Mark Blake

Peter Grant - Ein Leben für Led Zeppelin


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Lee Lewis, Chuck Berry, Gene Vincent und Little Richard folgten schon bald nach. „Beim Rock’n’Roll ging es um Sex und darum, reichlich davon abzubekommen – quasi als echter Hound Dog mit seinem Pudel zur Sache zu kommen!“, erklärte Malcolm McLaren. „Schon die Wörter ‚rock‘ und ‚roll‘ standen für einen sexuellen Akt.“

      In einem Schlafzimmer im verschlafenen Surrey war ein zwölfjähriger Junge namens Jimmy Page, einst der Anführer von Led Zeppelin, ebenfalls äußerst angetan. „Es war alles so urtümlich“, sagte er. „Junge Leute fühlten sich davon angezogen. Da war ich keine Ausnahme.“

      Auch Grant ließ sich verführen. Barrie Keeffe, der erste Drehbuchautor, den McLaren für den Film über Grants Leben engagierte, interviewte Peter noch in den Achtzigerjahren. Grant zeigte ihm ein signiertes Foto von Elvis und sagte: „Ich habe alles dafür getan.“

      Elvis sollte Grants Leben auf eine Art beeinflussen, die 1956 noch ganz undenkbar erschien. Später sollte er den King persönlich treffen, sich mit dessen Manager Colonel Tom Parker anfreunden und versuchen, Presley erstmals für eine Tour durch Großbritannien zu gewinnen.

      „Eines der größten Highlights meines Lebens war, zu einem Auftritt von Elvis nach Los Angeles zu reisen“, sagte er. „Seine Band war komplett aus dem Takt geraten und er unterbrach sie. Er wandte sich ans Publikum und erklärte: ‚Wir haben heute Led Zeppelin hier und werden jetzt noch mal von vorne loslegen, damit wir so aussehen, als würden wir wissen, was wir da tun.‘“

      Sein nächster Job brachte Grant 1957 wieder einen kleinen Schritt näher zur Welt eines Elvis Presleys. Das Café 2iʼs in der Old Compton Street 59 war nach seinen beiden Gründern, den Brüdern Freddie und Sammy Irani, benannt. Nach der Einführung der Espresso-Maschine von Gaggia bemühten sich Gaststätten wie das 2iʼs, etwas kosmopolitische Farbe und Abwechslung in die Hauptstadt zu bringen. „Soho verwandelt sich ins Espresso-Land“, erklärte etwa Sunday People, eine der ältesten britischen Sonntagszeitungen, „mithilfe farbiger Neonbeleuchtungen.“

      Im Frühling 1956 wurde das 2iʼs von zwei aufstrebenden Unternehmern übernommen, Ray Hunter und Paul Lincoln. Beide waren erst unlängst aus ihrem Heimatland Australien eingetroffen, wo sie als Freistilringer gearbeitet hatten. Lincoln spielte eine entscheidende Rolle bei Grants nächstem Kar­riereschritt.

      Es war Lincolns Idee, Sänger und Bands im winzigen Keller des Lokals auftreten zu lassen, dessen Bühne aus Milchkästen und ein paar Holzbrettern bestand. Kurze Zeit später trat dort schon Tommy Hicks auf, ein 21-jähriger Seemann aus Bermondsey im Süden Londons. Hicks unterzeichnete einen Plattenvertrag und änderte seinen Namen zu Tommy Steele. Seine erste Single „Rock With the Caveman“ versuchte mit aller Gewalt, amerikanischen Rock’nʼRoll zu imitieren, wobei er nicht an die Vorlage herankam, was aber nicht weiter wichtig war. Der Song wurde im Sommer 1956 zum Hit und weitere sollten folgen.

      Die Teenager fühlten sich inspiriert. Viele träumten zwar davon, der nächste Elvis zu werden, tendierten aber dazu, sich einem realistischeren Ziel zu widmen. Im Großbritannien der Fünfzigerjahre existierte das Skiffle-Phänomen eine kurze Zeit lang parallel zum Rock’n’Roll-Boom. Skiffle hatte seine Wurzeln in den amerikanischen Musikrichtungen Blues und Country und wurde auf billigen akustischen Instrumenten gespielt. Ein altes Waschbrett und eine einzelne Saite, die zwischen einen Umzugskarton und das Ende eines Besenstiels gespannt wurde, lieferten oftmals den Rhythmus. Skiffle war roh und primitiv und jeder konnte ihn spielen.

      1955 führte Skiffle die britischen Charts an, wofür dessen neuer König, der Jazzmusiker und nun auch Sänger Lonnie Donegan, verantwortlich war. Sein Debüt-Hit „Rock Island Line“ inspirierte auch spätere Mitglieder der Beatles, von The Who und Led Zeppelin. 1957 trat der Teenager Jimmy Page zum ersten Mal im britischen Fernsehen der BBC auf, wo er mit seiner JG Skiffle Group auf der Akustikgitarre schrammelte und sang.

      Nun strömten Nacht für Nacht Jugendliche ins 2iʼs, um entweder der großen Wurlitzer-Jukebox im Erdgeschoss oder den Skiffle-Gruppen und Rock’n’Rollern im Keller zu lauschen.

