Paul Trynka

Sympathy For The Devil


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nicht weiterführten.“

      Anfang 1958 wirkten sich Brians sexuelle Entdeckungsreisen nachhaltig aus. Die Nachricht machte die Runde, dass die 16-jährige Hope von der Pate’s verschwunden war und Brians erstes Kind zur Welt gebracht hatte. Die Angelegenheit wurde unter den Teppich gekehrt, und nur Hopes ummittelbare Freundinnen in der Klasse wussten etwas davon. Man gab das Baby daraufhin zur Adoption frei. (Das gehörte zu den normalen Verfahrensweisen an einer Mädchenschule: Hopes Klassenkameradinnen erinnern sich an mindestens zwei geheime Geburten in dem Jahr.) Spekulationen zufolge führte Hope später ein erfülltes Leben und wanderte aus. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass das Kind jemals von der Identität seines Vaters erfuhr, da man damals Themen wie Schwangerschaft und Geburt schnell in die Grauzone von Gerüchten und Spekulationen verbannte.

      Von dem Moment an straften die von dem Vorfall wissenden Mädchen Brian mit Verachtung, wie zum Beispiel Carole Woodcroft, die später die Kunsthochschule besuchte. 1959 fuhr sie zufällig einige Male mit Brian im Zug zu den Clubs des West Ends. „Er erweckte den Eindruck eines Gauners, aber nicht auf eine glamouröse Art, nicht wie einer dieser flirtenden und lächelnden Typen.“ John Keen, im Berufsleben Psychologe, mochte und respektierte Brian, stimmte jedoch dem Kritikpunkt der Gefühlskälte zu. „Es ist schwierig, das psychologisch zu bestimmen, doch Brian hatte einen Charakterzug, den man mit mangelndem Gewissen gleichsetzen kann. Er litt weder, noch reagierte er – so als wäre nichts geschehen.“

      In der Rebellion gegen die Werte der Eltern und die gesellschaftlichen Konventionen erteilte er sich die Lizenz zum Egoismus. Barry Miles, Student am Kunst-College, der Brian in den folgenden Jahren häufig traf und auch „Probleme“ mit Cheltenham hatte, erinnert sich an Brian als „einen im Umgang schwierigen Menschen. Doch das lag daran, dass er nicht dorthin gehörte – er gehörte nach London.“

      Da man die Affäre mit Hope sorgsam verheimlichte – die Jungs an der Grammar School erfuhren nichts davon – war Brian dort immer noch bei einigen beliebt, wenn auch einige Eltern in der Stadt sich so ihre Gedanken machten. Seine Fähigkeiten und der zunehmend gute Ruf als Musiker verliehen ihm ein glamouröses Element – sagt Penny Farmer, die mit ihm 1959 das Filbys besuchte. „Er hatte etwas Verruchtes an sich und das machte ihn so interessant.“ Das Date der beiden entwickelte sich zu einem lustigen und lebensfrohen Abend. Nach dem Besuch des Filbys gingen sie den langen, sich schlängelnden Weg zum All Saints entlang, einem anderen Jazz-Club an der Hauptstraße. Er war sexy – „ein provokantes Gesicht, ein schillerndes Gesicht, er hatte einfach Charisma“ –, doch meist wurde über Musik gesprochen. Ein Bekannter von Brian spielte in der Band, die sie an dem Abend sehen sollten, und Brian witzelte mit ihm und imitierte ihn auf eine gutwillige und lustige Art. Er sorgte für den Gesprächsfluss und redete enthusiastisch von Freunden in der Szene, sie dabei nachäffend.

      Wie sich herausstellte, war die Band eher zu vernachlässigen, doch viele Gäste im Filbys und All Saints sahen die beiden, woraufhin die Information schnell zu Pennys Mum gelangte. So lief es in Cheltenham nun mal. „Mum ging an die Decke. Sie musste wohl etwas von dem Geschwätz meines Bruders David über Brian gehört haben und schärfte mir ein: ‚Halt dich von dem fern!‘ Doch er gehörte eh zu den Kids, mit denen man nicht lange zusammen sein wollte, denn sonst hätte man sich die Finger verbrannt.“

      In der beengten Szene Cheltenhams kannten viele junge Mädchen Brian. Er besuchte regelmäßig die Tanzveranstaltungen der Oberstufe im Gaumont Cinema, wo er zuvor Bill Haley gesehen hatte. (Miss Lambrick, die Schulleiterin der Pate’s, hatte die gemeinsamen Tanzveranstaltungen kurzfristig verboten, um die beschämend hohe Schwangerschaftsrate einzudämmen, doch lenkte wenige Monate später ein.) Robin Pike erinnert sich an Brian, der mal mit diesem, mal mit jenem Mädchen draußen verschwand, wobei sich auch einige französische Austauschschülerinnen um 1959 seinen Annäherungsversuchen nicht erwehren konnten. Die meisten seiner Klassenkameraden entsinnen sich aber an eher romantische Abende, an denen er mit einem Mädchen tanzte, das er dort getroffenen hatte, oder an den gemeinsam mit der Pate’s ausgerichteten gymnasialen Oberstufenclub am Freitagnachmittag.

