Datis Kharrazian

Schilddrüsenunterfunktion und Hashimoto anders behandeln


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Aminosäure – erhöht das Herzerkrankungsrisiko sowie das Risiko, eine Demenz und andere neurodegenerative Krankheiten zu erleiden, erheblich. Eine Hypothyreose beeinträchtigt die Fähigkeit der Leber, diese Aminosäure angemessen zu verstoffwechseln, und sie scheint zur Bildung von hohen Homozysteinwerten beizutragen.

      Das Wichtigste aus diesem Kapitel

      • Die Schilddrüse ist im Hals unterhalb des Kehlkopfes gelegen und steuert den Stoffwechsel.

      • Zu einer Schilddrüsenunterfunktion kommt es, wenn die Schilddrüse aus vielfältigen Gründen ständig zu wenig aktiv ist. Mit der Verschreibung von Schilddrüsenhormonen wird man selten der tatsächlichen Ursache einer mangelhaften Schilddrüsenfunktion gerecht.

      • Die Hashimoto Thyreoiditis, eine Autoimmunerkrankung, die das Schilddrüsengewebe zerstört, ist die häufigste Ursache einer Hypothyreose.

      • Das Gehirn schüttet TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon) aus, das die Schilddrüse zur Bildung und Sekretion der Schilddrüsenhormone T4 und T3 anregt. T4 und T3 sind nach der Anzahl der enthaltenen Jodatome benannt – vier beziehungsweise drei.

      • Das stoffwechselaktive Hormon im Körper ist T3, auch wenn lediglich sieben Prozent davon durch die Schilddrüse gebildet werden. T4 muss mithilfe des Enzyms Tetrajodthyronin-5'-Deiodinase in T3 umgewandelt werden. Dies geschieht in der Leber, dem Gastrointestinaltrakt und in verschiedenen anderen Körperzellen, zum Beispiel Muskel- oder Nervenzellen. T3 wird in den Kern dieser Zellen eingeschleust, um die genetischen Steuerungsmechanismen der Schilddrüse zu aktivieren.

      • Viele Störungen sind an der Ausprägung einer Hypothyreose beteiligt. Dazu gehören eine mangelhafte Leber- oder Darmfunktion, eine träge Hypophyse, zu viele Bindungsproteine im Blut (als Folge von überschüssigem Östrogen) und eine Funktionsstörung des Immunsystems.

      • 20 Prozent von T4 werden im Darm zu T3 umgewandelt, allerdings nur dann, wenn die Darmflora auch intakt ist.

      • Es ist wichtig, eine Hypothyreose auch ernährungsphysiologisch zu behandeln, da viele wichtige Körperfunktionen durch eine gestörte Schilddrüsenfunktion beeinträchtigt werden können.

      KAPITEL 2

      Neueste Erkenntnisse zur Hashimoto Thyreoiditis

      Nach der Geburt ihres zweiten Sohnes schien es mit Patricias Gesundheit bergab zu gehen. Ihre Wochenbettdepression hielt viele Monate an, sie fühlte sich ständig müde, und ihre Hände und Füße waren immer eiskalt. Nachts brauchte sie im Gegensatz zu ihrem Mann mehrere Decken, um sich warmzuhalten; ihm reichte eine. Ein Arztbesuch und ein Bluttest führten zur Diagnose Hypothyreose und zur Verschreibung von Schilddrüsenhormonen.

      „Selbst mit den Schilddrüsenhormonen fror ich immer“, sagte Patricia. „Ich hatte auch wieder Unterfunktionssymptome. Wenn ich mich abends hinlegte, fing mein Herz an zu rasen und der Herzschlag wurde unregelmäßig. Das Einzige, was der Arzt tat, war die Dosierung meines Medikaments anzupassen, damit die Laborergebnisse gut aussahen.“

      So erging es Patricia fast 20 Jahre lang, bis ein naturheilkundlicher Arzt die Autoimmunerkrankung Hashimoto Thyreoiditis bei ihr feststellte.

      „Ich weiß nicht, ob mein vorheriger Arzt nicht wusste, dass ich Hashimoto habe, oder ob er einfach nur vergessen hat, es mir zu sagen“, erzählte Patricia.

      Es gibt wohl keine Krankheit, die öfter übersehen wird als die Hashimoto Thyreoiditis, eine Autoimmunerkrankung, bei der der Körper die eigene Schilddrüse angreift und zerstört. Obwohl diese in den Vereinigten Staaten zu den häufigsten Ursachen einer Hypothyreose gehört, verzichten viele Ärzte auf die entsprechenden Untersuchungen, da die Diagnose an der Standardbehandlung, der Verschreibung von Schilddrüsenhormonen, nichts ändert. Nachdem sie damit rechnen, dass die Schilddrüse ihre Funktion immer mehr einbüßt, überwachen sie einfach nur den Serumhormonspiegel und passen die Medikation entsprechend an. Kommen weitere Symptome hinzu, besteht die Standardbehandlung in der Verabreichung starker Medikamente, z. B. Prozac bei Depressionen (in Deutschland, Österreich und der Schweiz u. a. unter den Namen Fluctin, Felicium bzw. Fluocim im Handel. Daneben gibt es in allen drei Ländern zahlreiche Generika; Anm. d. Übers.), Betablocker bei erhöhter Pulsfrequenz oder von Präparaten, die die Nebennierentätigkeit unterdrücken. Eine weitere Methode besteht in der Entfernung der Schilddrüse, was auch nicht immer zielführend ist, da unweigerlich Restgewebe im Körper verbleibt, von dem weiterhin Autoimmunattacken ausgehen können.

