Mark Blake

Peter Grant - Ein Leben für Led Zeppelin


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der BBC namens Citizen James bestaunen können. In dieser Folge, die den Titel „The Money“ trug, veranstaltete der Schauspieler Sid James in der Rolle eines Aufschneiders aus Soho eine Lotterie, bei der es 250 Pfund zu gewinnen gab. Grant war darin in einer Rolle ohne Text als einer der Losbesitzer zu sehen. Keine schlechte Besetzung! Schließlich war Grant abseits des Bildschirms ein Mann, der 250 Pfund bitter nötig gehabt hätte. Außerdem war er ständig auf der Suche nach Wegen, an Geld zu kommen.

      Im selben Jahr löste der amerikanische Sänger Chubby Checker mit Hits wie „The Twist“ und „Letʼs Twist Again“ einen neuen Tanztrend aus. Der 15-jährige Jeff Dexter, der später als Club-DJ und Festival-Conferencier von sich reden machen sollte, wurde aus dem Londoner Lyceum geworfen, weil er den von Checker besungenen Twist getanzt hatte. „Angeblich war das obszön“, sagt er heute. Allerdings brachte ihm diese Publicity einen Job beim Cyril Stapleton Orchestra ein und einen Besuch von Peter Grant. „Ich kannte Peter als diesen Typen aus dem 2iʼs“, erklärt Dexter. „Ich sah ihn in Soho. Nachdem ich einen meiner Auftritte mit Cyril absolviert hatte, kam er im Lyceum hinter die Bühne, um mich zu sprechen.“ An diesem Tag befand sich Grant in Begleitung des zukünftigen DJs und Fernsehmoderators Jimmy Savile. Nach dessen Tod im Jahr 2011 kam ans Licht, dass dieser ein notorischer Triebtäter war. „Damals wusste aber niemand, dass er ein solcher Perversling war“, versichert Dexter.

      In jenen Tagen betrieb Savile einen Tanzschuppen und kämpfte zeitweise als Wrestler. Die beiden Männer machten Dexter einen Vorschlag: „Peter, Gott schütze ihn, meinte, dass ich viel mehr Geld verdienen könnte, wenn ich als twistender Wrestler mein Glück versuchen würde – gleichzeitig kämpfen und tanzen. In so einem Badeanzug.“ Dexter winkte ab und so verlief ein weiterer Plan, ans große Geld zu gelangen, im Sand.

      Ende 1961 arbeitete Grant nun auch ab und an als Fahrer und Bühnenmanager für die Noel Gay Agency im Londoner West End. Rock’n’Roll war nun endgültig angekommen, aber noch nicht überall so richtig durchgestartet. Noel Gay vermittelte neben Gesangs- und Tanznummern auch Trampolin-Akrobaten und Zauberer, die in Ferienlagern, Arbeiterheimen und den nunmehr glanzlosen Embassy-Ballsälen englischer Küstenstädte auftraten.

      Einer dieser Acts waren die Jeanettes, drei junge singende Schwestern namens Jean, Sue und Gloria Cutting, die aus Hull in Yorkshire stammten. Peter traf das Trio bei ihren Proben in der Denmark Street, wo sie sich für eine bevorstehende Tour durch den Norden und Süden von Wales in Form brachten. Gesponsert wurde die Konzertreise von Gallaher Cigarettes. „Meiner Mum fielen zuallererst die Augen meines Dads auf“, erzählt Grants Tochter Helen.

      Wenig später waren Peter und Gloria bereits ein Paar. Das Branchenblatt der Unterhaltungsindustrie, The Stage, berichtete über die Tour: „Die Reisegesellschaft umfasst den Conferencier Larry Burns, die Jeanettes, den jungen ungarischen Magier Kovari, Jimmy Rodgers aus Preston, der sich als Klavierspieler verdingt, sowie den Bühnenmanager und Fahrer Peter Grant, der schon in vielen Filmen und Fernsehproduktionen mitgespielt hat und bekannt ist für seine Rollen als zäher Bursche – immerhin ist er einen Meter achtundachtzig groß und 115 Kilo schwer!“

      Die Tour umfasste insgesamt 162 Auftritte in 14 Wochen und erstreckte sich bis Ostern 1962. Grant fuhr die Acts von Stadt zu Stadt, übernachtete in denselben Pensionen und schloss sich ihnen sogar auf der Bühne an, um mit ihnen beim großen Finale, wenn auch falsch, mitzusingen. Grant bot sich den singenden Schwestern als Manager an. Sie lachten, da er schließlich noch niemanden gemanagt hatte. Als die Tour schließlich vorüber war, waren Peter und Gloria verlobt.

      Grants letzter Film, Die Kanonen von Navarone, erwies sich als Kassenschlager, doch das hatte leider keine positiven finanziellen Auswirkungen auf einfache Stunts und Doubles. Später erzählte er einem Journalisten, dass Gloria und er in ihrem ersten gemeinsamen Jahr so arm gewesen wären, dass sie sich als Weihnachtsessen eine Dosensuppe geteilt hätten.