      Valerie Corbett lebte ganz in der Nähe, in Hatherley, und besuchte die Pate’s Grammar. Sie und Brian wurden zu einem Begriff in der Szene, unterhielten sich im Filbys oder in der Einfahrt zur Mädchenschule, wo der junge Musiker auf sein Fahrrad abgestützt wartete. „Ich erinnere mich an die beiden speziell vom Tanzunterricht“, erzählt Brians Mitschüler Roger Limb. „Wir übten Walzer, Quickstepp und Cha-Cha-Cha. Val und Brian erschienen häufig dort, wobei Val ihn die ganze Zeit anhimmelte. Sie hatte für niemand anderen einen Blick übrig.“

      Anna Livia ging in Vals Klasse. Wie die meisten Schülerinnen fand sie Val „unglaublich süß und liebenswürdig. Wenn sie sich freute, sah man ein sehr süßes Lächeln in ihrem Gesicht“. Valerie, vier Monate jünger als Brian, war ein ruhiges Mädchen mit einem hübschen Gesicht und hohen Wangenknochen, mittellangem Haar und schön geformten Brüsten. Sie und Brian, der einen eng geschnittenen Anzug trug und eine Kurzhaarfrisur im Stil von Gerry Mulligan, gaben ein attraktives Paar ab. Im Frühjahr 1959, Brians letztem Jahr an der Schule, sah man sie überall – im Filbys und ähnlich trendigen Kultläden, wie der Waikiki Weinbar oder dem Restaurant Patio. Colin Partridge gehörte zu den vielen Beobachtern, die den Eindruck hatten, dass das Paar „überglücklich aussah. Obwohl ich mir sicher bin, dass es auch bei ihnen gelegentliche Streitereien gab, schienen sie lebensfroh zu sein.“

      In der Grammar School sah das Leben allerdings nicht so rosig aus. In Brians letztem Jahr häuften sich viele unangenehme Zwischenfälle. Benzol wurde im Chemielabor entzündet und Mörtelmischtische flogen über den Schulhof, worauf man ihn energisch zur Rede stellte oder zumindest befragte. Seine Fehltage häuften sich und im Frühjahr veranlasste die „unzuverlässige Entwicklung und Lernhaltung“ den Klassenlehrer, Brians Vater einen Brief zu schreiben. Andere Lehrer versuchten Brian direkt anzusprechen. Der Biologielehrer Ron Bennett hegte große Hoffnungen für den jungen Schüler und nahm ihn sich zu einem Mann-zu-Mann-Gespräch zur Seite. „Bislang hast du ein angenehmes Leben geführt, Brian“, hielt er ihm vor. „Du kennst die Welt noch nicht und weißt nicht, wie schwierig es ist, für seinen Lebensunterhalt aufzukommen!“

      „Ich schätze es sehr, dass Sie mir das sagen“, entgegnete der 17-Jährige mit gespielter Ernsthaftigkeit. „Ich werde mich wirklich bemühen.“

      Stattdessen verschlechterte sich sein Verhalten bis hin zu einer offenen Konfrontation.

      Will man über die Gründe für die Rebellion eines Brians Jones spekulieren, nimmt die Vorliebe der Grammar School für konformistische Typen der „Gattung“ Rugby-Spieler gewiss einen vorderen Platz ein. David Protherough, Präfekt und Captain der Rugby XV, war das wohl eindrücklichste Beispiel für diese Bevorzugung, ein von den Lehrern geschätzter klassischer Sportfanatiker mit Empfehlung für Cambridge, trotz der Tatsache, dass er im Gegensatz zu Brian nicht mal zu den Besten gehörte. Unter den Rugby-Fans überaus beliebt und von anderen eher „als eine Art Rüpel“ angesehen, wurde Protherough von Brian zutiefst verabscheut. Diese „Ein-Mann-Verkörperung“ des Establishments zog auch die Verachtung anderer auf sich, darunter einige von Brians Klassenkameraden. Zudem war seine Freundin Glitch immun gegen Brians Annäherungsversuche.

      Die Fehde – von den Lehrern später als „die Protherough-Affäre“ tituliert, erreichte ihren Höhepunkt während des letzten Schuljahres. „Es war eine inszenierte Auseinandersetzung in der Mittagspause.“ Brian und ein Freund hatten einen Showdown mit dem Rugby-Captain eingefädelt, der „in einer Konfrontation mündete, einer höllischen Prügelei, bei der Brian der Anführer war.“ Die Lehrer lösten den Kampf auf, und Brian wurde erneut zur Rede gestellt. Doch es gab nur unzureichende Beweise, um ihn zu bestrafen, ohne dabei Protheroughs positive Aussichten zu gefährden. Trotz des Geredes über einen möglichen Schulverweis überstand Brian den ersten Akt offener Rebellion unbeschadet. Protherough besuchte später pflichtbewusst und problemlos Cambridge. Brian hingegen hatte den Graben zwischen sich und Bürohengsten und Autoritätsfiguren ein wenig tiefer ausgehoben.

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      In Alexis Korners Club in Ealing war die zweite Woche nach der Eröffnung