Gerhart Hauptmann

Vor Sonnenaufgang


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Weib pflegten Seine Exellenz der Herr Minister von Schadendorf oftmals zu sagen.

      KAHL.

      I . . i . . iberm . . m . . murne hab’n mer T . . t . . tau . . t . . taubenschießen.

      LOTH.

      Was ist denn das: Taubenschießen?

      HELENE.

      Ach, ich kann so was nicht leiden; es ist doch nichts als eine recht unbarmherzige Spielerei. [36]Ungezogene Jungens, die mit Steinen nach Fensterscheiben zielen, thun etwas Besseres.

      HOFFMANN.

      Du gehst zu weit, Helene.

      HELENE.

      Ich weiß nicht –, meinem Gefühl nach hat es weit mehr Sinn, Fenster einzuschmeißen, als Tauben an einem Pfahl festzubinden und dann mit Kugeln nach ihnen zu schießen.

      HOFFMANN.

      Na, Helene, – man muß doch aber bedenken . . . .

      LOTH

      (irgend etwas mit Messer und Gabel zerschneidend). Es ist ein schandbarer Unfug.

      KAHL.

      Um die p . poar Tauba . . . . !

      FRAU SPILLER

      (zu Loth). Der Herr Kahl – m –, müssen Sie wissen, haben zweihundert Stück im Schlage.

      LOTH.

      Die ganze Jagd ist ein Unfug.

      HOFFMANN.

      Aber ein unausrottbarer. Da werden zum Beispiel eben jetzt wieder fünfhundert lebende Füchse gesucht, alle Förster hier herum und auch sonst in Deutschland verlegen sich auf’s Fuchsgraben.

      LOTH.

      Was macht man denn mit den vielen Füchsen?

      HOFFMANN.

      Sie kommen nach England, wo sie die Ehre haben, von Lords und Ladys gleich vom Käfig weg zu Tode gehetzt zu werden.

      LOTH.

      Muhamedaner oder Christ, Bestie bleibt Bestie.

      HOFFMANN.

      Darf ich Dir Hummer reichen, Mama?

      FRAU KRAUSE.

      Meinswejen, ei dieser Seisong sind se sehr gutt!

      FRAU SPILLER.

      Gnädige Frau haben eine so feine Zunge – m –!

      FRAU KRAUSE

      (zu Loth). Hummer ha’n Sie woll auch noch nich gegassen, Herr Ducter?

      [37]LOTH.

      Ja, Hummer habe ich schon hin und wieder gegessen –, an der See oben, in Warnemünde, wo ich geboren bin.

      FRAU KRAUSE

      (zu Kahl). Gell, Wilhelm, ma weeß wirklich’n Gott manchmal nich mee, was ma assen sull?

      KAHL.

      J . . j . . ja, w . . w . . weeß . . . weeß G . . Gott, Muhme.

      EDUARD

      (will Loth Champagner eingießen). Champagner.

      LOTH

      (hält sein Glas zu). Nein! . . . danke!

      HOFFMANN.

      – Mach’ keinen Unsinn.

      HELENE.

      Wie, Sie trinken nicht?

      LOTH.

      Nein, Fräulein.

      HOFFMANN.

      Na, hör mal an: das ist aber doch . . . das ist langweilig.

      LOTH.

      Wenn ich tränke, würde ich noch langweiliger werden.

      HELENE.

      Das ist interessant, Herr Doctor.

      LOTH

      (ohne Tact). Daß ich langweiliger werde, wenn ich Wein trinke?

      HELENE

      (etwas betreten). Nein, ach nein, daß . . . . daß Sie nicht trinken . . . . , daß Sie überhaupt nicht trinken, meine ich.

      LOTH.

      Warum soll das interessant sein?

      HELENE

      (sehr roth werdend). Es ist . . . . ist nicht das Gewöhnliche. (Wird noch röther und sehr verlegen.)

      LOTH

      (tollpatschig). Da haben Sie Recht, leider.

      FRAU KRAUSE

      (zu Loth). De Flasche kust uns fufza Mark, Sie kinn’ a dreiste trink’n. Direct vu Rheims iis a, mir satz’n Ihn’ gewiß nischt Schlechtes vier, mir mieja salber nischt Schlechtes.

      [38]FRAU SPILLER.

      Ach, glauben Sie mich – m –, Herr Doctor, wenn Seine Exellenz der Herr Minister von Schadendorf – m – so eine Tafel geführt hätten . . . .

      KAHL.

      Ohne men’n Wein kennt ich nich laben.

      HELENE

      (zu Loth). Sagen Sie uns doch, warum Sie nicht trinken?

      LOTH.

      Das kann gerne geschehen, ich . . . .

      HOFFMANN.

      Ä, was! alter Freund! (Er nimmt dem Diener die Flasche ab, um nun seinerseits Loth zu bedrängen.) Denk dran, wie manche hochfidele Stunde wir früher mit einander . . .

      LOTH.

      Nein, bitte bemühe Dich nicht, es . . .

      HOFFMANN.

      Trink heut mal!

      LOTH.

      Es ist Alles vergebens.

      HOFFMANN.

      Mir zu Liebe!

      (Hoffmann will eingießen, Loth wehrt ab; es entsteht ein kleines Handgemenge.)

      LOTH.

      Nein! . . . nein, wie gesagt . . . nein! . . . nein danke.

      HOFFMANN.

      Aber nimm mir’s nicht übel . . . das ist eine Marotte.

      KAHL

      (zu Fr. Spiller). Wer nich will, dar hat schunn’.

      FRAU SPILLER

      (nickt ergeben).

      HOFFMANN.

      Übrigens, des Menschen Wille . . . und so weiter. So viel sage ich nur: ohne ein Glas Wein bei Tisch . . .

      LOTH.

      Ein Glas Bier zum Frühstück . . .

      HOFFMANN.

      Nun ja, warum nicht? ein Glas Bier ist was sehr gesundes.

      LOTH.

      Ein Cognac hie und da . . .

      HOFFMANN.

      Na, wenn man das nicht ’mal haben [39]sollte . . . zum Asceten machst Du mich nun und nimmer, das heißt ja dem Leben allen Reiz nehmen.

      LOTH.

      Das kann ich nicht sagen. Ich bin mit den normalen Reizen, die mein Nervensystem treffen, durchaus zufrieden.

      HOFFMANN.

      Eine Gesellschaft, die trockenen Gaumens beisammen hockt, ist und bleibt eine verzweifelt öde und langweilige, – für die ich mich im Allgemeinen bedanke.

      FRAU KRAUSE.

      Bei a Adlijen wird doch auch a so viel getrunk’n.