgeschwindigkeit) in den jeweiligen Höhenlagen dienen. Um in 8000 m noch kontinuierlich ohne künstlichen Sauerstoff ansteigen zu können, ist eine VO2max von mehr als 60 ml/min/kg notwendig. Eine normale (~ 35–40 ml/min/kg) oder sogar unterdurchschnittliche VO2max ist mit einem Anstieg in sehr große Höhen (ohne künstlichen Sauerstoff) unvereinbar. Die VO2max verbessert sich auch während der Akklimatisation nur unwesentlich.
Die Dauerleistungsgrenze hängt wiederum mit der VO2max in charakteristischer Weise zusammen und bedeutet jenen Prozentsatz der VO2max (%VO2max), bei der über längere Zeit (bis zu mehreren Stunden) Dauerleistung (z. B. Anstieg am Berg) erbracht werden kann. Diese Eigenschaft wird besonders durch adäquates und sportartspezifisches Training erworben und betrifft vorwiegend neurohumorale und muskukläre Adaptationen. Normalerweise liegt die Dauerleistungsgrenze bei etwa 60–65 % der VO2max, bei Spitzenathleten kann sie bis zu 90 % erreichen. Während die VO2max, wie oben beschrieben, durch die Höhe nachhaltig beeinflusst wird, trifft dies für die Dauerleistungsgrenze besonders für die akute Höhenexposition zu. Während der Akklimatisation wird allerdings eine deutliche Verbesserung beobachtet. Zu dieser Verbesserung tragen die ventilatorische Akklimatisation, neurohumorale Veränderungen, die Hämokonzentration durch Plasmavolumenabnahme und später die Erythropoiese (Blutneubildung) bei. Eine markante Verbesserung findet schon in den ersten Tagen des Höhenaufenthaltes statt, die je nach Höhenlage und individueller Reaktion in den folgenden 1–3 Wochen komplettiert wird (s. auch Kap. 3.4, „Höhentraining“).
Hinweis. Symptome der akuten Bergkrankheit (AMS) und/oder Schlafprobleme in der Höhe können zur Leistungsminderung und einer Verzögerung der Akklimatisation beitragen.
Bewegungsökonomie bedeutet, wie viel Sauerstoff bei einer bestimmten Leistung, z. B. einer bestimmten Anstiegsgeschwindigkeit, verbraucht wird. Auch hier sind gerade im Bergsport oft beträchtliche Unterschiede zu beobachten. Konstitutionelle Voraussetzungen und besonders jahrelange Gewöhnung an alpinsportliche Tätigkeiten, z. B. Stapfen im Schnee, Anstieg mit Steigeisen, Klettern etc.) scheinen die wichtigsten Einflussfaktoren für die Bewegungsökonomie zu sein. Hinzu kommt, dass die Ausrüstung, Wegbedingungen und das Zusatzgepäck wesentlich zum aeroben Energiebedarf beitragen. Je besser die Anstiegsspur und je leichter der Rucksack, desto rascher kann der Anstieg bei vergleichbarem Sauerstoffbedarf bewältigt werden. Eine Verbesserung der Bewegungsökonomie im Rahmen des Höhenaufenthalts kann durch Gewöhnung an die spezifische bergsportliche Tätigkeit stattfinden. Bei Ermüdung und/oder Erkrankung kann sie jedoch deutlich beeinträchtigt sein.
Hinweis: Nicht vergessen werden darf, dass außer der Höhe, Umweltfaktoren wie Kälte, Wind, trockene Luft und Strahlung ebenfalls das Wohlbefinden und die Leistungsfähigkeit beeinflussen können.
Lungen-Herz-Muskel-Achse
Die Lungen-Herz-Muskel Achse stellt das physiologische Grundgerüst für die aerobe Leistungsfähigkeit dar und ist als integratives System zu betrachten. Positive oder negative Veränderungen einer Systemkomponente führen zu einer gleichgerichteten Beeinflussung der anderen Komponenten (Konzept der koordinierten Adaptation). Das bedeutet, dass z. B. bei Herz- oder Lungenerkrankungen automatisch auch die aerobe muskuläre Leistungsfähigkeit abnimmt. Bei Bewegungsmangel wiederum führt die reduzierte muskuläre Leistungsfähigkeit zu einer negativen Beeinflussung der Atmung und des Herzkreislaufsystems. Andererseits wird durch aerobes Muskeltraining (z. B. Laufen, Radfahren, Bergsteigen) auch die Funktion der Atem- und Herzkreislaufsysteme günstig beeinflusst, was in der Therapie und Prävention verschiedener Erkrankungen von enormer Bedeutung ist. In großer Höhe kommt es zu charakteristischen Veränderungen innerhalb dieser Organsysteme. Durch die Verminderung des Konzentrationsgradienten für Sauerstoff zwischen den Lungenalveolen und dem Blut in den Lungenkapillaren reicht bei stärkerem Blutfluss durch diese Kapillaren bei körperlicher Aktivität die Kontaktzeit zwischen Blut und Alveolen nicht mehr aus, um das Blut vollständig mit Sauerstoff zu beladen. Die arterielle Sauerstoffsättigung (SaO2) und damit die Dauerleistungsfähigkeit sinken im Vergleich zu Tallage ab. Die Kompensation durch eine Steigerung des Herzminutenvolumens macht keinen Sinn, da die Kontaktzeit zwischen Blut und Alveolen weiter verkürzt und die SaO2 noch stärker abfallen würde. Eine Mehratmung (Hyperventilation) ist jedoch bis zu einem bestimmten Grad günstig, da dadurch mehr Kohlendioxid abgeatmet wird und der Sauerstoffpartialdruck in den Alveolen ansteigt.
Bei akuter Höhenexposition werden bei zu Tallage vergleichbaren submaximalen Belastungen höhere Atemfrequenzen, höhere Herzfrequenzen und Blutlaktatwerte und intensivere Belastungsempfindungen, als Ausdruck einer gesteigerten anaeroben Energiebereitstellung und Sympathikotonie, beobachtet. Im Rahmen der Akklimatisation sinken die submaximalen Herzfrequenzen, Laktatwerte und das Belastungsempfinden wieder ab, die Hyperventilation bleibt jedoch erhalten. Die maximale Herzfrequenz und das maximale Herzminutenvolumen nehmen ab und bewirken, vermutlich verbunden mit einer Blutumverteilung zuungunsten der Arbeitsmuskulatur, dass die VO2max auch im akklimatisierten Zustand nur unwesentlich zunimmt. Zusätzlich nehmen bei längerem Aufenthalt in großer Höhe die Masse der Arbeitsmuskulatur, deren Mitochondriendichte sowie die oxidativen Enzyme ab. Auf den ersten Blick wirkt diese Anpassung unverständlich, führt sie doch zu einer reduzierten aeroben Leistungsfähigkeit. In Anbetracht des verminderten Sauerstoffangebotes jedoch wird klar, dass diese Anpassung eine logische Konsequenz und ein schönes Beispiel für die Integration der Lungen-Herz-Muskel Achse darstellt.
Abb. 3.10: Lastentragen in Gegenden, wo keine Träger zur Verfügung stehen. Hier ist die Kraftausdauer insbesondere der Oberschenkelmuskulatur gefordert (Anmarsch zum Basislager der Mt. Asgard/Baffin-Island-Expedition) (Foto: T. Küpper)
Kompaktinformation
Die aerobe Kapazität (VO2max) nimmt pro 1000 m Höhenanstieg ab ca. 1500 m um ~ 10 % ab. Sie verbessert sich während der Akklimatisation kaum! Die Dauerleistungsgrenze nimmt bei akuter Höhenexposition ebenfalls deutlich ab, verbessert sich aber im Rahmen der Akklimatisation wieder. Hyperventilation, Hämokonzentration und neurohumorale Veränderungen tragen dazu bei.
Ungefähre Dauer verschiedener Akklimatisationsprozesse:
■ Ventilatorische Akklimatisation: ~ 1–7 Tage
■ Kardiovaskuläre Akklimatisation:~ 7–14 Tage
■ Hämatologische Akklimatisation (Erythropoiese): > 14 Tage
3.2.2 Leistungslimitierende Faktoren in extremer Höhe
In extremen Höhen (z. B. > 8000 m) sinkt der arterielle Sauerstoffpartialdruck bei Belastung, auch im akklimatisierten Zustand, so weit ab (~ 30 mmHg), dass dadurch eine vitale Gefährdung gegeben ist. Nur wenige talentierte und hoch leistungsfähige Bergsteiger sind in der Lage, über 8000 m noch ohne künstlichen Sauerstoff anzusteigen.
Aus den obigen Ausführungen kann abgeleitet werden, welche Faktoren zur Leistungslimitierung in extremen Höhen, z. B. beim Anstieg zum Gipfel des Mt. Everest (8850 m) beitragen. Natürlich spielen äußere Bedingungen wie Witterung, Wegbeschaffenheit, Zusatzgewicht