      Im Juni begleitete Grant die Jeanettes zu ein paar Auftritten in einer britischen Militärbasis in Tripolis. Das Paar heiratete in diesem Sommer in Hull und zog zu Dorothy in die Norhyrst Avenue. Die frisch Verheirateten hatten es nicht einfach. Dorothy mochte zwar einen unehelichen Sohn zur Welt gebracht haben, dennoch war sie eher viktorianisch eingestellt. „Meine Großmutter war sehr prüde“, sagt Helen. „Sie mochte meine Mum nicht wirklich. Sie kamen nicht immer miteinander aus.“

      Gloria war gerade mal 24 Jahre alt, hatte aber schon seitdem sie ein Teenager war am Theater gearbeitet. „Mum war zwar winzig, aber ziemlich temperamentvoll und ließ sich nichts bieten.“

      Kurze Zeit darauf entdeckte Gloria, dass sie schwanger war. Das Paar zog in ein Mini-Apartment am Dorrington Court, oben auf dem South Norwood Hill. Später verdiente Grant genug Geld, dass sie in die Cromwell Road nahe Shepherds Bush ziehen konnten.

      „Fürs Erste musste Dad zwei oder drei Jobs gleichzeitig annehmen“, erzählt Helen. „Er chauffierte nach wie vor Bands. Außerdem arbeitete er noch als Taxifahrer. Sie hatten nichts. Wenn er seine Schuhe ausgelatscht hatte, stopfte er sie mit Pappe aus. Er klaute die Milchflaschen, die vor den Haustüren der Leute standen.“

      Als die Lage zu prekär wurde, fing Grant an, Vollzeit bei Don Arden zu arbeiten. Arden, der 2007 starb, ging in seiner Autobiografie Mr. Big schonungslos mit Grant ins Gericht. Er beschuldigte ihn, ein Dieb zu sein, stellte in Abrede, dass er jemals ein Wrestler gewesen wäre, und beschrieb ihn als „300-Pfund-Sack Scheiße“.

      Ein Teil von Ardens Problem war sicher, dass der Lehrjunge sich irgendwann aufschwang, den Meister abzulösen. Trotz ihrer späteren Animositäten räumte Grant stets ein, dass er von Arden eine Menge gelernt hätte. Don war ein alter Vaudeville-Star, der seinen Ruf als sogenannter „Pate des Rock’n’Roll“ genoss. Als sein Leben sich dem Ende zuneigte, war Arden hauptsächlich als Sharon Osbournes Dad bekannt.

      Arden war als Harry Levy in einer jüdischen Familie zur Welt gekommen, die nach der Revolution aus Russland geflohen war und sich in Manchester niedergelassen hatte. Später berichtete er davon, dass seine Kindheit von Antisemitismus und Gewalt überschattet war, behauptete aber auch, seine Peiniger in ihre Schranken gewiesen zu haben, indem er Ratten umbrachte und ihre Kadaver zur Schau stellte: „Sie fragten sich, zu was ich alles imstande wäre.“

      Schon als Teenager begann er, sich „Don Arden“ zu nennen. Er imitierte populäre Sänger und ahmte harte Raubeine aus Hollywood wie Edward G. Robinson und James Cagney in Varieté-Nummern nach. 1956 ermutigte ihn ein Zwischenrufer im Palace in Blackpool, doch mal mit seiner eigenen Stimme zu singen. Wenig später hörte Arden zum ersten Mal Elvis und spürte, dass seine Zeit vorüber war. „Es machte keinen Sinn, weiterzumachen und zu versuchen, lauter zu singen als diese Kids“, argumentierte er.

      Stattdessen erfand sich Arden als Veranstalter und Agent neu. Er war auf amerikanischen Militärstützpunkten in Großbritannien aufgetreten und hatte realisiert, dass kaum Acts gebucht wurden, die die Truppen tatsächlich gerne gesehen hätten: „Die Soldaten fragten nach Elvis und bekamen dann Fritz, den örtlichen Jodelmeister, und seinen tanzenden Bären.“

      Zunächst fiel es Arden schwer, das Monopol der britischen Showbiz-Agenturen zu knacken, aber er schaffte schließlich den Durchbruch, als ihn einer seiner erfahrenen Kontakte fragte, ob er von der jungen amerikanischen Gesangssensation Gene Vincent gehört hätte. „Du wirst ihn lieben“, wurde ihm erklärt. „Er ist umwerfend.“

      Arden überzeugte die New Yorker William Morris Agency davon, Vincent in Großbritannien veranstalten zu dürfen. Obwohl junge heimische Rocker wie Cliff Richard und Marty Wilde Hits produzierten, sehnte sich das britische Publikum nach dem Original aus Amerika. Arden schickte Vincent auf eine Tour durch die Konzertsäle, plante aber auch ein paar lukrative Auftritte auf amerikanischen Militärbasen ein.

      Um seine transatlantischen Kontakte noch zu intensivieren, gründete Arden die Agentur Anglo-American Artists, die ihr Büro in der Curzon Street 35 im Londoner Bezirk Mayfair hatte. Die Adresse nutzte bald schon ein stets wachsendes Netzwerk von Agenten, Veranstaltern und geneigten Opportunisten, von denen viele Arden mit ihren eigenen geschäftlichen Bestrebungen auch als Konkurrenten in die Quere kommen sollten.

      Die Hausnummer 35 beherbergte auch den Showbiz-Agenten Colin Berlin und