      Es ist nicht so, dass diese Menschen nicht gut betreut werden oder eine falsche Erkrankung diagnostiziert wird; es ist vielmehr so, dass die Schulmedizin eine Hashimoto Thyreoiditis zurzeit nicht erfolgreich behandeln kann. Eine Standardmedikation bei Autoimmunerkrankungen ist das immunsupprimierende Prednison (Cortison), doch diese Therapie ist bei Hashimoto zu aggressiv. Die Ärzte warten, bis die Schilddrüse „ausgebrannt“ ist, das heißt, bis es durch das massive Absterben von Gewebe zu einem völligen Funktionsverlust kommt, und dann werden Schilddrüsenhormone verschrieben.

      Die Alternativen der naturheilkundlichen Medizin sind bisher auch nicht viel besser: Manchmal werden Neugeborenenhormone zusammen mit Schilddrüsenhormonen verschrieben, was als „Köder“ für das Immunsystem wirken soll. Oder es wird daran gearbeitet, die Gesundheit insgesamt zu verbessern, was ausgesprochen positiv sein kann, aber auch dieser Ansatz lässt wieder den komplizierten Mechanismus einer Autoimmunerkrankung außer Acht.

      Nachdem der naturheilkundliche orientierte Arzt also eine Hashimoto Thyreoiditis festgestellt und Patricia ein natürliches Kombinationspräparat aus T4 und T3 verschrieben hat und sie auch mehr auf ihre Ernährung achtet, fühlt sie sich tatsächlich besser. Sie sagt, das vom Körper nutzbare T3 sorge dafür, dass ihr ganzes System besser arbeite. Allerdings blieb ihr Immunsystem dabei unbeachtet. Zusätzlich verschreibt ihr der Arzt Jod, das, wie ich im Folgenden noch erläutern werde, die Entzündung und Zerstörung der Schilddrüse potenziell sogar beschleunigt. Nun wird die Zeit zeigen, wie lange Patricias Schilddrüse dieser Behandlung standhalten kann.

      Bei beiden Behandlungsansätzen steht die Schilddrüse vollkommen im Mittelpunkt, während das Immunsystem die Rolle des geheimnisvollen, schattenhaften, in den Hintergrund gedrängten Fremden spielt. In Wahrheit aber zieht es bei Hashimoto die Fäden und es sollte im Zentrum des Interesses stehen.

      Die Autoimmunerkrankung Hashimoto Thyreoiditis

      Die Krankheit ist nach Hakuro Hashimoto benannt, einem japanischen Arzt, der vor dem Ersten Weltkrieg in Europa arbeitete. Er beschrieb sie 1912 in einer deutschen Veröffentlichung. Es war die erste anerkannte Autoimmunerkrankung.

      Etwa jeder fünfte Mensch leidet an einer Autoimmunerkrankung. Schätzungen zufolge sind 75 Prozent der Betroffenen – etwa 30 Millionen Menschen – Frauen.16

      Die Schilddrüse ist davon am häufigsten betroffen, sieben bis acht Prozent der amerikanischen Bevölkerung leiden an einer Autoimmunerkrankung dieses Organs.17, 18 In den USA liegt bei etwa 90 Prozent der von einer Hypothyreose betroffenen Erwachsenen eine Autoimmunerkrankung, hauptsächlich eine Hashimoto Thyreoiditis, zugrunde.19

      Woran erkennen Sie, ob Ihre Unterfunktion eine Hashimoto Thyreoiditis ist?

      Wie kann man anhand der Symptome einer Hypothyreose erkennen, ob es sich um Hashimoto handelt oder nicht? Obwohl ein positiver Serum-Antikörper-Test endgültig Aufschluss darüber gibt, sollte man über einige der klassischen, für diese Krankheit typischen Symptome und Situationen Bescheid wissen.

      Am häufigsten trifft man die Patientin an, die gewissenhaft ihre Schilddrüsenhormone einnimmt, den Zustand ihrer Schilddrüse regelmäßig überprüfen lässt, der es aber trotzdem immer schlechter geht und die eine ständig steigende Dosierung der Hormone benötigt, um überhaupt zurechtzukommen. Das ist eigentlich genau der Mensch, der durchaus auch einmal vergessen kann, seine Medikamente einzunehmen und nachträglich dann feststellt, dass