Diese Getränke müssen so an die eine Million Kalorien gehabt haben.“
„Peter brachte mich zum Lachen“, fügt er hinzu. „Und das blieb auch weiterhin so. Das ist auch einer der Gründe, warum wir Freunde wurden.“
Nach den Unsicherheiten der letzten Monate sollte sich 1966 als ein besseres Jahr erweisen. Im Februar brachte Gloria ihren Sohn Warren zur Welt. Die Familie zog außerdem zurück nach Südlondon, in ein Haus in Beulah Hill in Croydon. Wenig später sollte Peter seinen ersten Hit-Act entdecken, doch sein Weg wurde auch weiterhin von Rückschlägen und dramatischen Episoden gesäumt.
Als der Folksänger Donovan seine Manager entließ, war Grant sofort bereit, deren Agenden zu übernehmen, und trat an Allen Klein heran. Er spielte ihm Donovans Song „Catch the Wind“ vor, da er davon überzeugt war, dass es sich dabei um einen Hit handelte. „Klein sagte nur: ‚Wenn du Mickie dazu bringen kannst, mit Donovan zu arbeiten, dann gebe ich dir ein Stück vom Kuchen ab.‘“
Es war Pech für Grant, dass Donovan schon einem anderen Manager zugesagt hatte. Dennoch half er dabei, den Deal unter Dach und Fach zu bringen. Mickie Mosts erste Produktion mit Donovan, „Sunshine Superman“ – aufgenommen mithilfe der Studiomusiker Jimmy Page und John Paul Jones –, sollte sowohl in Amerika als auch in Großbritannien in die Top 5 der Charts stürmen. Doch obwohl die Single schon vor Monaten erschienen war, wartete Grant immer noch auf sein Geld.
So wie zuvor schon bei Arden, wurde Grant nun im Büro von Allen Klein vorstellig. Einer vermutlich unwahren Anekdote zufolge quetschte Grant Kleins Hand in einer Schublade ein, bis er zustimmte, das Geld herauszurücken. Ferner heißt es, dass Kleins bewaffneter Leibwächter nicht eingriff und Peter sogar bezüglich seiner Überzeugungskraft beglückwünschte. Grant selbst behauptete: „Ich half Allen, sich aus seinem Sessel zu erheben, indem ich ihn am Revers packte.“ Wie auch immer, Klein schickte seinen Rechtsanwalt zur Bank, um Grant die versprochenen 12.000 Dollar auszahlen zu können.
Nachdem ihm Donovan durch die Lappen gegangen war, fand Grant mithilfe von dessen Ex-Manager unverhofft Ersatz. Geoff Stephens hatte Dave Berrys großen Hit „The Crying Game“ komponiert und gerade „Winchester Cathedral“ geschrieben, eine sanfte Parodie auf die Tanzbands der Vorkriegsära. Er hatte den Song mit Studiomusikern aufgenommen und als Interpreten die fiktive New Vaudeville Band ersonnen. Als der Song im Sommer 1966 veröffentlicht wurde, konnte sich niemand vorstellen, dass er ein Hit werden würde, doch „Winchester Cathedral“ arbeitete sich sowohl in Großbritannien als auch in den USA langsam die Charts empor. Die inexistente Band wurde daraufhin zu Top of the Pops und einem Vorspielen für die Royal Command Performance eingeladen. Stephens stellte hastig eine Band zusammen und bat Peter Grant, sich um sie zu kümmern.
Unter den engagierten Musikern befand sich auch der ehemalige Trompeter der Bonzo Dog Doo Dah Band, Bob Kerr. „Geoff tauchte in diesem Südlondoner Theater auf und hatte diesen Riesenkerl im Schlepptau. Er sagte: ‚Das ist Peter Grant. Er ist euer Manager‘“, erinnert sich Kerr. „Wir sahen ihn alle an und nickten ihn ab. Peter war auch nicht der Typ, mit dem man sich unbedingt streiten wollte.“
Richard Cole wurde in der Folgezeit zu Peter Grants rechter Hand und außerdem einer seiner engsten Freunde. 1967 hörte der damals 21-Jährige, dass Grant nach einem Tourmanager suchte und begab sich zum Vorstellungsgespräch. Nachdem er im Nordwesten Londons aufgewachsen war, hatte Richard zunächst Milchkästen zusammengeschweißt und sich als Gerüstbauer verdingt, bis er als Fahrer und Roadmanager für The Who und 4+2 Arbeit fand.
