Hall George

Big Ideas. Das Klassische-Musik-Buch


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als heute. In Monteverdis Marienvesper ist die Sonata ein Instrumentalstück, in dem elfmal einstimmig der Ruf »Sancta Maria, ora pro nobis« ertönt. »Konzert« bezeichnete einfach ein Ensemblestück für Sänger und Instrumente.

       Monteverdis Intention

      Man weiß nicht, ob Monteverdi erwartet hatte, die Marienvesper je an einem Stück zu hören. Es gibt kaum Hinweise darauf, dass Teile des 1610 veröffentlichten Werks zu seinen Lebzeiten aufgeführt wurden, und es ist auch nicht bekannt, ob die Sätze der Vesper jemals zusammen vorgetragen wurden. Manche Musikwissenschaftler sind der Meinung, die Marienvesper sei einfach eine Sammlung religiöser Stücke zu Ehren der Jungfrau Maria, die aus praktischen Gründen zusammen veröffentlicht wurden. Sie könnten ebenso als zwei in sich geschlossene Werke gedacht gewesen sein, Vesper und Messe, oder als Kompendium sakraler Musik für Anlässe, bei denen fähige Sänger und Musiker zur Verfügung standen, etwa an einem Hof wie in Mantua, dem Petersdom in Rom oder dem Markusdom in Venedig.

      »Ich wäre lieber mäßig erfolgreich mit dem neuen Stil als sehr erfolgreich mit dem gewöhnlichen.«

       Claudio Monteverdi

      Für die Marienvesper sind mindestens zehn Stimmen erforderlich, und sowohl die Gesangs- als auch die Instrumentalstimmen erfordern enormes Können. In einigen choralen Abschnitten wie Laudate pueri oder Dixit Dominus stehen großen Chören kleinere Ensembles gegenüber, um einen »Stereoeffekt«, eine Mehrchörigkeit, zu erzeugen.

      Instrumente sind nur für bestimmte Abschnitte des Werks angegeben: für die Eröffnungsfanfare, die Monteverdis Oper Orfeo von 1607 entliehen ist, für die Sonate und für Teile des Magnificats.

       Stimmen und Instrumente

      Manche Zeitgenossen kritisierten Monteverdis Stilwechsel von der Prima prattica zu der opernhafteren Seconda prattica, die er in den geistlichen Konzerten und Madrigalen verwendete, als zu protzig für religiöse Musik.

      Der Schriftsteller Giovanni Artusi argumentierte am Beispiel von Monteverdis Madrigalen gegen den Barockstil, dessen Dissonanzen, unorthodoxe Tonartwechsel und unregelmäßige Kadenzen er als anstößig empfand. Monteverdi sah jedoch keinen grundlegenden Unterschied zwischen den Techniken und betrachtete beide als Möglichkeit, einen Text ausdrucksvoll und inhaltsgetreu zu vertonen. image

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      Die Manuskriptseite zeigt Monteverdis handgeschriebene Noten für L’incoronazione di Poppea (»Die Krönung der Poppea«) von 1642, sein letztes Werk vor seinem Tod 1643.

       Claudio Monteverdi

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      1567 in Cremona geboren, komponierte Monteverdi schon als Jugendlicher Musik und schrieb eine Sammlung dreiteiliger Motetten sowie ein Buch mit Madrigalen. Diese Leistungen ermöglichten es ihm, Cremona zu verlassen, um Streicher am Hof des Herzogs Vincenzo Gonzaga in Mantua zu werden, wo er unter dem Einfluss von Hofkapellmeister Giaches de Wert begann, Opern zu schreiben. 1607 wurde seine erste Oper L’Orfeo in Mantua aufgeführt, gefolgt von L’Arianna im Jahr 1608.

