Daryl Easlea

Peter Gabriel - Die exklusive Biografie


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sich Gabriel, der nun als bekennender Motown-Jünger gerne auf Tische stieg, um seine Mitschüler mit Gesangseinlagen zu unterhalten, in der Welt des Modedesigns. Er batikte Shirts und verkaufte sie an die Jungs an der Schule und belieferte Emmerton and Lambert am Chelsea Antiques Market mit Hüten, die er von Dunn & Co. in Piccadilly herrichten hatte lassen. Die Story kam im September 2011 im Daily Mirror ans Licht: „Ich fand die Hüte in einer Kiste mit Verkleidungen, die meinem Großvater gehörten“, gab er zu Protokoll. „Ich überredete einen Herrenausstatter in Piccadilly dazu, sie mit Grün und Pink, Hippie-Farben, aufzupeppen. Und schon fanden sie ihren Weg in die Kreise, in denen die Stones abhingen. Einmal kam ich von der Schule nachhause und sah Marianne Faithfull mit einem meiner Hüte bei Juke Box Jury. Ich war richtig aufgeregt. Dann rief mich der Laden, der sie verkaufte, an, und sagte, dass auch Keith Richards sich einen gekauft hätte. Das brachte mir bei meinen Schulkameraden einige Bonuspunkte ein.“ 2007 erklärte Gabriel dann: „Ich setzte meine Karriere als Hutmacher nicht fort, obwohl ich seither viele doofe Sachen auf meinem Kopf getragen habe. Allerdings besaß ich eine unternehmerische Ader, eine Zielstrebigkeit, die Genesis mitunter durchaus geholfen haben dürfte.“

      Als er 1989 in der TV-Show Star Test nach seinen nachhaltigsten Schul­erinnerungen gefragt wurde, antwortete Gabriel: „Ich ging während der Flower-Power-Ära zur Schule, deshalb versuchte ich, innerhalb der Möglichkeiten einer englischen Privatschule ein Hippie zu sein. Ich hatte Glöckchen um meine Füße gebunden und warf an seltsamen Orten mit Blumen um mich. Es herrschte eine Atmosphäre der Unterdrückung und Musik war ein fantastisches Ventil für mich. Damals begann ich, meine Gefühle in die Musik fließen zu lassen.“ Eines war jedenfalls klar, wie Macphail anmerkt: „Damals war Rockmusik keine typische Beschäftigung für Jungs von der Privatschule.“

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      Ihre Zeit in der kleinen Musikszene an der Charterhouse-Privatschule war eine Phase, die für Gabriel und seine Mitstreiter von phänomenalem Wachstum und Entwicklung geprägt war. Gabriel hatte mittlerweile die beste Zeit seines bisherigen Lebens: Seine Schüchternheit ließ nach und sein Babyspeck ging zurück, um einem neuen, erschlankten Erscheinungsbild Platz zu machen, das er die nächsten zwei Jahrzehnte beibehalten sollte. Es wurde ihm außerdem klar, dass seine Zukunft in London liegen würde. „Ich war 1967 17 Jahre alt und das war ein tolles Jahr, um erwachsen zu werden“, sagte er. „Ich schlich mich vom Schulgelände und fuhr in den Electric Garden, der sich in Covent Garden befand. Es war ein Keller-Club und an der Wand hatten sie dort diese psychedelischen Projektionen und die Third Ear Band trat dort auf. Da gab es nicht die Indica Gallery, es war so viel los. Ich las die Magazine IT und OZ. Es fand eine kulturelle Explosion statt und ein Gefühl einer Jugendkultur hing in der Luft, das zum ersten Mal die ganze Welt erfasste. Es war hypnotisierend. Berauschend. Alle Blockaden wurden niedergerissen. Und in unserer kleinen isolierten Zelle nahmen wir Kontakt zu allem auf, ich wahrscheinlich mehr als alle anderen. Es ging darum, etwas auf eine neue Art und Weise auszuprobieren.“ Gabriel wurde voll und ganz zu einem jungen Lebemann.

      Die Genesis-Story, wie wir sie kennen, begann, als Jonathan King 1967 an die Charterhouse zurückkehrte, um dort den Tag der ehemaligen Kartäuser zu feiern. Seitdem er die Schule hinter sich gelassen hatte, hatte sich King einen Namen in der Musikbranche gemacht. Er war sechs Jahre älter als Gabriel und hatte zuerst am Trinity-College in Cambridge studiert und sich schließlich während einer Phase, in der er mit einer Krankheit zu kämpfen hatte, bei mehreren Plattenfirmen in London um eine Stelle beworben. Von dessen Aufrichtigkeit beeindruckt, vermittelte ihm Tony Hall von Decca einen Kontakt zu Publisher Joe Roncoroni und dem Manager der Zombies, Ken Jones. Als einer der großen Exzentriker der Popmusik war er ein talentierter Komponist, Performer und Produzent, dessen Glaube an sich selbst seinesgleichen suchte. Er war ein Mann, der sich nicht lange bitten ließ, wenn es darum ging, die Hörerschaft an seine Brillanz zu erinnern. 1967 war er mit seinem UK-Hit „Everyone’s Gone To The Moon“, der Platz 4 belegte, bereits ein Popstar.