„Colesy kam direkt vom Gerüstbau“, erinnerte sich Grant. „Grob, ungehobelt und sympathisch. Der hatte ganz schön Schneid. Er wusste, was er tat.“
„Peter meinte, der Wochenlohn wäre 25 Pfund“, sagt Cole heute. „Ich sagte, dass ich aber 30 Pfund wollte. Entweder oder. Er ging darauf ein. Später sagte er, dass er der Meinung war, ich wäre gut darin, Geld bei Veranstaltern einzutreiben, wenn ich mich getraute, so mit ihm zu sprechen.“
Bevor er wieder loszog, gab Grant Cole noch eine Warnung mit auf den Weg. „Wenn du jemals irgendetwas weitererzählst, was du in diesem Büro hörst, schneide ich dir deine verdammten Lauscher ab.“
Trotz dieser Drohung realisierte Cole bald, dass weder Peter noch Mickie sich selbst ganz ernst nahmen. „Die halbe Zeit hatte ich keine Ahnung, worum es bei ihrem Geschäft ging“, sagt er. „Sie hatten jeder auf ihrer Seite des Raumes einen Schreibtisch. Wenn Mickie telefonierte, versuchte Peter ihn mit Grimassen abzulenken. Und umgekehrt auch, wenn Peter am Telefon sprach.“
„Damals war das ein witziges Business. Ich weiß noch, wie ich 1965 mit den Beatles im Club Scotch of St. James saß und sie es kaum fassen konnten, fürs Musikmachen bezahlt zu werden. So ging es uns allen.“
Cole schloss sich Grant für die US-Tour der New Vaudeville Band im Frühling 1967 an. Es war eine ereignisreiche Reise. Auf einer nächtlichen Busfahrt von Philadelphia nach New York schlief ihr Fahrer am Steuer ein und Bob Kerr musste einspringen, obwohl er zuvor noch nie einen Bus gelenkt hatte. Erst am New Jersey Turnpike erwachte Grant und trottete nach vorne. „Peter drehte absolut durch“, erzählt Kerr. „Er sprach danach eine Zeit lang nicht mehr mit mir.“
Unglaublich, aber wahr: „Winchester Cathedral“ kletterte in den US-Charts bis auf den ersten Platz, was zu einem heißbegehrten Auftritt in der Ed Sullivan Show und noch mehr Live-Shows führte. „An Orten wie Las Vegas und Reno, Nevada – Varietébühnen eben“, erinnerte sich Grant. „Sie waren ja nicht unbedingt eine Hard-Rock-Band.“
Der Gruppe wurde ihr Status als Kuriosität erneut in Atlantic City, einem Strandressort in New Jersey, vor Augen gehalten. Hier standen sie, umgeben von Casinos und Riesenrädern, neben Frank Sinatra Jr. und einem Pferd, das von einem Sprungturm ins kalte Nass hüpfte, auf dem Programm.
„Ein alter Bühnenarbeiter riet uns, unsere zwanzig Minuten ja nicht zu überziehen, da alle abhauen würden, um das Pferd zu sehen“, sagt Richard Cole. „Wir dachten uns: ‚Drauf geschissen.‘ Aber genau so kam es dann. Alle gingen. Dieser Gaul wurde an einem Brustgurt emporgezogen und auf seinem Rücken saß ein Mädchen. Dann stürzte es aus neun Metern Höhe in einen Wassertank.“ Es war eine Reminiszenz an die Zeiten des Varietés – jene Welt, der Grant entflohen war.
Bei einer Show in Washington wurde die Band Zeuge der Fähigkeiten ihres Managers, sich aus Schwierigkeiten herauszureden. „Es gab eine Vorschrift der Musicians Union, dass eine britische Band nur dann in Amerika spielen durfte, wenn sie das im Austausch mit einer amerikanischen Gruppe tat“, erklärt Kerr. „Der Veranstalter wollte nun wissen, wer das in unserem Fall wäre. Wir erklärten, dass wir das nicht wüssten, doch er ließ nicht locker.“
Grant hatte offensichtlich beschlossen, sich über die Vorschrift hinwegzusetzen. Als ihn der Veranstalter noch einmal damit konfrontierte, konterte er ohne mit der Wimper zu zucken. „Peter sagte, dass wir im Austausch mit dem Count Basie Orchestra spielen würden.“ Count Basie war der Name eines beliebten amerikanischen Bandleaders. „Das war natürlich erfunden. Aber dieser kleine Typ war schrecklich beeindruckt. Da dachte ich mir: Der Kerl ist ein guter Manager, der imstande ist, praktisch zu denken.“
Da er nun nicht mehr Don Arden unterstand, war Grant ganz allein verantwortlich für Band und Tour. Von schlafenden Busfahrern über fehlende Papiere bis hin zu obskuren Tiernummern – Peter Grant kam mit allem klar. Die New Vaudeville Band bestand 18 Monate lang. Sie fabrizierte ein Album und gewann für „Winchester Cathedral“ sogar einen Oscar. Der Song wurde später immerhin noch von Frank Sinatra und Dizzy Gillespie interpretiert.
Doch bevor es dazu kommen sollte, eröffnete sich für Grant eine neue Gelegenheit. „Als wir das Projekt abschlossen“, so Bob Kerr, „plante Peter bereits das, was schließlich Led Zeppelin wurde.“
Die Popmusik hatte sich seit der Blütezeit des 2iʼs stark weiterentwickelt. 1967 wurde nun selbst die traditionelle Vinyl-Single hinterfragt. „House of the Rising Sun“ war eine der ersten 45er-Schallplatten, die die Drei-Minuten-Schallmauer durchbrachen. Ein Jahr später erschien mit Bob Dylans „Like a Rolling Stone“ ein sechsminütiges Stück vertonter Dichtkunst, das auf ein paar profunde Wahrheiten hinzuweisen