      Nach Gonzagas Tod 1612 ging Monteverdi nach Rom, wo er dem Papst seine Marienvesper präsentierte. Im folgenden Jahr wurde er Kapellmeister des Markusdoms in Venedig. Seine letzte Oper L’incoronazione di Poppea wurde 1642 aufgeführt, ein Jahr vor seinem Tod.

       Weitere Hauptwerke

      1605 Fünftes Madrigalbuch

      1607 L’Orfeo

      1640/41 Selva morale e spirituale

      1642 L’incoronazione di Poppea

       Musik in Venedig

      Wenige andere Städte in Europa haben eine so lange und ruhmreiche Musiktradition wie Venedig, das in der Barockzeit nicht nur Zentrum des Handels, sondern auch der Künste war, mit einem großen Repertoire an kirchlichen und staatlichen Veranstaltungen, bei denen Musik eine große Rolle spielte. Die venezianischen Komponisten, wie Andrea und Giovanni Gabrieli, Monteverdi und Vivaldi, sind genauso berühmt wie die Künstler der Stadt, Bellini, Tizian, Veronese, Tintoretto und Tiepolo. Hier wurde 1637 auch das erste Opernhaus der Welt eröffnet, das Teatro di San Cassiana.

      Im 19. Jahrhundert feierte Rossini einige seiner größten Erfolge in Venedig, während Wagner hier Tristan und Isolde komponierte. Verdis Rigoletto (1851) und La traviata (1853) wurden im Teatro La Fenice – ab 1792 das wichtigste Opernhaus – uraufgeführt, ebenso im 20. Jahrhundert Strawinskys Der Wüstling (1951) und Benjamin Brittens Die Besessenen (1953).

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      Das Familienkonzert (um 1752), vom venezianischen Künstler Pietro Longhi, der auf zeitgenössische, häusliche Szenen spezialisiert war.

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      LULLY VERDIENT AUS GUTEM GRUND DEN BEINAMEN PRINZ DER FRANZÖSISCHEN MUSIKER

      LE BOURGEOIS GENTILHOMME (1670), JEAN-BAPTISTE LULLY

       IM KONTEXT

      SCHWERPUNKT

       Französischer Barock

      FRÜHER

      1626 Les Vingt-quatre Violons du Roi, das königliche Orchester, wird gegründet, in dem Lully später Mitglied wird.

      1647 Luigi Rossis Oper Orpheus, die erste vom französischen Hof in Auftrag gegebene Oper, hat Premiere.

      SPÄTER

      1691 Henry Purcell komponiert seine Oper King Arthur mit einem »Zittereffekt« der Violinen, angeblich beeinflusst von Lullys Oper Isis.

      1693 Marc-Antoine Charpentiers Oper Médée folgt Lullys Stil.

      1733 Jean-Philippe Rameau setzt mit Hippolyte et Aricie neue Akzente in der französischen Oper und hebt sich damit vom Stil Lullys deutlich ab.

      Das Comédie-ballet Der Bürger als Edelmann aus dem Jahr 1670 des französischen Komponisten Jean-Baptiste Lully und des Dramatikers und Schauspielers Molière stellt die Krönung dieses spezifisch französischen Genres dar. Es war der Höhepunkt einer Reihe von Comédie-ballets der beiden Männer, die als Les deux Baptistes (Molière hieß in Wahrheit Jean-Baptiste Poquelin) bekannt waren. Das Comédie-ballet vereinte gesprochenes Drama mit Musik und Tanz, nachdem das Ballett am Hof König Ludwigs XIV. schon lange sehr beliebt war.

      Die Geschichte des törichten, größenwahnsinnigen Monsieur Jourdain in Der Bürger als Edelmann wird durch eine Mischung aus gesprochenen Dialogen von Molière und lebhaften Orchestereinlagen und Tänzen von Lully erzählt. Die Chorpassagen und Arien schrieben sie gemeinsam.

      »Ich glaube, dass es unter dem Himmel keine lieblichere Musik als die Lullys gibt.«

       Madame de Sévigné Französische Adelige (1626–1696)