      Mit einer Mischung aus jugendlicher Überschwänglichkeit und Arroganz machten sich Gabriel und Banks daran, die Londoner Musikszene an ihrem Demo-Tape teilhaben zu lassen. Das Tape war von einer nicht existierenden Band, die noch gar nie live aufgetreten war, eingespielt worden, aber die fünf Musiker – Banks, Gabriel, Rutherford, Phillips und Stewart – wussten, dass ihnen etwas Gutes geglückt war. Sie wussten zwar, dass der Sohn des DJs David Jacobs auf dieselbe Schule ging, hielten es aber für sinnvoller, sich an King zu wenden, der der Band alters- und einstellungsmäßig näher war als Jacobs, der die vierzig bereits weit überschritten hatte. Gabriel beauftragte einen Freund der Band, John Alexander, King die Aufnahmen zu überreichen, als er an diesem Tag vor der Schule aus seinem Auto stieg. King rollte mit den Augen, als ihm Alexander erklärte, dass die Band zu diesem Zeitpunkt noch nicht einmal einen Namen hatte, hörte sich die Kassette aber auf seinem Rückweg nach London an. Es war ein perfektes Beispiel für Schuljungen-Chuzpe, die auf die alte Musik-Industrie trifft – eine kraftgeladene Allianz.

      Als er 2006 darüber sprach, sagte King: „Ich war absolut hingerissen von Peters Stimme. Sie hatte etwas Verrauchtes, was mir immer schon gefallen hat. Und seine Stimme war 1967 noch besser, da sie voller Jugendlichkeit und Enthusiasmus war.“ Gabriel sagte dazu: „Wir nutzten unsere Beziehung zu einem alten Schüler. Und ich denke, King war ganz froh, seine Beziehungen zu den jungen Schülern zu nutzen.“ Anfangs schien das Tape, das sie King zugesteckt hatten, keine nennenswerten Resultate nach sich zu ziehen. Jedoch behielt King das Rauchige in Gabriels Stimme im Kopf. Nach ein paar Monaten setzte sich King mit Gabriel in Kontakt. Er wählte die Nummer, die auf die Kassette gekritzelt war, und lud die Band nach London ein. King gefiel vor allem der Song „She Is Beautiful“, was Banks sehr freute, da er derjenige Song war, den er und Gabriel zu den Aufnahmesessions nach Chiswick mitgebracht hatten. Die Band sollte in diesen Tagen „She Is Beautiful“ noch ein paar Mal überarbeiten, bis er schließlich als „The Serpent“ auf ihrem späteren Debütalbum im Jahr 1969 veröffentlicht wurde. Gabriel wurde de facto zum Verbindungsmann zwischen der Gruppe und dem Mogul, der sich regelmäßig Anweisungen über die nächstgelegene Telefonzelle holte. King steckte der Band schließlich Geld für ein weiteres Demo zu. „Die ganzen Songs auf dem ersten Demo waren auf unverstärkten Instrumenten aufgenommen worden, was uns, wie er fand, einen originellen Sound verschaffte“, sollte Gabriel später sagen. „Er war ein interessanter Typ und hatte eine Menge ausgeflippter Ideen für uns.“ King nahm die Band – Banks, Gabriel, Phillips (damals 15 Jahre alt), Rutherford und Stewart – für Jonjo Music unter Vertrag und vermittelte sie mithilfe seiner Connections an Decca Records. Der ursprüngliche Deal wäre über fünf Jahre gelaufen, wurde aber schließlich in einen Einjahresvertrag mit einer Option auf Verlängerung umgewandelt. Obwohl der Deal für die Gruppe finanziell eigentlich ein Witz war, entsprach er dennoch den damaligen Gepflogenheiten. Immerhin öffnete sich für die Band die Tür einen Spalt und die Jungs genossen es, sich im Glanz von Kings Berühmtheit zu sonnen. „Eine Platte aufzunehmen“, sagte Gabriel später einmal, „schien uns eine spektakuläre, aufregende Sache zu sein.“

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      Decca Records war eine hundertprozentig etablierte Firma, die auf eine illustre Vergangenheit zurückblicken konnte. Nachdem das Label 1929 von dem Börsenmakler Sir Edward Lewis gegründet worden war, war es rasch auch auf dem amerikanischen Markt tätig. Es exportierte unter dem Namen London Records britische Künstler wie Vera Lynn und Mantovani. In den Sixties expandierte man in Richtung zeigenössischer Popmusik. Nachdem man 1962 die Beatles abgelehnt hatte, wollte man diesen Fehler wettmachen, indem man so viele angesagte Acts wie nur möglich unter Vertrag nahm, etwa gleich als erstes die Rolling Stones, die dem Label von George Harrison angepriesen worden waren. Jonathan King unterzeichnete schließlich 1964 bei Decca.

      King war es, der dem Kollektiv von Musikern dann noch seinen Bandnamen verpasste. Seine erste Wahl wäre „Gabriel’s Angels“ gewesen, was vor allem Gabriel gefallen hätte, aber vom Rest der Gruppe abgeschmettert wurde. Gabriel erinnert sich: „Als er ‚Genesis‘ vorschlug, dachten wir uns, dass wir uns wohl besser darauf einlassen sollten, immerhin ist er es, der für das Studio zahlt.“ Rutherford fügte hinzu: „Wir konnten uns auf nichts einigen und hatten auch keine tolle Alternative für ihn auf Lager, weshalb ‚Genesis‘ unser Name wurde. Es war nie ein Name, den ich für besonders gut hielt, aber nach einer Weile gewöhnte man sich daran. Wenn man es genau betrachtet,