      Mit dieser neuesten Ausprägung des Showgeschäfts ließ sich sogar Geld verdienen. So verlangte Paul Lincoln einen Schilling Eintritt. Obwohl offiziell nur für sechzig Besucher vorgesehen, zwängten sich an einem Samstagabend über 150 ins 2iʼs. Talentsucher der Plattenfirmen frequentierten das Lokal auf der Suche nach dem nächsten Lonnie Donegan – oder gar einem englischen Elvis.

      Lincoln managte schon bald zwei heimische Sänger. Weder Terry Dene noch Wee Willie Harris konnten Elvis in puncto Star-Qualitäten das Wasser reichen, doch eine Zeit lang fabrizierten beide Hits.

      Dene war vielleicht das erste Opfer, dass der Rock’n’Roll forderte. Er erlitt während seines Wehrdiensts einen Nervenzusammenbruch und ließ das Musikbusiness für immer hinter sich. Harris, der gerade einmal einen Meter siebenundfünfzig groß war, machte seine mangelnde Körpergröße mit frenetischen Auftritten und grell gefärbten Haaren wett.

      Es gab keine Gebrauchsanleitung dafür, wie man sich in dieser neuen Musik­szene eine Karriere basteln konnte. Jedem war klar, dass morgen schon alles vorbei sein konnte und man wieder in der Fabrik würde arbeiten müssen. „Eigentlich managte niemand hier irgendwen“, sagt der damalige Stammgast im 2i’s, Derek Berman, der Grant 1960 kennenlernte. „Paul Lincoln war ein Geschäftsmann, der sich dachte: ‚Da ist ein Typ, der singen kann. Ich werde ihn managen.‘ Dann beschlossen seine Freunde, es ihm nachzumachen.“

      Wo auch immer Teenager zusammentrafen, entstand ein Bedarf an Sicherheitskräften. Das 2iʼs und andere Cafés rekrutierten daraufhin Türsteher, um ihre Gäste im Zaum und Sohos weniger begehrenswerte Elemente draußen zu halten. Auch Paul Lincoln heuerte deshalb ein paar imposante Typen an.

      Da war zum Beispiel der 140-Kilo-Mann „Big“ Roy Heath, der einschritt, als ein mit Äxten und einer Schrotflinte bewaffneter East-End-Mob nach einem im 2iʼs auftretenden Skiffle-Musiker fahndete. Es folgten Männer mit Spitznamen wie „2iʼs Norman“, „Lofty“ und „Henry Henroid“, bei dem es sich um einen Wrestler handelte, der später für die Beatles und Peter Grants frühem Arbeitgeber Don Arden arbeitete.

      „Im 2iʼs stolzierten einige ziemlich taffe Kerls herum“, erzählte der Sänger und Songwriter Tony Sheridan. „All diese Figuren in italienischen Anzügen und spitzen Schuhen.“

      1958 ernannte Lincoln einen Kollegen aus der Welt des Wrestlings, Tom Littlewood, zum Manager des 2iʼs, während er mit seinen Acts auf Tour ging. Lincolns erste Beschäftigung in England war als Leibwächter, während sich Littlewood als professioneller Judo-Trainer verdingte. Ihr gemeinsamer Background war kein Nachteil im wilden Londoner West End.

      Wo Bargeld floss, da gab es auch immer wen, der etwas abhaben wollte. Schutzgelderpressungen und Einschüchterung standen auf der Tagesordnung. Als Lincoln ein weiteres Café eröffnete, das New iʼs, versuchte eine Band, Geld von ihm zu erpressen. Einer seiner Türsteher trug nach einem Beilhieb eine bleibende Narbe davon. Die Popularität des Rock’n’Roll und der Aufstieg des Teddy-Boy-Phänomens gingen Hand in Hand. Die „Teddyboys“ erhielten ihren Namen aufgrund ihrer Vorliebe für fast knielange Anzugjacken, die an die Edwardianische Ära angelehnt waren – und „Ted“ war nun einmal eine Kurzform von Edward. Ihren Look komplettierten sie durch enge Hosen und Schuhe mit hohen Crêpe-Sohlen, sogenannte Creepers, sowie lange Haare, die zu einer übertriebenen Tolle à la Elvis modelliert wurden.

      Als der erste Rock’n’Roll-Film, Die Saat der Gewalt, 1956 anlief, waren einige Teddyboys dermaßen von Bill Haleys Soundtrack verzückt, dass sie gar nicht anders konnten, als die Kinositze aufzuschlitzen, woraufhin sie wegen Vandalismus festgenommen wurden. Nachdem sie Großbritannien vor Nazi-Deutschland gerettet hatten, sorgten sich Eltern und Großeltern nun, dass Elvis und seine Verbündeten vollenden würden, was Hitler begonnen hatte.

      Peter Grant trat seinen Dienst als Türsteher im 2iʼs 1957 an. Verköstigung und ein Gehalt waren von oberster Bedeutung für ihn. „Es sprang eine Mahlzeit und ein Pfund pro Abend raus“, sagte er. Für viele, die ihn damals kannten, war Grant einfach der nächste in einer langen Reihe von 2iʼs-Türstehern. „Als Grant dort arbeitete, war seine Job-Beschreibung etwas realistischer ausgelegt: