ich habe damit nichts zu tun!"
„Wir drehen uns im Kreis. Wahrscheinlich ist es das Beste, wir sehen uns erstmal in Ihrer Wohnung um!"
„Ohne Durchsuchungsbeschluss dürfen Sie das überhaupt nicht! Ich kenne meine Rechte!", zeterte Pakonyovsky.
Ich widersprach ihm. „Da irren Sie sich. Bei Gefahr im Verzug oder wenn die Gefahr besteht, dass Beweismittel vernichtet werden, können wir durchaus auch ohne Durchsuchungsbefehl in eine Wohnung eindringen!"
Per Handy nahm Milo unterdessen Kontakt mit dem Field Office auf, um eine Personenabfrage über NYSIS zu starten.
Unter dem Namen Pakonyovsky war diese allerdings ergebnislos.
Wir erreichten schließlich das Gebäude, in dem sich Pakonyovskys Wohnung befand.
Es handelte sich um ein zehnstöckiges Gebäude, in dessen Erdgeschoss eine Latino-Diskothek, ein Friseursalon und eine Bar untergebracht waren. In der ersten Etage fanden sich Büros von Rechtsanwälten und eine Arztpraxis. Darüber waren Wohnungen. Zumeist kleine Apartments.
Als wir den Eingang erreichten, blieb Pakonyovsky plötzlich stehen. „Hören Sie, was verdient so ein G-man im Monat eigentlich?“
„Was interessiert Sie das? Wollen Sie sich etwa bei uns bewerben?“, fragte ich. „Dann ist es sicherlich kein Pluspunkt für die Aufnahme in Quantico, wenn man vorher die Justiz behindert hat!“
„Ich behindere doch nicht die Justiz!“
„Genau das tun sie!“, widersprach ich.
„Ich gebe Ihnen beiden jeweils das Doppelte Ihres Monatsgehalts, wenn Sie die Sache einfach auf sich beruhen lassen, comprende?“
Das letzte Wort war ihm einfach so über die Lippen gerutscht.
„Sie heißen niemals Pakonyovsky, sondern wahrscheinlich doch Paco“, stellte ich fest.
„Wir sollten uns seinen Führerschein noch mal ganz genau ansehen!“, schlug Milo vor.
„Hey, was ist mit meinem Angebot? Ist das nicht genug? Dann sagen Sie, wie viel Sie wollen und wir vergessen die Sache einfach, okay? Wir haben uns nie gesehen und jeder geht seiner Wege, ohne dem anderen das Leben zur Hölle zu machen.“
„Was für Schweinereien erwarten uns den in Ihren vier Wänden, dass Sie so dahinter her sind, dass wir nicht Ihre Wohnung betreten?“, fragte ich mit eisigem Unterton.
„Bueno, ein paar kleine Geschäfte. Nichts mit Drogen, nichts von den Dingen, für die sich das FBI interessiert! Und was Monty angeht, wir waren befreundet. Wir sind in derselben Straße aufgewachsen und wenn ich etwas dafür tun könnte, dass sein Mörder geschnappt wird, dann würde ich Ihnen helfen! Madre de Dios! Meinen rechten Arm würde ich dafür geben!“
Ich hörte ihm gar nicht mehr zu.
Er trug viel zu dick auf, um noch glaubwürdig zu wirken. Immerhin hatten wir jetzt sogar einen Grund, ihn notfalls festzunehmen, denn Bestechung von Bundesbeamten ist strafbar. Auch der Versuch.
In diesem Augenblick fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
Monty Ribesco hatte sich mit einem Passfälscher getroffen!
Das waren wahrscheinlich die „kleinen Geschäfte“, von denen der Mann, der sich uns gegenüber Pakonyovsky genannt hatte, gesprochen hatte und natürlich wollte er deswegen auch auf keinen Fall, dass wir seine Wohnung betraten, die wahrscheinlich eine einzige Fälscherwerkstatt war.
Monty Ribesco hatte also durchaus gewusst, in welcher prekären Lage er sich befand, als er die HOT & SPICY Filiale betrat. Er hatte deswegen untertauchen wollen, aber es war zu spät gewesen. Die Hintermänner jenes Netzes, in dem er sich verfangen hatte und dessen Mitwisser er offenbar war, waren schneller gewesen und hatten ihn niedergestreckt.
Meine Gedanken rasten nur so.
Wo waren diese Hintermänner zu suchen? Hinter einer geheimnisvollen Firmenadresse auf den Cayman-Islands, die nur zur Tarnung einer weiteren Briefkastenfirma in Liechtenstein diente und über die ein Aktienfond betrieben wurde, der nur der Verschleierung von Insider-Deals diente? Oder hinter der russischen E-Mail-Adresse, die Tasha Grath angeschrieben und darüber informiert hatte, dass Brandon Carter sich mit der Killer-Legende Jack Fabiano zu treffen gedachte?
Vielleicht konnte uns Tasha Grath mehr darüber sagen. Vorausgesetzt, wir fanden sie noch rechtzeitig.
„Paco“ Pakonyovsky vollführte plötzlich eine Seitwärtsbewegung.
Im ersten Moment hatte ich den Eindruck, dass er davonrennen wollte.
Für jemanden mit einer so wenig durchtrainierten Figur war das natürlich aussichtslos.
Aber dann sah ich, wie ein Ruck durch seinen Körper ging. Er zuckte regelrecht zusammen. Auf seiner Stirn bildete sich ein roter Punkt. Blut rann aus dem Einschussloch heraus die Nase hinunter. Ein weiterer Treffer erwischte ihn im Oberkörper. Einen letzten taumelnden Schritt machte er noch, dann fiel er zu Boden und blieb regungslos liegen.
Milo beugte sich über ihn und riss dabei die Dienstwaffe aus dem Gürtelholster.
Ich hatte ebenfalls in der nächsten Sekunde die Waffe in der Hand. Auf der anderen Straßenseite scherte in diesem Augenblick ein Van aus der Reihe am Bordstein parkender Fahrzeuge. Mit durchdrehenden Reifen beschleunigte der Wagen, dessen Scheiben dunkel getönt waren, sodass es unmöglich war, etwas von den Insassen zu sehen. Aus einem der hinteren Fenster ragte noch ein dunkles Metallrohr hervor.
Der Lauf einer Waffe.
Ich stürmte vorwärts, zielte mit meiner Dienstwaffe auf die Reifen des flüchtenden Fahrzeugs.
Ein Schuss zischte mir dicht an den Ohren vorbei und kratzte an der Brownstonewand ein paar Yards hinter mir. Ein weiterer Schuss, der ebenfalls für mich bestimmt war, ließ eine Fensterscheibe zerspringen.
Ich verstärkte den Druck auf den Abzug meiner P226, ließ die Pistole aber dann doch sinken.
Ein brauner Ford fuhr mir ins Schussfeld. Das Risiko, Unbeteiligte zu treffen war einfach zu groß. Ich merkte mir gerade noch das Kennzeichen des Van ehe dieser hinter der nächsten Ecke verschwand.
Dann wandte ich mich in Milos Richtung um und sah, dass sich ein halbes Dutzend Passanten hinter parkenden Fahrzeugen verschanzt hatten. Andere waren in Türnischen gesprungen oder hatten sich einfach flach auf den Boden gelegt.
„Er ist tot!“, stellte Milo mit Blick auf „Paco“ fest. Wir würden sicher bald feststellen, wie sein wirklicher Name lautete.
„Die Gefahr ist vorbei!“, sagte ich an die Passanten gerichtet und zog meinen Dienstausweis hervor. „Ich bin vom FBI! Sie haben nichts mehr zu befürchten!“
Nur zögernd nahmen die verschreckten Passanten zur Kenntnis, dass die Gefahr tatsächlich vorüber war. Der Schock saß bei manchen von ihnen gewiss tief.
Der Killer hatte auf der anderen Straßenseite in seinem Van gelauert und abgewartet, bis Paco auftauchte. Offenbar wusste auch dieser seltsame und reichlich zwielichtige Typ mehr, als man zunächst hätte annehmen können. Jedenfalls war es irgendwem sehr wichtig gewesen, ihn auszuschalten, bevor er sich allzu lange mit uns unterhalten konnte.
Ich griff zum Handy, telefonierte mit Mister McKee und forderte den Erkennungsdienst an. In diesem Fall würden unsere eigenen Erkennungsdienstler Agent Sam Folder und Agent Mell Horster den Job übernehmen. Sie konnten von ihren Labors im Bundesgebäude an der Federal Plaza einfach wesentlich schneller am Ort des Geschehens sein, als die Kollegen der Scientific Research Division, die erst den weiten Weg von der Bronx zum East Village hinter sich bringen mussten, zu dem Alphabet City gehörte.
Und in diesem Fall schien Zeit ein immer wichtiger werdender Faktor zu werden.
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